Kommentar: Nachwuchs anregen und fördern!

Architektinnen und Architekten sind gefragt. Büros und Behörden suchen gleichermaßen qualifizierten Nachwuchs. Wie kann dem Personalmangel begegnet werden? Am besten bereits in den Schulen. Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Klaus Brüggenolte.

17. Juli 2019

Liebe Kollegin, lieber Kollege!

Der anhaltende Boom der Bauwirtschaft macht es möglich: Erstmals seit vielen Jahren ist der Markt für Planungsleistungen wie leergefegt. Architekturbüros und Baubehörden der öffentlichen Hand suchen in gleicher Weise junge, qualifizierte Leute, die aktuell dabei helfen, laufende Aufgaben zu bewältigen, die aber auch mittel- und langfristig aufgebaut werden können, um in Zukunft Führungsaufgaben in den unterschiedlichen Feldern unseres Berufes zu übernehmen.

Der gegenwärtig festzustellende Personalmangel lässt sich an ganz unterschiedlichen Indikatoren festmachen: Wir hören von Büroinhabern, die erleben müssen, dass gute Mitarbeiter abgeworben werden. Öffentliche Stellen beklagen, dass die steigenden Gehälter in der freien Wirtschaft dazu führen, dass sich deutlich zu wenig Interessenten auf ausgeschriebene Stellen bewerben. In der „Jobbörse“, welche die Architektenkammer NRW auf ihrer Homepage anbietet, fanden sich Mitte Juli 481 Einträge - davon 453 Stellenofferten.

Natürlich ist dieser Zustand zunächst einmal ein Grund zur Freude: Unsere Arbeit, die Leistungen der Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, sind gefragt wie selten zuvor. Die Gehälter angestellt tätiger Kolleginnen und Kollegen, die über viele Jahre am unteren Ende der Einkommensskala akademischer Berufe lagen, können endlich angepasst werden. Und die Gefahr, dass Angehörige des Berufsstandes ihre Arbeit unter Wert verkaufen müssen - was nun, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Unzulässigkeit von Mindest- und Höchstsätzen rechtlich möglich wäre -, ist in dieser Marktlage glücklicherweise gering.

Dennoch müssen wir uns die Frage stellen, wie wir perspektivisch mehr junge Menschen dazu bewegen, sich mit Themen der Architektur und der Stadtentwicklung zu befassen und Architektur zu studieren. Der Vorstand der Architektenkammer hat dazu einige Maßnahmen beschlossen, mit denen wir uns verstärkt in der Berufsorientierungsphase von Schülerinnen und Schülern einbringen wollen. Dazu wird die Kammer an Berufsinformationsmessen teilnehmen und das Infoangebot für Kinder und Jugendliche ausbauen. Endscheidend ist in Fragen der Berufswahl aber häufig der persönliche Kontakt.

Deshalb rufen wir alle Kolleginnen und Kollegen, die die Möglichkeit haben, sich in diesem Feld zu engagieren, dazu auf, unsere Bemühungen zur Aktivierung des potenziellen Nachwuchses zu unterstützen. Wenn Sie ein Büro führen, in einem großen Architekturbüro arbeiten oder in der Bauverwaltung tätig sind, können Sie vielleicht regelmäßig Schülerpraktika anbieten - vom „Schnuppertag“ bis zum mehrwöchigen Praktikum. Wichtig ist auch, dass Architekten und Planer ihre Aufgaben und Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag auf Berufsinformationstagen darstellen, wie sie regelmäßig an Schulen stattfinden. Wer zudem etwa in der Schule der eigenen Kinder anbietet, einen Architekturworkshop oder ein entsprechendes Projekt durchzuführen, kann in besonderer Weise junge Menschen dazu anregen, sich mit unserem Themenfeld zu befassen. Dabei muss es übrigens nicht immer um konkrete Planungskonzepte gehen: Wir machen gegenwärtig, im Jahr des 100. Jubiläums der Bauhaus-Gründung, die Erfahrung, dass auch die Befassung mit Architekturtheorie und -geschichte höchst spannend umgesetzt werden kann.

Ganz ohne Zweifel: Solche Aktivitäten machen Arbeit, kosten Zeit und manchmal auch Nerven. Die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen bringt aber auch ungemein viel Freude und Inspiration für die eigene Arbeit - diese Erfahrung bekommen wir immer wieder von den Kolleginnen und Kollegen zurückge-spiegelt, die sich im Rahmen unserer „Kultur und Schule“ bzw. „Kammer in der Schule“-Projekte engagieren.

Vielleicht finden Sie in diesen sommerlichen Tagen Zeit und Muße, zu prüfen, ob auch Sie sich in die Förderung des Nachwuchses einbringen können. Inspiration dazu finden Sie auf unserer Homepage www.aknw.de unter „Baukultur“ sowie auf der Sonderseite www.architektur-macht-schule.de. Begeistern wir die Jugend für Architektur - und lassen wir uns von der Jugend begeistern!

Einen schönen Sommer wünscht Ihnen Ihr

Klaus Brüggenolte

Vize-Präsident der Architektenkammer NRW

brueggenolte@aknw.de

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