Gestaltungsbeiräte in NRW: In die Region wirken
Nicht aus konkurrierenden Verfahren wie etwa dem seit mehr als hundert Jahren bewährten Architektenwettbewerb, sondern aus Planungen von Investoren entstehen heute die meisten Bauprojekte. Da solche Vorhaben oftmals aufgrund ihrer Größe oder Bedeutung das Stadtbild prägen, stehen Kommunen regelmäßig vor der Herausforderung, auch in Fragen der Alltagsarchitektur zu einer anspruchsvollen Architekturqualität zu kommen. In solchen Fällen kann das Instrument des Planungsbeirats - vielfach auch Gestaltungs- oder Architektenbeirat genannt - helfen, Politik und Verwaltung in architektonischer und städtebaulicher Hinsicht kompetent zu beraten; und damit indirekt auch die beteiligten die Planer und Investoren. Auf diese Weise können Gestaltungsbeiräte zur Bewusstseinsbildung für anspruchsvolle Architektur, für städtebauliche Qualitäten und somit für eine werthaltige Umwelt beitragen.
Bereits zu sechsten Mal konnte der Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Michael Arns, am 29. Oktober 2014 die Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen Gestaltungsbeiräte sowie Vertreter der Städte zu einem Erfahrungsaustausch im Haus der Architekten begrüßen. Die Kammer organisiert diesen regelmäßigen Austausch auch als Werbung für das inzwischen etablierte Instrument des Planungs- und Gestaltungsbeirats. Seit dem ersten Treffen vor elf Jahren hat die Zahl der Kommunen mit solchen Gremien ständig zugenommen. „Von anfangs 17 Gestaltungsbeiräten in Nordrhein-Westfalen sind wir nun bei 43 Planungs- und Projektbeiräten angelangt“, konnte Vizepräsident Michael Arns erfreut feststellen. „Damit liegt NRW im bundesweiten Vergleich unangefochten an der Spitze!“
Lokal differierende Strukturen
Die Vorsitzenden und die Geschäftsstellen der Beiräte nutzten den Termin in Düsseldorf, um sich über die Konsequenzen der diesjährigen Kommunalwahlen auszutauschen. Zumeist sind die Beiräte an die Wahlperioden der Stadträte gebunden, so dass es im Jahr 2014 zu neuen Berufungen gekommen ist. Strukturell ist die Besetzung der Planungsbeiräte von Kommune zu Kommune unterschiedlich geregelt. Traditionell werden ortsansässige Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner berufen, die oftmals von örtlichen Architektenverbänden vorgeschlagen und vom Rat der Stadt benannt werden. Andere Kommunen sehen einen Vorteil darin, den Beirat oder zumindest den Vorsitz mit externen Architekten zu besetzen. Diese müssen dann allerdings bezahlt werden. Zwischenzeitlich setzt sich diese Struktur aufgrund ihrer größeren Unabhängigkeit zunehmend durch.
Auch in ihrer Arbeitsweise unterscheiden sich die Beiräte: So finden in einigen Fällen die Beiratssitzungen öffentlich statt, um bei den Bürgern eine Akzeptanz des zu diskutierenden Projektes zu erreichen. Rat und Verwaltung erhalten aus dem öffentlichen Diskurs eine fachliche fundierte und transparente Entscheidungsgrundlage. Beiräte arbeiten aber in aller Regel in nichtöffentlichen Sitzungen, um sich so ungestört, frei und unabhängig mit den Plänen des Investors beziehungsweise des beauftragten Architekten auseinandersetzen zu können. Im Anschluss daran werden die Ratschläge dem Planer und seinem Bauherrn vermittelt. Mancher Planer soll bereits dankbar gewesen sein, dass er mit der Rückendeckung eines Beirats unzureichende Vorstellungen seines Investors überarbeiten konnte. Vereinzelt werden die Sitzungen des Beirats mit denen der Bau- und Planungsausschüsse verbunden. Damit kann die Einschätzung des Gestaltungsbeirats unmittelbar dem zuständigen Gemeindeausschuss vermittelt werden. Der Dialog mit der Politik kann zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen. Zudem besteht Gelegenheit, Standpunkte und Einschätzungen noch einmal kritisch zu überprüfen.
Ratschlag der Beiräte wird gewünscht und gehört
Der Erfahrungsaustausch zeigte die überwiegende Tendenz, dass sich die eingerichteten Planungsbeiräte mittlerweile durchgängig erfolgreich für eine Verbesserung der Alltagsarchitektur einsetzen können. Offensichtlich wird ihr Ratschlag von Politik und Verwaltung wirklich gewünscht, ja sogar benötigt, um gemeinsame städtebauliche Ziele durchzusetzen.
Gleichwohl lohnt der Blick über den Tellerrand, um neue Impulse aus anderen Bundesländern zu diskutieren. So berichtete in diesem Jahr der Vizepräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW), Prof. Sebastian Zoeppritz, von seinen Erfahrungen als Mitglied eines „mobilen Gestaltungsbeirats“. Um solche Kommunen „auf den Geschmack zu bringen“, die sich bislang noch nicht zur Etablierung eines Gestaltungsbeirates entscheiden konnten, hatte sich die baden-württembergische Kammer 2011 entschieden, als zusätzliche Kammerdienstleistung den Kommunen ein solches Beratungsgremium anzubieten. Hierzu hat die AKBW einen Pool von qualifizierten Architekten gebildet, aus dem - je nach Planungsaufgabe und Lage der Gemeinde - ein örtlich und zeitlich begrenzt aktiver Beirat gebildet werden kann. Die Kammer „verleiht“ also bei Bedarf einen Gestaltungsbeirat, wobei die Qualifikation und auch die Vergütung der Beiratsmitglieder derjenigen von Wettbewerbsjuroren vergleichbar ist. Aus den gelisteten Architektinnen und Architekten können Kommunen entsprechend ihren Vorstellungen auswählen. Der so zusammengestellte Beirat befasst sich auf Antrag einer Kommune oder Institution mit der Beurteilung ausgewählter aktueller Bauvorhaben. Er begutachtet Vorhaben von städtebaulicher Bedeutung in ihrer Auswirkung auf Stadtgestalt und Stadtstruktur, um durch fachlich kompetente Empfehlungen eine qualifiziertere Entscheidungsgrundlage für politische Institutionen und Verwaltungen sowie für Bauherren zu geben.
Gestaltungsbeiräte auf Kreisebene?
Der Impulsvortrag von Prof. Zoeppritz führte zu einer intensiven Diskussion. Überlegt wurde, ob es in dem badenwürttembergischen Modell Ideen gibt, die sich für Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln lassen. Weniger der temporäre Aspekt des mobilen Gestaltungsbeirates als vielmehr dessen Wirkungsmöglichkeit in ländlichen Regionen und auf Kreisebene stießen auf große Sympathie. Gerade die kleinen ländlichen Kommunen haben oftmals den größten Beratungsbedarf. So wollen aktuell verschiedene Vertreter kreisangehöriger Städte diese Idee prüfen. Zugleich wurde empfohlen, auf die Landkreise in NRW mit der Anregung zuzugehen, für ihr Kreisgebiet oder einen regionalen Verbund Planungsbeiräte einzurichten.
Städte und Gemeinden in NRW mit Planungs- und Projektbeiräten
- Architektenbeirat Aachen
- Gestaltungsbeirat Ahlen
- Gestaltungsbeirat Arnsberg
- Gestaltungsbeirat Bergisch Gladbach
- Beirat für Stadtgestaltung Bielefeld
- Gestaltungsbeirat Bochum
- Städtebau- und Gestaltungsbeirat Bonn
- Beirat für Stadtgestaltung Bünde
- Beirat für Kunst- und Stadtgestaltung Castrop-Rauxel
- Gestaltungsbeirat Coesfeld
- Gestaltungsbeirat Dortmund
- Gestaltungsbeirat Duisburg
- Gestaltungsbeirat Dülmen
- Gestaltungsbeirat Essen
- Beirat für Stadtgestaltung Geldern
- Gestaltungsbeirat Gelsenkirchen
- Gestaltungsbeirat Greven
- Gestaltungsbeirat Gütersloh
- Projektbeirat Gummersbach (Steinmüller Gelände)
- Gestaltungsbeirat Haltern am See
- Gestaltungsbeirat Havixbeck
- Beirat für Stadtbildpflege Herford
- Gestaltungsbeirat Kalkar
- Gestaltungsbeirat Kamp-Lintfort
- Gestaltungsbeirat Köln
- Gestaltungsbeirat Krefeld
- Projektbeirat Leverkusen (neue Bahn:Stadt Opladen)
- Gestaltungsbeirat Lippstadt
- Gestaltungsbeirat Moers
- Projektbeirat Monheim (Revitalisierungsprogramm
- Historische Altstadt)
- Gestaltungsbeirat Mülheim a. d. Ruhr
- Beirat für Stadtgestaltung Münster
- Gestaltungsbeirat Neuss
- Gestaltungsbeirat Rees
- Gestaltungsbeirat Rheda-Wiedenbrück
- Beirat für Stadtgestaltung Siegen
- Gestaltungsbeirat Soest
- Gestaltungsbeirat Telgte
- Bauforum Unna
- Gestaltungsbeirat Waldbröl
- Gestaltungsbeirat Warendorf
- Gestaltungsbeirat Wesel
- Gestaltungsbeirat Wuppertal
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