Hans Hollein (1934 - 2014): Maschine / Reisterrasse

Das Museum Abteiberg Mönchengladbach war das erste große Bauwerk des Wiener Architekten Hans Hollein. Die zwei Varianten des Vorentwurfs mit den Titeln „Maschine“ und „Reisterrasse“ wurden im Laufe der zehnjährigen Planungs- und Bauzeit miteinander verwoben. 1982 fand die Einweihung als Museum für moderne Kunst statt. 2006 - 07 erfolgte - noch unter dem wachsamen Auge des Architekten - eine Generalsanierung des Bauwerks vor allem hinsichtlich Brandschutz und Klimatechnik; aber auch die Sandsteinplatten an Fassaden und auf den Außenterrassen hatten sich nicht bewährt. Wo irgend möglich blieben die Materialien jedoch erhalten, so auch im farbig gestalteten Verwaltungsflur, dessen Schadstellen ein Gemälderestaurator instand setzte; preiswerter im Übrigen, als ein Neuanstrich gewesen wäre. Ein zweiter Bauabschnitt, 1996 - 98 von Hollein geplant, kam nicht zur Ausführung. - Hans Hollein ist am 24. April 2014 in Wien gestorben.

10. Juli 2014von Dr. Gudrun Escher

Die steile Hanglage am Abteiberg kommt der Affinität Holleins zu landschaftlichen Formationen entgegen. So wächst das vielgliedrige Bauwerk aus den Terrassen des Probsteigartens, um in dem winkelförmigen Verwaltungsturm zu kulminieren. Ohne den damaligen Museumsleiter Johannes Cladders, der aus einer provinziellen Sammlung ohne eigenes Haus ein Zentrum des internationalen zeitgenössischen Kunstgeschehens machte, wäre das Bauwerk so nicht entstanden.

Cladders begann 1967 im provisorischen Domizil einer Villa mit einer Josef Beuys - Ausstellung, gefolgt 1970 von der  Ausstellung mit Happening „Tod“ von Hollein mit Beuys. 1984 dann im neuen Haus versammelte Cladders Graphiken von Hollein, die dieser um die Installation „Turnstunde“ ergänzte. Cladders betont später in der Begleitpublikation zum Museumsbau: „Dieses Museumsgebäude geht nicht zuletzt zurück auf die erste Ausstellung, die dem Aspekt des Vergänglichen gewidmet war.“ Die „Turnstunde“ sei zu verstehen als eine „geistige Gymnastik“ mit einer Vielzahl von Bezügen zu Archetypen ebenso wie zu Gegenwart und Zukünftigem.

Ähnlich vielschichtig muss auch die Architektur gelesen werden. 2014 schließlich geriet die Retrospektive auf das graphische Werk des Künstlers zur Gedächtnisausstellung, darunter die berühmt gewordene Skizze einer Ein-Mann-Arbeitszelle im Polybeutel und der ins Monumentale überhöhte „Erzeisenbahnwaggon“ von 1963.

Ausgangspunkt in Mönchengladbach war die Idee eines Kulturforums. Das Museum sollte der erste Baustein sein und nicht nur Ausstellungsräume bieten, sondern eine „Plattform“ als öffentlicher und vielfältig nutzbarer Bereich. So sind auf mehreren Ebenen für die Vision einer ideell und räumlich offenen Struktur Übergänge vorgesehen – die aber de facto geschlossen sind. Das führt heute zu verwirrender Unübersichtlichkeit.

Zudem ist die Anbindung an die Haupteinkaufsstraße bisher nicht gelungen, was sich aber durch einen jetzt geplanten Neubau ändern soll. Die 3.100 m2 Ausstellungsfläche für die Bestandspräsentation verteilen sich auf 27 oft kleine Räume, dazu kommen nur 400 m2 in drei Räumen für Sonderausstellungen. Da liegt es nahe, die Eingangsebene mit einzubeziehen. Nach anfänglicher Skepsis hat sich die heutige Museumsleiterin Susanne Titz mit dem Haus angefreundet; inzwischen schätzt sie den Aufbruchsgeist der 1960er Jahre, der hier spürbar wird, und sie schätzt die Intimität und den Abwechslungsreichtum der meist mit Tageslicht ausgestatteten Räume, die die Kunst zum Leuchten brächten.

Hans Hollein begann seine Studien an der Akademie der Künste in Wien und wechselte dann nach USA, u.a. an das IIT in Chicago. Seine Position blieb immer eine ambivalente zwischen Kunst und Architektur, auch nachdem er 1982 den Pritzker Prize für Architektur verliehen bekam und zu Weltruhm gelangte.

Maschine und Reisterrasse – hart und weich - tot und Leben spendend - Intellekt und Sinnlichkeit: Das Werk des Künstler-Architekten oszilliert immer zwischen Extremen. Und es polarisiert bis heute.  1962 formulierte Hollein mit Walter Pichler das „Manifest der absoluten Architektur“ für eine „zweckfreie Architektur“, als „Ausdruck des Menschen selbst –Fleisch und Geist zugleich“. Und: „Architektur wird gemacht von denen, die auf der höchsten Stufe der Kultur und Zivilisation (…) stehen.“ Dieselbe Haltung nahm Hollein (wie auch Ungers, J.P. Kleihues u.a.) 1978 ein, als es um Entwürfe für das Weiterbauen bestehender Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet ging . Die Analyse des Bestandes beschränkte sich auf Formalien, und es überwog die Aussage des autonomen Künstler-Architekten, unvereinbar mit der Lebenswirklichkeit der Siedlung. Vielleicht ein bequemer Ausweg, wie Manfred Sack kritisch anmerkte? Was bleibt, ist Holleins künstlerische Manifestation als Impulsgeber in der Stadt. Ohne Mönchengladbach wäre, so Frank O. Gehry, Bilbao nicht denkbar gewesen.

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