Hilfe für Flüchtlinge - Vorstand befasste sich mit den Ausnahmebestimmungen im Baugesetzbuch

„Die zu uns gelangenden Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, hat angesichts der bevorstehenden Winters absolute Priorität.“ Diese Einschätzung bekräftigte der Vorstand der Architektenkammer NRW in seiner November-Sitzung im Haus der Architekten. Dennoch gelte es zu beachten, dass dies lediglich für die Erstaufnahmeunterkünfte gelten dürfe. „Wir benötigen aber dauerhaften Wohnraum für die Migrantinnen und Migranten, die bei uns bleiben“, hob Kammerpräsident Ernst Uhing noch einmal hervor. Dabei müssten weiterhin die allgemeinen Grundsätze des Städtebaus und der Quartiersentwicklung beachtet werden.

05. November 2015von Christof Rose


Gesetzliche Bestimmungen für Erstaufnahmeunterkünfte

Nach den Ausnahmen, die der Gesetzgeber für das Baugesetzbuch bis zum 31.12.2019 erlassen hat, können Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende unter bestimmten Voraussetzungen auch dann im unbeplanten Innenbereich zugelassen werden, wenn sie sich nicht in die nähere Umgebung einfügen (§ 246 Absatz 8 BauGB). Auch können bauliche Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen im Außenbereich als begünstigte Vorhaben zugelassen werden (§ 246 Absatz 9 BauGB). Die Einrichtung von Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für die Unterbringung von Flüchtlingen in Gewerbegebieten kann unter Umstän-den von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden (§ 246 Absatz 10 BauGB).

Dauerhafter Wohnraum für Flüchtlinge notwendig
„Es ist richtig, dass solche Möglichkeiten geschaffen wurden und von den zuständigen Kolleginnen und Kollegen vor Ort aktiv genutzt werden“, betonte Vorstandsmitglied Prof. Rolf Westerheide. Es gelte, die zwingenden Notwendigkeiten zu akzeptieren und angemessen zu reagieren. Aus Sicht der Stadtplanung müsse zugleich überlegt werden, wie dauerhafter Wohnraum in großer Zahl geschaffen werden könne, ohne baukulturelle Errungenschaften über Bord zu werfen – und wie man mit den heutigen Provisorien mittelfristig umgehen wolle. „Die starke Zuwanderung hat neue Prioritäten geschaffen“, resümierte der Präsident der Architektenkammer, Ernst Uhing.

Kulturförderplan noch unbefriedigend
Als zu schwach ausgearbeitet bewertete der Vorstand den Bereich „Kunst und Bau“ im aktuellen Entwurf für den „Ersten Kulturförderplan“ des NRW-Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport. Der Kulturförderplan konkretisiert das Kulturfördergesetz des Landes für die kommenden fünf Jahre. Im „Handlungsfeld XI“ des Kulturförderplans werden Perspektiven für die landeseigenen Kultureinrichtungen beschrieben. Demnach soll die Verantwortung für „Kunst am Bau“-Projekte künftig bei der Kunstsammlung NRW liegen, wobei der Haushaltsposten um die Aufgabe der „Bauunterhaltungsarbeiten“ erweitert wird. „Man muss kein Hellseher sein, um zu erahnen, dass künftig ein Großteil der Mittel in den Erhalt und die Pflege bereits existenter Kunstobjekte fließen wird“, erläuterte AKNW-Hauptgeschäftsführer Markus Lehrmann den Entwurf. Faktisch werde der sowieso geringe Haushaltsansatz damit weiter reduziert. Der Vorstand kritisierte außerdem, dass die Anregung der AKNW, die Benennung des Handlungsfeldes in „Kunst und Bau“ zu ändern, nicht aufgegriffen wurde. Damit bleibe die überholte Konnotation erhalten, dass die Kunst dem Bau nachträglich hinzugefügt werden solle – statt frühzeitig einen kooperativen Ansatz zwischen Architekt und Künstler zu ermöglichen.

Landesdenkmalrat soll kommen

„Nach 35 Jahren sind wir in NRW endlich so weit, einen landesweiten Denkmalrat als unabhängiges Expertengremium einzuberufen.“ Mit dieser Einschätzung fasste Präsident Ernst Uhing ein Treffen hochrangiger Denkmalschützerinnen und Denkmalschützer aus NRW zusammen, zu dem die AKNW am 26. Oktober 2015 ins Haus der Architekten eingeladen hatte. Rund 30 Planer und Fachleute der Kommunen, Landschaftsverbände und anderer Institutionen berieten intensiv und kamen einhellig zu dem Ergebnis, dass dem Land die Einrichtung eines Denkmalrats empfohlen werden soll.
Das 1980 in Kraft getretene Denkmalschutzgesetz NRW sieht in § 23 vor, dass „zur Vertretung der Belange der Denkmalpflege (…) bei der Obersten Denkmalbehörde ein Landesdenkmalrat gebildet“ werden kann. Der zuständige Fachminister Michael Groschek hatte sich in Gesprächen mit der AKNW bereits offen gezeigt für ein solches Beratungsgremium, das in NRW bislang noch nie einberufen worden ist.

Inselkongress 2016 blickt auf „Megacity, Ghosttown und Suburbia“
Mit großer Zustimmung beschloss der Vorstand die Durchführung des nächsten Internationalen Architekturkongresses der AKNW auf Usedom. Vom 5. bis zum 7. Mai 2016 werden Fachleute unterschiedlicher Disziplinen unter dem Titel „Megacity, Ghosttown und Suburbia“ über das international zu beobachtende Phänomen des Wachstums von Großstädten und Metropolen bei gleichzeitiger Schrumpfung kleinerer Städte und des ländlichen Raums berichten.  

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