Kommentar: Gewerbesteuer für Architekten? – Nein!

Ende Oktober entscheidet der Deutsche Bundestag über das "Gesetz zur Reform der Gewerbesteuer". Im Kern beinhaltet das Reformkonzept, Freiberufler in die Gewerbesteuer einzubeziehen. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen erteilt diesem Vorhaben eine klare Absage, weil Freiberufler laut Definition im Berufsgesetz kein Gewerbe ausüben. Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Michael Arns.

17. Oktober 2003

Liebe Kollegin,
lieber Kollege,

es passt! Es passt sowohl zur konjunkturellen Situation als auch zur Orientierungslosigkeit der Politik und ihrem offensichtlichen Unvermögen zu klaren Konzepten: Ende Oktober hat der Deutsche Bundestag über das "Gesetz zur Reform der Gewerbesteuer" entschieden. Das Reformvorhaben zielt darauf, die Kommunaleinnahmen zu verbessern und zu verstetigen. Im Kern beinhaltet das Reformkonzept der Bundesregierung, Freiberufler in die Gewerbesteuer einzubeziehen.

Diese absurde Gesetzesinitiative ist ein skandalöser Anschlag auf den Status der freien Berufe! Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen erteilt einer Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer aus grundsätzlichen Erwägungen eine klare Absage, weil Freiberufler laut Definition im Berufsgesetz kein Gewerbe ausüben. Die Bundesregierung weiß, dass eine Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler – auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten – problematisch ist. Darum soll die Steuer nun in Gemeindewirtschaftssteuer umbenannt werden.

Die Verteidigung der Freiberuflichkeit ist für die AKNW fraglos ein zentrales Anliegen. Wir lehnen die Gewerbesteuer aber auch ab, weil sie für viele Architekten zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen würde. Zwar kann die neue Gewerbesteuer in Kommunen mit einem Hebesatz bis zu 380 % mit der Einkommensteuer verrechnet werden. Weil der Hebesatz in den meisten nordrhein-westfälischen Großstädten jedoch über diesem Grenzwert liegt, werden viele Architekten Gewerbesteuer zahlen müssen.

Aufgrund der miserablen Baukonjunktur balancieren viele Architekturbüros am Rande ihrer Existenzfähigkeit. Die Gewerbesteuerpflicht wird die wirtschaftlich schwierige Situation unseres Berufsstandes nochmals verschärfen. Die Folgen sind absehbar: Es wird zu weiteren Arbeits- und Ausbildungsplatzverlusten kommen.

Wir wenden uns aber nicht nur entschieden gegen dieses "Reform"vorhaben, um unsere Mitglieder vor falschen berufs- und steuerpolitischen Weichenstellungen zu schützen, sondern gleichermaßen aus übergeordneten volkswirtschaftlichen Überlegungen. Die Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler ist das falsche Signal. Sie ist kontraproduktiv, weil sie dem Mittelstand – und damit dem potenziellen Träger des dringend benötigten Konjunkturaufschwungs – zusätzliche Belastungen aufbürdet und Wachstumskräfte bremst. Die Gewerbesteuerpflicht für Freiberufler wird die gravierenden Finanzprobleme der Kommunen nicht lösen. Sie belastet lediglich die mittelständischen Leistungsträger und schafft neue Bürokratie.

Im Vorfeld der Bundestagsentscheidung hat sich die Architektenkammer an alle Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen gewandt und ihnen gegenüber aufgezeigt, welche nachteiligen Auswirkungen die geplante Gewerbesteuerreform für Architekten haben wird. Als Alternative hierzu haben wir eine allgemeine Gemeindesteuer vorgeschlagen, die als Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer von allen Unternehmen und Bürgern erhoben würde. Auf diese Weise ließen sich die Einnahmen der Kommunen verstetigen und nachhaltig verbessern. Zudem wäre sicher gestellt, dass alle Nutzer der kommunalen Infrastruktur einen Finanzierungsbeitrag leisten.

Gegen diesen Lösungsansatz wehren sich die kommunalen Spitzenverbände jedoch vehement. Ganz offensichtlich scheinen sie an einem solchen Element direkter Demokratie, bei dem die Bürger bei Kommunalwahlen tatsächlich auch darüber abstimmen können, wie effizient die von ihnen gezahlten Steuern eingesetzt worden sind.kein Interesse zu haben. Städte und Gemeinden scheuen offenbar den Standort- und Leistungswettbewerb untereinander

Bei Redaktionsschluss war nicht absehbar, ob die Gewerbesteuerreform die erforderlichen Mehrheiten finden wird. Weil das Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig ist, richtet sich die Hoffnung der Freiberufler auf ein Veto der unionsgeführten Regierungen in der Länderkammer. Aber auch deren Haltung ist ungewiss. Zwar haben sich führende Unionspolitiker gegen eine Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer ausgesprochen, sie stehen jedoch unter dem Druck von Kommunalpolitikern aus den eigenen Reihen. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gewerbesteuerreform im Vermittlungsausschuss zum Gegenstand eines politischen Deals zwischen Regierung und Opposition wird.

In diesem Fall werden wir untersuchen müssen, mit welchen gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten sich diese zusätzlichen Belastungen durch die Gewerbesteuer begrenzen lassen. Wir werden Sie informieren.

Es grüßt Sie

Ihr

Michael Arns
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
arns@aknw.de

17. Oktober 2003

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