KI: Werkzeug oder Kreativimpuls?
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfordern innovative Lösungen: Während der Klimawandel ein Umdenken und eine Bauwende notwendig macht, revolutioniert Künstliche Intelligenz (KI) die Planung, Gestaltung und Umsetzung von Bauprojekten. Doch wie können diese beiden zentralen Themen miteinander verknüpft werden, um eine nachhaltigere Welt zu schaffen? Diese Fragestellung stand im Mittelpunkt der vierten Regionalkonferenz Digitalisierung, die von der AKNW gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer als Webinar veranstaltet und live aus der Architektenkammer NRW gestreamt wurde.
„KI ändert viele Arbeitsprozesse in unserer Branche. Wichtig ist, dass Architektinnen und Architekten in den kooperativen Arbeitsformen weiterhin die Systemführerschaft behalten.“ Der Präsident der Architektenkammer NRW, Ernst Uhing, positionierte die Architektenschaft klar in seiner thematischen Einführung klar ihrer Rolle innerhalb von Planungsprozessen in Zeiten von KI.
Systemführerschaft wahren!
Uhing verwies dabei auch auf ein kürzlich vom Vorstand der AKNW erarbeitetes Positionspapier zur KI.
Einen interdisziplinären Impuls hielt Lars Krauß, CEO und Mitgründer von „Greengineers“, einem Ingenieurbüro, das sich der nachhaltigen Planungspraxis verschrieben hat. Er zeigte auf, dass bei der Diskussion über nachhaltige Gebäude oftmals entweder ein High-Tech-Ansatz mit möglichst viel Technik oder ein Low-Tech-Ansatz mit möglichst wenig Technik im Fokus stehe. Für Lars Krauß sollte eher das Konzept „suitable tech“ im Mittelpunkt stehen - also ein angemessenes Maß an Technik. KI könne hier etwa zur Senkung der Baukosten beitragen, indem sie redundante Fachplanungen vermeidet und stattdessen auf gemeinsame, KI-gestützte Grundlagen zurückgreift.
Professor Jakob Beetz von der RWTH Aachen eröffnete den wissenschaftlichen Part der Regionalkonferenz. Zu Beginn seines Vortrags plädierte er dafür, KI so einzusetzen, dass sie monotone, repetitive Aufgaben übernimmt und den Menschen die kreativen und spannenden Tätigkeiten überlässt.
Monitoring von Bauwerken
Nach einer Einführung in die Kategorien „symbolische KI“ (Wissensrepräsentation) und „subsymbolische KI“ (Mustererkennung) verdeutlichte Beetz den praktischen Nutzen von KI anhand eines Beispiels zur Erkennung von Bauschäden. In der Lehre lässt er seine Studierenden CAD-Zeichnungen mit der Programmiersprache Python umsetzen und experimentiert dabei mit KI. Dabei sei es ihm wichtig, immer wieder aufzuzeigen, dass KI-Ergebnisse kritisch hinterfragt und bei Bedarf verbessert werden müssten.
Datenschatz gemeinsam heben!
Tenure-Track-Professor Dr. Thomas Wortmann von der Universität Stuttgart legte den Fokus auf die Analyse von Texten; ein Bereich, den er gegenwärtig als Hauptnutzen der KI einordnete. Obwohl KI als Technologie schon aus den 1960er Jahren stamme, habe das Internet einen exponentiellen Anstieg an verfügbaren Daten ermöglicht. Kritisch sah Wortmann den hohen Energieverbrauch, den die für KI erforderlichen Rechenzentren verursachen. Er betonte, dass die Ergebnisse von KI stark von den eingespeisten Trainingsdaten abhängen: „Künstliche Intelligenz hat keine Fantasie.“ So sei räumliches Sehen bei KI bisher nicht vorhanden. Als praktisches Beispiel nannte Wortmann die Vorhersage von Fabrikationszeiten. Zum Abschluss seines Vortrags appellierte er, nicht auf Fortschritte aus dem Silicon Valley zu warten, sondern selbst als Architektenschaft einen gemeinsamen Datenschatz zu entwickeln.
Datenanalyse für Bestandssanierung
Professor Sven Pfeiffer von der Hochschule Bochum stellte die Forschungsprojekte „THALESruhr“ sowie „EINZ – Experimentalbau für Innovationen und Zirkularität“ vor. Letzteres verbindet parametrisches Entwerfen, die Nutzung von Restmaterialien und digitale Fertigung. KI lasse sich auch sehr gut nutzen, um städtebauliche Analysen vorzunehmen und Planungsalternativen zu prüfen. Dies könne insbesondere bei der Bestandssanierung Zeit und Geld sparen sowie Bauwerke bewahren helfen.
Sven Pfeiffer warnte jedoch vor der noch vorhandenen mangelnden Transparenz von KI-Datenquellen und wünschte sich für die Zukunft KI-Systeme, die auch abstrakte Skizzen statt rein hyperrealistischer Bilder erstellen können. Bilder könnten für die Branche, so betonte er mehrfach, eine entscheidende Inspirationsquelle sein. Er sehe KI auch als „Erweiterung der Kreativität“.
Weniger Materialverbrauch
Den Abschluss der Impulse gestaltete Moritz Krogmann, Executive Director und Prokurist von christoph ingenhoven architects. Nach seiner Auffassung muss der Bausektor sich darum bemühen, „so viel Baumasse wie möglich wiederzuverwenden und der Natur etwas zurückzugeben“. Dabei sei Teamarbeit essenziell, wobei KI eher als Werkzeug denn als Teammitglied gesehen werden sollte. Moritz Krogmann illustrierte den praktischen Einsatz von KI mit verschiedenen Planungsprojekten, etwa bei der Planung des parametrischen Dachs des Lanserhofs auf Sylt. Hierbei wurden 2000 Sparren benötigt, wovon über 1400 Unikate waren. Ein KI-System konnte dem ausführenden Zimmerer dabei helfen, den Holzverbrauch angesichts steigender Holzpreise zu minimieren. Krogmann hob auch die Möglichkeit hervor, CO₂-Bilanzen schon während der Planung zu berechnen und Grundlagenanalysen effizient zu vergleichen. Sein Fazit lautete: „KI ist kein Hexenwerk – man muss sich nur damit befassen!“
KI: 10 Fragen – 10 Antworten
Dass die Bundesarchitektenkammer (BAK) in dieser Frage vielfältig aktiv ist, machte BAK-Vizepräsident Martin Müller in einem Gespräch mit Moderator Christof Rose (Abteilungsleiter „Kommunikation“ der AKNW) deutlich. „Unser Ziel ist es, den kleinen und mittelgroßen Büros eine konkrete Unterstützung zu geben“, erläuterte Müller, der auch Vorstandsmitglied der AKNW ist. Geprüft werde gegenwärtig ein genossenschaftliches Modell, um qualifizierte Planungsdaten kuratiert zu sammeln und für Berechtigte nutzbar zu machen.
Save the dates: „digitalMondays 2025”
Christof Rose, Moderator der Veranstaltung und Abteilungsleiter „Medien + Kommunikation“ der AKNW, griff diesen Aufruf auf und motivierte die fast 900 Teilnehmenden der Regionalkonferenz zum Experimentieren mit KI. Abschließend verwies er auf die nächste Staffel der „digitalMONDAYS“, die im März 2025 laufen wird.
Einige der Kernaussagen zum Themenfeld „KI“ finden sich auch auf der Website der Bundesarchitektenkammer
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