51. Vertreterversammlung der AKNW diskutiert in Gelsenkirchen zentrale Themen der berufspolitischen Arbeit im kommenden Jahr

Kampf um Erhalt der HOAI geht weiter

Nach der konstituierenden Sitzung der Vertreterversammlung (VVS) im März trat das nordrhein-westfälische Architektenparlament am 23. September zum zweiten Mal in diesem Jahr zusammen. Auf der regulären Jahressitzung der VVS, die in einer sach- und arbeitsorientierten Atmosphäre stattfand, ging es im Kern um die Festlegung von Schwerpunkten der Kammerarbeit für das kommende Jahr: Kampf um die HOAI, Sicherung der Qualität der Ausbildung, die Förderung der Baukultur in NRW.

11. Oktober 2006von Jörg Wessels

Kammerpräsident Hartmut Miksch stellte aktuelle berufspolitische Themen in den Mittelpunkt seines Berichts an die Vollversammlung. In seiner kämpferischen Rede ging Miksch zunächst auf den „Dauerbrenner“ HOAI ein. Mit harschen Worten kritisierte er die Hinhaltetaktik der Bundesregierung. „Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Bundesregierung auf Zeit spielt und abwarte, bis die Honorarordnung europarechtlich zu Fall kommt“, spitzte Miksch die scheinbar endlosen politischen Gespräche zu. Erst kürzlich habe die EU-Kommission, die ihre Angriffe auf Preisrechtsverordnungen fortsetzt, gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium die Ansicht geäußert, dass es in fünf Jahren keine HOAI mehr geben werde.

Dem hielt Miksch entgegen, dass es bei Architektenleistungen keinen reinen Preiswettbewerb geben dürfe. Regulierende Eingriffe des Staates seien weiterhin erforderlich, um Qualitäts- und Sicherheitsstandards im Interesse der Bauherren, aber auch der Gesellschaft insgesamt zu gewährleisten. Die aktuelle Diskussion um Qualitätsmängel bei Lebensmitteln und „Lohndumping“ zeige, dass Markt- und Preismechanismen nicht alles regeln könnten. 

HOAI ist Verbraucherschutz!

Miksch plädierte dafür, die Diskussion um die Zukunft der HOAI in einen übergeordneten Zusammenhang zu stellen. Die Kammer müsse klar Stellung beziehen gegen die Ökonomisierung aller Lebensbereiche. In der berufspolitischen Debatte müsse verdeutlicht werden, dass der Architektenberuf kein Beruf wie jeder andere sei. „Die EU-Kommission muss endlich verstehen, dass eine geistig-schöpferische Leistung etwas anderes ist, als der Verkauf von Tomaten!“ Die HOAI sei ein wichtiges Instrument des Verbraucherschutzes und diene dem Erhalt einer hohen Baukultur in unserem Land. Miksch erneuerte den eindringlichen Appell an die Politik, jetzt endlich konkrete Verhandlungen aufzunehmen und den Prozess zur Novellierung der HOAI zügig abzuschließen. Der Textvorschlag, den die deutschen Architektenkammern auf ihrer Bundesversammlung Mitte September in Berlin verabschiedet hätten, sei eine gute Grundlage, auf der eine Einigung rasch gelingen könnte.Streitpunkt Bauvorlageberechtigung

Als zweites wichtiges Thema sprach der Präsident das Thema „Bauvorlageberechtigung für Handwerker“ an. Es gebe starke Kräfte, die in diesem Punkt eine Öffnung erreichen wollten. Das NRW-Bauministerium teile die Ansicht der Architektenkammer, dass es hierfür - angesichts bereits weitgehender Rechte der Handwerker - keinen weiteren Spielraum gebe. Die Handwerkerschaft versuche derzeit jedoch über den nordrhein-westfälischen Landtag politischen Druck auf die Landesregierung auszuüben. „Zugeständnisse bei der Bauvorlageberechtigung wird es mit uns nicht geben“, resümierte Miksch die feste Position der Architektenkammer NRW.

In einer Rückschau auf die zurückliegenden Monate bilanzierte der Präsident anschließend Erfolge der Kammerarbeit. Er sprach in diesem Zusammenhang die deutliche Positionierung der AKNW zur Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände an. Diese sei im Land positiv aufgenommen worden und habe auch überregional Beachtung gefunden. 

Erfolgreiche Arbeit in 2005/06

Die intensive berufspolitische Arbeit der Kammer trage aber auch außerhalb der Landesgrenzen Früchte, so Miksch. Die hartnäckige Lobbyarbeit der Architektenkammer NRW auf europapolitischer Ebene habe mit dazu beigetragen, dass das umstrittene Herkunftslandprinzip aus dem Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie gestrichen worden sei.

Miksch zeigte sich zufrieden damit, dass sich bei der Marktöffnung inzwischen eine Regelung abzeichne, die für die deutsche Architektenschaft akzeptabel sei. Ausländische Architekten müssten sich bei der Berufsausübung in Deutschland an die hiesigen Gesetze und Vorschriften halten. Ein unfairer Wettbewerb werde somit verhindert.

Als Erfolg sei auch zu werten, dass die AKNW in einer „Blitzaktion“ Anfang September verhindern konnte, dass ein Antrag im Europäischen Parlament eingebracht wurde, der auf die Abschaffung von Honorarordnungen abzielte. StadtBauKultur: Neue AKNW-Impulse

Eine Erfolgsgeschichte sei nach wie vor auch die Initiative StadtBauKultur NRW. Die Architektenkammer habe erneut mit publikumswirksamen Veranstaltungen zur Bereicherung der Gemeinschaftsinitiative beigetragen, etwa mit der Ausstellung „60 Jahre Architektur in NRW“. Miksch betonte den herausragenden Stellenwert, den die Förderung der Baukultur für die Kammer habe. Aus diesem Grund werde die Architektenkammer auch weiterhin eine Schrittmacherrolle bei der Landesinitiative übernehmen. Als aktuelles Beispiel führte er das Projekt „baukunst-nrw“ an, das als Wegweiser zu sehenswerten Objekten der Architektur und Ingenieurbaukunst in NRW konzipiert wird.

Zum Abschluss seiner Rede rief Präsident Miksch alle Delegierten zu einer „geschlossenen Mannschaftsleistung“ auf. Dies sei Voraussetzung, um weiterhin erfolgreich für die Architektinnen und Architekten in NRW agieren zu können. Die VVS-Mitglieder quittierten die Rede des Kammerpräsidenten mit anhaltendem Applaus. 

Kammeretat für 2007 verabschiedet

Zum Beginn der Haushaltsberatungen wurde der Jahresabschluss 2005 der AKNW erörtert. Die Delegierten entlasteten den Vorstand einstimmig. Der Etatentwurf der Kammer für das Haushaltsjahr 2007 wurde ebenfalls ohne Gegenstimmen gebilligt. Die VVS beschloss, die Kammerbeiträge moderat um rund 1,9 % zu erhöhen. Bemessungsgrundlage hierfür ist der Anstieg der Lebenshaltungskosten im vergangenen Jahr. Daraus ergeben sich für das Jahr 2007 Beitragssätze in Höhe von 251 € für Freiberufler, 170 € für Angestellte und Beamte sowie 100 € für Rentner und andere nicht Berufstätige. 

VVS beschließt Anpassung der Fort- und Weiterbildungsordnung

Beratungsgegenstand der Plenarversammlung waren darüber hinaus Anträge für die weitere Kammerarbeit. So votierten die Mitglieder der VVS u. a. für eine Anpassung der Fort- und Weiterbildungsordnung (FWO) der AKNW. Die vorgesehenen Anpassungen zielen darauf ab, den Themenkatalog der FWO besser zu strukturieren und inhaltlich zu ergänzen. Die Anpassungsvorschläge müssen jetzt noch von der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Landesministerium für Bauen und Verkehr, genehmigt werden. 

Versorgungswerk: Renditewachstum trotz schwierigen Umfelds

Eine positive Jahresbilanz konnte auch das Versorgungswerk der AKNW ziehen. Dank einer umsichtigen Anlagepolitik war erneut ein Renditeanstieg zu verzeichnen. Die Nettorendite stieg im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2005 auf 4,6 %. Trotz eines leichten Zinsanstiegs am Kapitalmarkt sind mittelfristig jedoch nur geringe Dynamisierungen bei der Altersversorgung zu erwarten. Das gute Jahresergebnis ermöglicht eine Anpassung der Renten und Rentenanwartschaften. Gemäß Beschluss der VVS werden diese zum 1. Januar 2007 um 1 % erhöht.

Zum Abschluss der Vertreterversammlung hörten die Delegierten einen analytischen Vortrag von Prof. Winfried Kluth vom Institut für Kammerrecht der Universität Halle zum Thema „Kammerwesen in Deutschland“. 

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