Ort der Ausstellung: Entwidmete Heilig-Geist-Kirche in Essen-Katernberg von Dominikus und Gottfried Böhm. Weitere Infos zu dem Bauwerk auch auf www.baukunst-nrw.de

Kirchen als „vierte Orte“

Wie lassen sich leerstehende Kirchengebäude nutzen? Welche Menschen sind wie in die Umnutzungen eingebunden? - Mit der Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte“ sucht die Landesinitiative Baukultur NRW bis zum 6. Oktober in der ehemaligen Heilig-Geist-Kirche in Essen-Katernberg Antworten und konkrete Umnutzungskonzepte.

03. September 2024von Baukultur NRW/Christof Rose

In der aktuell leerstehenden Kirche thematisiert das Museum der Baukultur NRW die Umnutzung von Kirchengebäuden und rückt dabei Menschen in den Mittelpunkt, die sich aus unterschiedlichen Gründen mit dem Thema Kirchentransformation beschäftigen.

Rund 230 Gäste besuchten am 1. September die Ausstellungseröffnung, die unter dem Motto „Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels“ stand. Mit einem Transformationsgottesdienst nahm die ehemalige Gemeinde während der Vernissage Abschied von ihrer Kirche und eröffnete neue Blickwinkel auf die Kirche, die zu einem Kunstort werden soll. Das „Brachland Ensemble“ leitete mit einer Inszenierung von der kirchlichen Nutzung des Gebäudes zur Ausstellung über, brachte Kirchenbesucher*innen und baukulturell Interessierte ins Gespräch und nahm so das Thema der Kirchenumnutzung passend auf.

Menschen im Mittelpunkt

Die Ausstellung präsentiert auf Informationstafeln und in Video-Interviews die Vielfältigkeit und Komplexität des Themas „Umnutzung“, wobei insbesondere Meinungen, Wünsche und praktische Erfahrungen beteiligter Akteurinnen und Akteure vorgestellt werden. Dabei geht es auch um den Dialog und um die Zusammenarbeit, die zur Verständigung für eine erfolgreiche Kirchenumnutzung nötig ist. Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bilden 27 Beispiele von bereits umgenutzten Kirchen aus Nordrhein-Westfalen.
„Dem Leerstand und Abriss von Kirchen steht ein gesellschaftlicher Bedarf nach Orten für sozialen Austausch, Gemeinschaft und gesellschaftliche Identifikation gegenüber. Kirchengebäude bieten sich dafür besonders an“, erklärte Peter Köddermann, Programmgeschäftsführer Baukultur NRW, anlässlich der Ausstellungseröffnung in Essen. Kirchengebäude stifteten durch ihre Architektur Identität im Stadtraum, ermöglichten Menschen Raum für Austausch, Spiritualität sowie Einkehr und besäßen einzigartige Atmosphären sowie emotionale Qualität. „Damit erzeugen Kirchen etwas Neues, einen ‚Vierten Ort‘, der über die Funktion als Treffpunkt für die Gemeinschaft (die sogenannten Dritten Orte) hinausgeht“, erläuterte Kurator Felix Hemmers (www.kirchbau-visionen.de).

Verantwortung für dauerhafte Nutzung

In den Gesprächen auf der Vernissage wurde immer wieder die besondere Bedeutung von - auch entwidmeten - Sakralbauten für die Dörfer, Stadtteile und Quartiere betont. Die christlichen Kirchen stünden in der Verantwortung, sich auch nach der „Profanation“, d. h. der Entwidmung eines Sakralgebäudes, um dessen Beitrag für die örtliche Gemeinschaft bewusst zu sein und entsprechend zu handeln. „Die Aufgabe von Kirchengebäuden ist nicht nur für die christlichen Religionsgemeinschaften ein großes Problem, sondern für die Gesellschaft insgesamt“, sagte Prof. Dr. Barbara Welzel. Die Kunsthistorikerin (TU Dortmund) ist Mitautorin des „Kirchenmanifestes“, das mittlerweile von mehr als 15 000 Menschen unterzeichnet wurde. Unter dem Titel „Kirchen sind Gemeingüter“ fordert das Manifest, entwidmete Sakralbauten nicht als profane Immobilien zu betrachten, sondern sie in Stiftungen oder eine spezifische „Stiftungslandschaft für Kirchenbauten“ zu überführen (www.moderne-regional.de/kirchenmanifest/).

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