Warum der Inselkongress 2007 auf Lindau im Bodensee für viele Teilnehmer eine bleibende Erfahrung sein wird

Inselkongress 2007: Lehren aus Lindau

Zum „Inselkongress“ der AKNW kamen rund 300 Kolleginnen und Kollegen aus NRW, Baden-Württemberg und Bayern zusammen, um über das Thema „Gesellschaft im Wandel - Perspektiven und Chancen für Architekten“ zu diskutieren. Dass die Resonanz der Teilnehmer nach diesen intensiven, von vielerlei Eindrücken und Erkenntnissen geprägten fünf Tagen mehr als positiv war, bestätigt uns darin, solche Veranstaltungen durchzuführen.

18. Juni 2007von Hartmut Miksch

Liebe Kollegin,
lieber Kollege, 

wer bekannte Dinge neu sehen will, der muss eine neue Perspektive suchen. Das gelingt erfahrungsgemäß besonders gut in einer anderen Umgebung. Wer das, was er neu sieht, verstehen will, muss darüber nachdenken können. Dazu braucht man Ruhe und Zeit. Und wer das, was er neu erfährt, in das Bekannte einordnen will, der muss mit anderen darüber reden. Dazu braucht man Ruhe, Zeit und Gesprächspartner.

Diese drei notwendigen Parameter sind in unserem Berufsalltag zwischen Terminhektik und Besprechungen, Sacharbeit und Fahrzeiten nur selten zu finden. Deshalb ist es gut, sich hin und wieder für einige Tage bewusst der Alltagsroutine zu entziehen.

Diesem Ziel dient der sogenannte „Inselkongress“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, den wir vom 6. bis 10. Juni auf der Insel Lindau im Bodensee durchgeführt haben. Rund 300 Kolleginnen und Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, aber auch aus Baden-Württemberg und Bayern kamen in der Inselhalle zusammen, um über das Thema „Gesellschaft im Wandel - Perspektiven und Chancen für Architekten“ zu diskutieren. Es freut mich außerordentlich, dass die Resonanz der Teilnehmer nach diesen intensiven, von vielerlei Eindrücken und Erkenntnissen geprägten fünf Tagen auf Lindau mehr als positiv war und uns darin bestätigt, solche Veranstaltungen in zweijährigem Rhythmus durchzuführen.

Was sind die Erkenntnisse, die ich aus Lindau mitgenommen habe? Wir haben an den Vortragstagen des Kongresses ein wahres Feuerwerk an hochkarätigen, inhaltsschweren und geistreichen Referaten von Referenten aus den verschiedensten verwandten Disziplinen lauschen dürfen. Ökonomie, Ökologie, Politik, Medien, Zukunftsforschung - diese Themenkomplexe wurden jeweils unter der Leitfrage „Wie ändert sich unsere Welt im Zuge der Globalisierung, wohin steuert unsere Gesellschaft?“ analysiert und durch einen Architekten bzw. eine Architektin gespiegelt. Ich möchte an dieser Stelle davon absehen, die einzelnen Thesen und Prognosen zu referieren, Sie finden einen ausführlichen Bericht auf den ersten Seiten dieses Deutschen Architektenblattes. Deutlich ist mir aber während der Vorträge geworden, wie wichtig es für uns Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner ist, den Austausch mit anderen Disziplinen zu suchen.

Natürlich gibt es auch im Alltag immer wieder Momente des Innehaltens und der kritischen Betrachtung. Ein bleibender Eindruck des Lindau-Kongresses ist jedoch, dass die enge Folge von Vorträgen, die aus unterschiedlichen Perspektiven ein und dieselbe Frage beleuchten, in der Verknüpfung eine Vielzahl neuer Gedanken und Erkenntnisse hervorbringen kann. „Gesellschaft im Wandel“, so lautete unser Thema. Dass wir damit am Puls der Zeit lagen, zeigt nicht nur die große Teilnehmerzahl, sondern auch der kuriose Zufall, dass zeitgleich in Heiligendamm die G8 und in Köln der evangelische Kirchentag über dieselbe Fragestellung diskutierten.

Ich will gerne noch einen weiteren Eindruck schildern, der mich auch nach dem Kongress noch stark beschäftigt: Ich meine die intensiven Gespräche, die am Rande der Veranstaltungen geführt wurden. Der Inselkongress der AKNW ist immer auch ein Ort, an dem Bekanntschaften gemacht und Freundschaften geschlossen werden, an dem Networking betrieben und Pläne geschmiedet werden. Ich bin sehr froh darüber, dass uns mehrere Abgeordnete der CDU- und der SPD-Landtagsfraktionen nach Lindau begleitet haben; auch das NRW-Bauministerium war in Person von Staatssekretär Günter Kozlowski prominent in Lindau vertreten, sowie viele Verbände und befreundete Institutionen. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass sie alle den Kongress als inhaltliche Bereicherung empfunden haben, und ich bin sicher, dass dieser lebendige Austausch über die Grenzen der Fachwelt hinaus wichtig für die Entwicklung unseres Berufsstandes ist. Denn auch das ist eine Lehre aus Lindau: Unsere Welt ist zunehmend eine parzellierte, spezialisierte und beschleunigte Welt, auf der das Leben in dynamischen Netzstrukturen jeden hierarchischen Aufbau hinter sich lässt. Auf den weiteren Ausbau dieser Vernetzung von uns allen untereinander freut sich, herzlich grüßend 

Ihr   

Hartmut Miksch
Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
miksch@aknw.de

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