Impulsgeber*innen des „Innenarchitekt*innentages 2023“ (v. r.): Jana Bauer und Max Brockerhoff (MIMO, PBSA), Prof. Martin Klein-Wiele (PBSA), Prof.in Judith Reitz (Dekanin PBSA), Ernst Uhing (Präsident AKNW), Thomas Schaplik (PBSA), Essi Johanna Glomb (futureTex), Barbara Eitner (stellv. Vorsitzende AKNW-Ausschuss Innenarchitektur) und Moderator Christof Rose. – Foto: Ingo Lammert/Architektenkammer NRW

Grüne und smarte Materialien

Unter dem Motto “Wurzel und Flügel - komm wir studieren noch einmal zusammen“ trafen sich am 13. Mai rund 130 Innenarchitektinnen und Innenarchitekten sowie Studierende an der PBSA Hochschule Düsseldorf. „Nachhaltigkeit beginnt am Bau mit der Wahl kreislaufgebundener und umweltverträglicher Materialien“, sagte Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer NRW, im Eröffnungstalk. „Green smart Materials“ standen entsprechend im Fokus der Vorträge und Gespräche des „Innenarchitekt*innentages“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

24. Mai 2023von Vera Anton-Lappeneit/Christof Rose

Im Gespräch mit Prof. Judith Reitz, Dekanin der PBSA, betonte Ernst Uhing, die Zukunft der Baukultur liege in den Händen des Berufsnachwuchses. „Es ist deshalb wichtig, hier an der Hochschule mit jungen Planerinnen und Planern über Innovationen in der Materialentwicklung zu diskutieren“, so Uhing. Auch Prof.in Reitz hob hervor, dass die junge Generation in besonderer Weise von der aktuellen Bauwende hin zur Nachhaltigkeit betroffen sei. „Hier studieren viele angehende Kolleginnen und Kollegen, die ungemein kreativ sind. Unser Ansatz lautet: Vertrauen in die Jugend – und auch einfach mal machen lassen!“

Dies wurde durch Barbara Eitner, stellvertretende Ausschussvorsitzende des Ausschusses „Innenarchitektur“ der AKNW, unterstrichen: „Gerade die junge Generation erlebt nun in der Ausbildung, wie sich die Schwerpunkte verschieben und sie flexibel schon jetzt mit neuen Anforderungen zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit umgehen müssen.“

Algen, Holz, Hanf & Co: von der Forschung zur Industrie

Welche Forschungen und Entwicklungsarbeiten aktuell zu innovativen Materialien erfolgen, erläuterte Essi Johanna Glomb. Als Mitglied im Forschungskonsortium „futureTex“ befasst sie sich mit experimenteller Materialforschung als Plattform für offene Innovationsprozesse zwischen Design, Forschung, Textilindustrie. „Unser Ziel ist es, den Wandel der traditionsreichen Textilbranche im Zeitalter der Digitalisierung zu einem zukunftsfähigen Industrieplayer zu unterstützen“, erklärte Glomb, die gemeinsam mit Rasa Weber in Berlin auch das Designstudio „Blond & Bieber“ betreibt. Ein vielversprechender Grundstoff seien dabei Algen: „In den Meeren massenhaft vorhanden, leicht zu züchten und vielfältig in der Anwendung.“

Pilz(t)räume

Zur industriellen Verwendung des natürlichen Materials „Pilz“ forscht Julia Krayer am Fraunhofer Institut. „Das Material ist natürlich und leicht. Interessante Anwendungsgebiete sind z.B. die Wärmedämmung, Verpackungen, aber auch Möbel und andere Interieur-Elemente“, erläuterte Julia Krayer. In dem Projekt „FungiFacturing“ forscht sie mit dem Institut Fraunhofer UMSICHT auch an Schallabsorbern aus dem 3D-Drucker, basierend auf dem Pilzmyzel, dem sich waagereicht schnell und weit verzweigenden Wurzelgeflecht der Pflanzen.

Kreislaufwirtschaft auch bei Produkten

Welche Produkte aus diesen und weiteren Forschungen bereits marktfähig sind, stellte Prof. Dr. Sascha Peters (HAWK) von der Agentur „Haute Innovation“ aus Berlin vor. Er führte aus, dass der europäische „Green Deal“ und die fortschreitende Digitalisierung einen Rahmen bilden, in dem neue Materialien unsere bisherige Produktkultur langfristig verändert würden. Beispielhaft zeigte er Produktinnovationen wie Strukturfarben für Holzoberflächen, Textilien aus Bananenfasern, Akustiklösungen aus Papierzellstoff oder Algenbilder, die Feinstaub und Gerüche aus der Luft entfernen. „Der Innovationsprozess findet derzeit im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und smarten Materiallösungen statt. In den nächsten Jahren werden wir einen Wandel unserer Produktkultur hin zu einer Kreislaufwirtschaft erleben“, prognostiziert Prof. Dr. Sascha Peters.

Bauen mit der Kraft der Natur

MIMO: Minimal Impact – Maximum Output. „Nur minimal eingreifen, aber maximalen Nutzen für die Gemeinschaft schaffen“, gaben Jana Bauer und Maximilian Brockerhoff vom MIMO-Team der PBSA Düsseldorf als Losung aus. Mit ihrem Projekt hatten beide mit einer größeren Studierendengruppe am „Solar Decathlon Europe 2021/22“ teilgenommen - und unter 18 Teams im Finale des Wettbewerbs den 4. Preis errungen. In einem kurzen Überblick informierten Bauer und Brockerhoff über die ökologischen Aspekte ihres „Demonstrators“, insbesondere über die verwendeten Materialien. Das 1:1-Modell steht weiterhin als Forschungsbau in Wuppertal.

Mehr Forschung notwendig!

In der Abschlussdiskussion betonte Martin Müller, Vorsitzender des Ausschuss Innenarchitektur und Vizepräsident der BAK, die große Bedeutung, welche der Planungsbranche für den Klimaschutz zukomme. „Jedes Jahr hat Deutschland sein Kontingent an Ressourcen eher verbraucht, als die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren kann (Earth Overshoot Day). Wir müssen in Kreislaufwirtschaftsstrukturen denken und planen“ Innovationen in der Materialforschung und -anwendung könnten dabei helfen.

Für die Peter Behrens School of Arts resümierte Prof. Martin Klein-Wiele, dass die praktische Forschung weitere vorangetrieben werden müsse. „Die heute präsentierten Forschungsergebnisse und Praxisbeispiele weisen den Weg. Wir alle müssen für die Umsetzung sorgen.“

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