Landesentwicklungsplan NRW: Stellungnahme der AKNW zum Referentenentwurf

Mit dem Neuentwurf des Landesentwicklungsplans (LEP) will die Landesregierung in diesem Jahr alle landesplanerischen Festlegungen in einem umfassenden Instrument bündeln. Bisher waren die räumlichen Ziele und Grundsätze der Landesentwicklung in Nordrhein-Westfalen auf mehrere Planwerke aufgeteilt. Zuletzt waren dies der Landesentwicklungsplan 1995, das Landesentwicklungsprogramm (LEPro) sowie der Landesentwicklungsplan 4 „Schutz vor Fluglärm“. Die Regelungslücke, die mit dem Auslaufen des Landesentwicklungsprogramms (LEPro) zum 31.12.2011 entstanden war, ist am 13.07.2013 für den wichtigen Bereich des großflächigen Einzelhandels durch den sachlichen Teilplan „Großflächiger Einzelhandel“ teilweise wieder geschlossen worden. Diese Regelungen sind unverändert Bestandteil der Entwurfsfassung des neuen Landesentwicklungsplans. - Der Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat die beabsichtigte Zusammenführung der räumlichen Ziele und Grundsätze der Landesentwicklung in einem Regelungswerk begrüßt. Allerdings gab es Kritik an der - im Vergleich zum bisherigen LEP und LEPro - Reduzierung sowohl der thematischen Breite als teilweise auch der Aussagentiefe.

05. März 2014von AKNW / Prof. Rolf-E. Westerheide

So fehlen beispielsweise Aussagen zu sozialen Infrastrukturen, zum Gesundheitsschutz, zu Aspekten des Wohnungswesens oder zum öffentlichen Personennahverkehr weitgehend oder ganz. Problematisch erscheint auch, dass der Entwurf in wichtigen Bereichen die Ausgestaltung von Vorgaben der Ebene der Regionalplanung oder anderer noch zu erstellender Fachpläne überlässt. Hierdurch wird eine regional unterschiedliche Umsetzung zugelassen. Insbesondere wird auf die Festlegung von Raumkategorien (Ballungs- bzw. Verdichtungsräume und ländliche Räume) und Entwicklungsachsen und damit auf zwei grundlegende Ordnungsprinzipien verzichtet, die u.a. im Raumordnungsgesetz (§ 8 Abs. 5 Nr. 1 ROG) als beispielhafte Inhalte der Festlegungen von Raumordnungsplänen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur explizit genannt sind. Dass der LEP-Entwurf mehrfach im Erläuterungs- und sogar im Festlegungstext auf die Raumkategorien Bezug nimmt, macht deutlich, dass deren Festlegung unverzichtbar ist.

Ganz NRW als „europäische Metropolregion“?

Nicht nachzuvollziehen ist aus Sicht der Architektenkammer NRW, dass der LEP-Entwurf vorsieht, ganz Nordrhein-Westfalen künftig als europäische Metropolregion zu definieren. Die eine Metropolregion kennzeichnende starke Konzentration wichtiger Raumfunktionen ist in weiten Teilen des Landes erkennbar nicht gegeben und in einer räumlich allumfassenden Dimension weder realistisch noch erstrebenswert.

Die Ausweisung des gesamten Landesgebiets als Metropolregion lässt eher eine Schwächung insbesondere der europäischen Wahrnehmung vorhandener Metropolstrukturen (Ruhrgebiet, Rheinschiene) erwarten. Auch geht damit die dem Verdichtungsraum Rhein-Ruhr im LEP 1995 insgesamt zugestandene oberzentrale Funktion verloren. Dies könnte zu einer erheblichen Benachteiligung insbesondere der großen Mittelzentren des Ballungsraums führen. Die Architektenkammer spricht sich mit Nachdruck dafür aus, die Darstellung des Verdichtungsraums Rhein-Ruhr als Metropolregion aus dem gültigen LEP NRW entsprechend den Entwicklungen in der südlichen Rheinschiene weiter voran zu treiben.

Räumliche Struktur des Landes und Kulturlandschaften

Die Beibehaltung des Zentrale-Orte-Systems in der Dreistufigkeit von Grund-, Mittel- und Oberzentren wird grundsätzlich für richtig gehalten. Dieses System sollte aber um Inhalte zu kooperativen Konzepten ergänzt werden. Am Prinzip der Grundzentren sollte festgehalten werden. Mit Blick auf die im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteile darf die städtebauliche Entwicklung nicht nur auf die ortsansässige Bevölkerung, sondern muss auch auf das ortsansässige Gewerbe ausgerichtet werden.

Hinsichtlich der Entwicklung unserer Kulturlandschaften besteht ein Konflikt mit dem Ausbau der Erzeugung und Verteilung von Windenergie und anderer regenerativer Energien. Hier ist zu berücksichtigen, dass eine von der Nutzung regenerativer Energien und ihren Sekundärwirkungen geprägte Kulturlandschaft anders aussieht als die heutige. Der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ist es ein besonderes Anliegen, dass die Erneuerung der Kulturlandschaft behutsam und mit Augenmaß vorgenommen wird.

Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Der LEP-Entwurf beschreibt eine Vielzahl von klassischen Themen der Raumordnung, denen in Zusammenhang mit dem Klimaschutz und Klimaanpassung große Bedeutung zukommt. Allerdings wäre eine Beschränkung auf die Themen, die eine wirkliche raumordnerische Regelungskompetenz haben (z. B. Überschwemmungsgebiete), wünschenswert. Beispielsweise ist die Bewirtschaftung von Wäldern planerisch weder textlich noch zeichnerisch umsetzbar. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Regionalplanung voraussichtlich nur in geringem Maße von regionalen oder kommunalen Klimaschutzkonzepten berührt sein dürfte.

Regionale und grenzübergreifende Zusammenarbeit

Die Berücksichtigung regionaler Konzepte als Fachbeiträge für die Regionalplanung wird für richtig gehalten, soweit deren Legitimität durch politische Beschlüsse gesichert ist. Dies sollte sich auf Kooperationsstrukturen beziehen, die sich aus gemeinsamen Interessenlagen heraus gebildet (und sich vielfach auch bewährt) haben bzw. die noch entstehen werden. Eine „erzwungene“ flächendeckende Erstellung (all)umfassender Entwicklungskonzepte nach dem Muster der regionalisierten Strukturpolitik wird dagegen nicht für sinnvoll gehalten.

Die Vorgabe einer bedarfsgerechten und flächensparenden Siedlungsentwicklung wird begrüßt. Dies gilt auch für die geforderte Ausrichtung an den (zum Teil unterschiedlichen) Ansprüchen der Bevölkerungsentwicklung, der Entwicklung der Wirtschaft, den infrastrukturellen Gegebenheiten sowie naturräumlichen und kulturlandschaftlichen Potenzialen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass sich die im Entwurf genannten Bevölkerungsrückgänge vorläufig noch nicht flächendeckend auswirken. In den großen Städten in der Rheinschiene werden teilweise zweistellige Wachstumsraten erwartet, die einem entsprechenden Flächenbedarf für Wohnbau- und Wirtschaftsflächen zur Folge haben werden. Auch in den ländlich strukturierten Landesteilen gibt es divergierende Entwicklungen in der Bevölkerungsentwicklung.

Das Ziel des Vorrangs der Innenentwicklung vor der Inanspruchnahme neuer Flächen im Außenbereich wird richtigerweise beibehalten. Zu begrüßen ist die Klarstellung, dass dadurch nicht die städtebaulich sinnvolle und notwendige Erhaltung und Neuschaffung von Freiflächen in den Innenstädten verhindert werden soll.

Der Forderung an die Kommunen, entsprechend ihre Bemühungen für die Mobilisierung von Flächenpotenzialen zu intensivieren, sowie dem Grundsatz der Wiedernutzung von Brachflächen kann mit Nachdruck zugestimmt werden. Allerdings sind hier begleitende Maßnahmen notwendig. Gerade die Revitalisierung alter Industrieflächen im Ruhrgebiet ist vor dem Hintergrund der erzielbaren Grundstückspreise erfahrungsgemäß nur mit Einsatz von (erheblichen) Fördermitteln möglich. Für die Umsetzung dieses städtebaulich wichtigen Instruments benötigen die Kommunen die Unterstützung des Landes in Form geeigneter Fördermaßnahmen (Konnexitätsprinzip). Neben den Infrastrukturfolgekosten sollten auch die Kosten der Infrastruktur selbst in die Bewertung mit einfließen.

Flächensparende Siedlungsentwicklung

Die Festlegungen des LEP-Entwurfs zum Siedlungsraum folgen der Zielsetzung einer flächensparenden Siedlungsentwicklung, konkret der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf 5 ha pro Tag bis 2020 und langfristig auf „Netto-Null“. Ohne eine landeseinheitliche Methodik zur Ermittlung der Siedlungsflächenbedarfe auf einer geeigneten, allgemein akzeptierten Grundlage scheint dies allerdings nicht erreichbar.

Die AKNW begrüßt den grundsätzlichen Gedanken, die Siedlungsentwicklung auf die Ortsteile zu konzentrieren, die mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen ausgestattet sind. Es kann hier aber nur um die Funktionszuweisung eines Ortsteils gehen (im Sinne der ehemaligen Siedlungsschwerpunkte), unabhängig von der Flächendarstellung ASB, die alle Ortslagen (> 2.000 Einwohner) umfasst. Eine konkrete räumliche Abgrenzung solcher zentralörtlich bedeutsamen ASB innerhalb der Regionalpläne im Maßstab 1 : 50.000 erscheint nicht sinnvoll.

Die neue Kategorie „Zentralörtlich bedeutsame Allgemeinen Siedlungsbereiche“ und die damit verbundene Beschränkung der Siedlungsentwicklung außerhalb der Siedlungsschwerpunkte werden hinsichtlich ihrer Intention als richtig angesehen. Die Handhabbarkeit ist noch zu überprüfen.

Transportleitungen und Schutz der natürlichen Freiräume

Die Trassierungsgrundsätze neuer Transportleitungen sollen unter den Grundsätzen Vermeidung, Bündelung, Wahrung der Abstände und Wahrung des Landschaftsbildes erfolgen. Von besonderer Bedeutung ist die Anpassung der Trassierungselemente an die vorhandene Topografie und an das Landschaftsbild sowie die Einfügung in die vorhandene Kulturlandschaft.

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen begrüßt ausdrücklich den Grundsatz, die Zerschneidung bisher zusammenhängender verkehrsarmer Freiräume zu vermeiden. Er konkretisiert die Durchlässigkeit des Biotopverbundes deutlich. Dabei sollten jedoch auch andere Infrastruktureinrichtungen (Hochspannungsfreileitungen, Windparks, usw.) berücksichtigt werden. Regionale) Grünzüge sollen Freiraumfunktionen von siedlungsnahen Flächen in Verdichtungsgebieten sichern.

In diesem Themenfeld sind die Darstellungen des Landesentwicklungsplanentwurfs an verschiedenen Stellen nach Auffassung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen noch nicht schlüssig nachvollziehbar. Es wird angeregt, die Systematik der Darstellungen noch einmal zu überprüfen.

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