Internationaler Architektur-Kongress „Neues Bauen mit Stahl“ auf der DEUBAU 2010

Internationaler Architektur-Kongress: Innovatives Bauen für die Zukunft

„Das Prinzip der Nachhaltigkeit kann man wohl als das Zukunftsprinzip schlechthin bezeichnen. Dies gilt für das Bauwesen in besonderem Maße!“ Mit diesem Statement begrüßte AKNW-Präsident Hartmut Miksch die Teilnehmer des fünften gemeinsam mit dem Stahl-Informations-Zentrum durchgeführten Fachkongresses auf der DEUBAU in Essen. Erstmals beteiligte sich auch der Industrieverband Feuerverzinken an der Veranstaltung, die mit über 1.000 Besuchern restlos ausgebucht war.

19. Januar 2010von Jan Schüsseler / Christof Rose

„Die zukunftsfähige Entwicklung unserer natürlichen und gebauten Umwelt ist eine Querschnittsaufgabe, die nur in der Vernetzung verschiedener Fachdisziplinen aus Forschung und Anwendung gelöst werden kann. Architekten können wichtige Beiträge dazu liefern“, betonte Miksch und fügte hinzu: „Nachhaltiges Planen und Bauen setzt eine generalistische Betrachtung der anstehenden Aufgaben voraus, die uns Architekten wie kaum einem anderen Berufsstand zueigen ist.“

Christoph Ingenhoven stellte Beispiele moderner Bürogebäude im In- und Ausland vor, die insbesondere durch die Ausrichtung auf den städtebaulichen Kontext und auf klimatische Verhältnisse ihrer Standorte gekennzeichnet sind. Besonderen Wert legt der Düsseldorfer Architekt mit seinem Büro auf transparente Strukturen, ausgefeilte Konzepte der natürlichen Belüftung und die Einbeziehung von Grünräumen in die Gebäudearchitektur, um ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen . „Man kann umweltverträgliches Bauen in jedem Maßstab umsetzen, und man muss dabei zwingend auf lokale Möglichkeiten eingehen“, hob Ingenhoven hervor.Das Werk des Büros cepezed aus Delft ist seit den achtziger Jahren durch klare, aus konstruktiven Überlegungen entwickelte Entwurfsprinzipien geprägt und orientiert sich an zurückhaltenden Formen der Moderne. „Wir entwickeln unsere Projekte nach dem Prinzip ‚low cost – high efficiency’“, führte der Partner des Delfter Büros Ronald Schleurholts aus und präsentierte verschiedene Projekte aus den Niederlanden. Die Architekten von cepezed streben hocheffiziente und nachhaltige Lösungen an und entwickeln ihre Projekte als ganzheitlich angelegte Prozesse, in denen technologische Aspekte, ästhetische Qualität und hoher Gebrauchswert gleichwertig nebeneinander stehen. Vorfertigung und die Entwicklung standardisierter Komponenten im Dialog mit der Bauindustrie kennzeichnen die Entwurfsphilosophie des Büros ebenso wie die kontinuierliche Beteiligung von Fachplanern. Da sich cepezed der Entwicklung von Leichtbauweisen verschrieben hat, gehört Stahl zu den bevorzugten Materialien.

Banz+Riecks Architekten aus Bochum streben bei ihren Bauwerken nach größtmöglicher Energieeffizienz. Sämtliche Bauten des Büros sind Nullemissionshäuser: „Bei unseren Wohnungsbauten ist die Kaltmiete gleich der Warmmiete“, betonte Elke Banz. „Maßgeblich für die Verringerung des Primärenergiebedarfs sind vor allem die effektive Dämmung der Gebäudehülle und die Reduzierung der Verglasung auf das für die Belichtung tatsächlich erforderliche Maß“, erläuterte Dietmar Riecks. Die Architekten verdeutlichten diese Ansätze anhand von Beispielen aus dem Industrie- und Gewerbebau, bei denen regenerative  Energie nicht nur die zum Heizen und Kühlen, sondern auch für die Fertigungsprozesse verwendet wird. Der Einsatz von Stahl in Verbindung mit anderen Materialien führt nach Angaben von Banz+Riecks zu einer besonders die Ressourcen schonenden Bauweise.

Einen gänzlich andersartigen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit steuerte Juan Fernández Andrino bei, Leiter der madrilenischen Niederlassung von Dominique Perrault Architectes, Paris. Das Büro plante zahlreiche Projekte in Frankreich und anderen Ländern, die sich durch großmaßstäbliche Strukturen und minimierte, aber disziplinierte Detaillierung auszeichnen. Fernández Andrino stellte das Tenniszentrum „Magic Box“ in Madrid vor, das auch für verschiedene andere Veranstaltungen wie Ausstellungen und Konzerte genutzt werden kann. Das auf einem vernachlässigten stadtnahen Restgrundstück errechtete Gebäude zeichnet sich einerseits durch robuste Detaillierung und Materialbehandlung sowie den weitgehenden Verzicht auf haustechnische Einrichtungen aus, besticht andererseits aber durch seine sorgfältige Einbindung in die Umgebung und die ästhetisch wie funktional ausgefeilte verschiebbare Dachkonstruktion aus Stahl. „Es ist eben ein Sporthalle, ein Gebrauchsobjekt“, betonte Fernández Andrino. „Seine Gestaltung folgt der Logik seiner Funktionen. Das Bauwerk soll den Menschen einen angenehmen Rahmen für die Veranstaltungen bieten, die sie besuchen – und nicht übertriebenen Designambitionen folgen.“Werner Sobek gilt als einer der wichtigsten Ingenieure der Gegenwart und arbeitet mit namhaften Architekten weltweit an Großprojekten zusammen. Sobek tritt jedoch auch als Architekt mit eigenen Projekten in Erscheinung, die in der Regel experimentellen Charakter haben und in herausragender Weise dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet sind. So realisiert sein Büro in jedem Jahr ein Wohnhaus, das unter Verwendung von „Aktivhaus-Technologie“ nicht nur keine Energie verbraucht, sondern auch viele automatisierte Steuerungen enthält. „Es gibt ja die Meinung, dass die Menschen in ihren Häusern keine Steuerungselement wollten“, meinte Sobek. „Unsere Häuser enthalten einen kleinen Computer und 20 Sensoren - so what? Ihr Auto enthält heute weitaus mehr!“

Sowohl als beratender Ingenieur als auch als Architekt beschäftigt sich Sobek mit elementierten und modularen Bauweisen, bei denen das Material Stahl eine herausragende Rolle spielt. „Wir haben kein Energieproblem, wir haben ein CO2-Problem“, stellte Sobek dar. Ein Problem, dessen sich auch der britische Architekt Sir Norman Foster seit Jahrzehnten in seiner Arbeit annimmt. Stefan Behling, Senior Partner im Büro Foster + Partners und Leiter der deutschen Mitarbeiter des 1.000 Köpfe umfassenden Architekturunternehmens, erinnerte daran, dass Foster schon vor 40 Jahren über ökologisch ausgerichtete Architekturkonzepte gearbeitet habe, angeregt durch sein großes Vorbild Buckminster Fuller. Behling stellte die Bürophilosophie von Foster + Partners anhand verschiedener Bauwerke der letzten 15 Jahre dar, vom Masterplan für den Duisburger Innenhafen und die City bis zum Commerzbank-Hochhaus in Frankfurt, das an 88 % der Tage im Jahr natürlich belüftet werde.

Das Büro ist heute weltweit tätig und übernimmt neben Aufgaben des Hochbaus auch Aufträge im Bereich des Verkehrswesens, des Städtebaus und des Produktdesigns. Aspekte der Nachhaltigkeit finden seit vielen Jahren bei sämtlichen Projekten Berücksichtigung. Der Hearst Tower in New York wurde als erstes Bürohochhaus in Manhattan mit dem „LEED Gold“- Label für Nachhaltigkeit ausgezeichnet. In Deutschland realisierte das Büro u. a. den Umbau des Reichstagsgebäudes in Berlin, des Dresdner Hauptbahnhofs sowie Neubauten von Bürogebäuden in Köln und Düsseldorf. Unter den aktuellen Bauvorhaben sind der TAV-Bahnhof Florenz und der komplette Neubau eines Stadtquartiers für 90 000 Menschen in Abu Dhabi. Für dieses neue Universitätsviertel planen die Architekten eine verdichtete Stadtstruktur, die auf natürliche Verschattung durch eng stehende Gebäude setzt und in der 80 % der Bauwerke über Solarfassaden verfügen. „Nach unserer Überzeugung sind die entscheidenden Elemente zur Energieeinsparung die Gebäudeform und -ausrichtung“, betonte Stefan Behling. „Das kostet wenig, bringt aber unglaublich viel!“

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