Serie „Junge Architekten in NRW“: Richard Wichmann, Neuss

„Junge Architekten in NRW“: Ganz im Hier und Jetzt

Im Dachgeschoss eines – selbst restaurierten – Neusser Wohnhauses aus den 20er Jahren sitzt der Architekt Richard Wichmann mit drei Mitarbeitern. Die schöne Aussicht genießt er aber selten, schließlich ist er gerne und oft auf Baustellen unterwegs, vor Ort bei der Entstehung von Projekten, die ihm schon zweimal die „Auszeichnung vorbildlicher Bauten“ eingebracht haben, die das Land NRW in Kooperation mit der Architektenkammer NRW vergibt. - Ein Interview aus unserer Reihe „Junge Architekten in NRW“.

07. November 2006von Jens Franzen

Herr Wichmann, ist es nützlich, als junger Architekt nicht in der Großstadt, sondern im vergleichsweise kleinen Neuss anzufangen?
Wichmann: Ehrlich gesagt hatte ich mir damals darüber keine Gedanken gemacht. Aber natürlich stimmt es. Der gesamte Markt ist kleiner, übersichtlicher, und Sie kommen schneller in die Nähe von potenziellen Auftraggebern. Wir haben dann auch 1997 eine weiteres Büro in Düsseldorf eröffnet, um dort präsenter zu sein. Aber natürlich gilt hier wie überall auch: Sie brauchen einen Einstieg, ein gutes, realisiertes Projekt.   

Was ist denn Ihr persönlicher Einstieg in den doch sehr engen Markt im Großraum Düsseldorf gewesen?
Wichmann: Wir haben für einen Sportverein ein Umkleidegebäude gebaut, mit Umkleiden, Duschen und zwei Versammlungsräumen und kleiner Küche. Dafür haben wir das gesamte Paket angeboten: Entwurf, Planung, Bauleitung und Tragwerksplanung, Wärme- und Schallschutz, Gebäudetechnik. Das Ergebnis hat nicht nur uns gut gefallen, sondern auch der Jury beim Architekturpreis des Landes NRW. Wir haben im Jahr 2000 die „Auszeichnung vorbildlicher Bauten“ dafür bekommen. Das war natürlich eine großartige Referenz bei der Akquisition weiterer Aufträge.                                                      

Welche Rolle spielt dabei das Leistungsspektrum, das ein Büro dem Auftraggeber anbieten kann?
Wichmann: Auf jeden Fall profitiert der Auftraggeber davon, wenn wir das ganze Paket anbieten. Bei anderen Projekten sind mit denselben Aufgaben drei oder vier Parteien betraut, da ergeben sich zwangsläufig Reibungsverluste. Was die Bauleitung betrifft, bin ich gerne und oft auf den Baustellen, momentan täglich. Obwohl wir eine sehr umfangreiche Ausführungsplanung betreiben, sind manche Details nur auf der Baustelle abschließend zu entscheiden. So gesehen ist die Bauleitung für mich ein wesentliches Instrument zur Sicherung der Qualität in materieller wie in architektonischer Hinsicht. Das würde ich ungerne in andere Hände geben.   

Qualität durch Präsenz also. Und vorher? Welche Rolle spielen Vorbereitung und Recherche für Sie?
Wichmann: Die Auseinandersetzung mit dem Bauherrn oder dem Nutzer und seinen oft komplexen organisatorischen Abläufen ist ein wesentlicher Faktor bei der Entwicklung des Entwurfskonzeptes. So haben wir in Neuss zum Beispiel ein Gebäude für die Freiwillige Feuerwehr gebaut. Ein Ergebnis der Zusammenarbeit war die Unterbringung der unterschiedlichen Nutzungsbereiche in zwei Baukörpern, die auch in ihrer Materialität differenziert gestaltet wurden. Für die Fahrzeughalle haben wir eine Fassade aus Profilglas entwickelt. So verfügt der Löschzug auch an regnerischen Tagen über einen großen, natürlich belichteten Raum für Wartungs- und Übungszwecke. Und reduziert dazu noch die Betriebskosten.Wir bauen momentan für die Stadt Düsseldorf einen Ergänzungsneubau für die Feuerwache 8. Aber natürlich wollen wir uns damit nicht nur auf solche Gebäudetypen festlegen.                                      

Ihr Büro gibt es jetzt seit zehn Jahren, wo sehen Sie sich nach den nächsten zehn?                              
Wichmann: Ob wir uns vergrößern werden, Standorte verlagern oder neu gründen? Kann ich Ihnen wirklich nicht sagen. Das ist von vielen Faktoren abhängig, die man nur schwer beeinflussen kann. Ich sehe uns und unsere Arbeit vollständig im Hier und Jetzt. Die laufenden Projekte erfordern unseren vollen Einsatz, und das nächste Projekt wird unsere neue Herausforderung.                                                 

Zur Person:
Richard Wichmann, Jahrgang 1966, ist gebürtiger Neusser. Er studierte von 1985 bis 1992 Architektur an der RWTH Aachen und arbeitete danach zwei Jahre im Kölner Büro von Peter Kulka. Bereits 1994 machte er sich selbstständig und erweiterte 1996 die Firmenkompetenzen: Er holte seinen Vater, einen erfahrenen Statiker, ins Boot. Seitdem firmiert er unter Wichmann Architekten & Ingenieure GmbH. Ein prosperierendes Büro mit den Standorten Neuss und Düsseldorf und insgesamt fünf Mitarbeitern. 

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