In Leverkusen steuert die letzte Landesgartenschau in NRW ihren Höhepunkt zu

Landesgartenschau Leverkusen: Neuland gestalten

Das Motto der Landesgartenschau Leverkusen, "Neuland entdecken", fasst die Herausforderungen und Chancen des Projektes treffend zusammen. Im Umfeld der Autobahn A1 mit täglich 180.000 passierenden Fahrzeugen und der südlich angrenzenden Industriekulisse des Bayer-Werkes wurde ein neuer Park zu entwickelt.

08. Juli 2005von Frank Stupp

Das Motto der Landesgartenschau Leverkusen „Neuland entdecken“ fasst die Herausforderungen und Chancen des Projektes treffend zusammen: Im Umfeld der Autobahn A1 mit täglich 180.000 passierenden Fahrzeugen und der südlich angrenzenden Industriekulisse des Bayer-Werkes wurde ein neuer Park entwickelt. Rund 300.000 Besucher haben die vorerst letzte Landesgartenschau in NRW in den ersten drei Monaten besucht. Das Ziel, bis zum 9. Oktober eine halbe Million Besucher anzulocken, sei damit in realistische Nähe gerückt, hieß es zur Halbzeitbilanz der LaGaLev. Ein Überblick.Als „Dhünnaue“ wird ein Gelände am Rhein bezeichnet, auf dem von 1923 bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts Bauschutt, hausmüllähnliche Abfälle und Chemie-Rückstände abgelagert wurden. Die „Altlast Dhünnaue“ besteht aus drei Abschnitten: der „Dhünnaue Süd“, der „Dhünnaue Mitte“ (auf der sich die Landesgartenschau ausdehnt) und der „Dhünnaue Nord“.

1985 rückt die Altlast durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Eine Gefährdungsabschätzung ergibt, dass sie durch ein Dichtungssystem gesichert werden muss, welches den Kontakt Mensch - Boden für immer verhindert, das Eindringen von Niederschlagswasser in den Altlastkörper unterbindet und den unkontrollierten Austritt von belasteter Bodenluft aus den Ablagerungen ausschließt. Die Dhünnaue Mitte und Dhünnaue Nord werden mit einem mehrschichtigen Oberflächenabdichtungssystem gesichert. Als Grundwasserbarriere wird eine 3, 6 Kilometer lange, bis 40 Meter tiefe Grundwassersperrwand sowie zwei Galerien aus insgesamt elf Förderbrunnen errichtet. Die Gesamtkosten in Höhe von 110 Millionen Euro für alle Sicherungsmaßnahmen tragen die Bayer AG und die Stadt Leverkusen zu 75 bzw. 25 Prozent.

Im Mai 2000 entscheidet sich die Jury des landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerbes „Landesgartenschau Leverkusen 2005“ für den Entwurf von Rüdiger Brosk (Essen) und dem Architekturbüro Agirbas/Wienstroer (Neuss). Kernbereich des neuen, insgesamt 50 Hektar großen Parks ist der „Bumerang“, eine Fläche von ca. 25 ha, die umgeben wird von weiteren, in ihrer Gestaltung sehr unterschiedlichen Teilbereichen. Im Osten beginnt, als Fortsetzung des Sportparks, mit dem „Eingangsbereich Ost“ und der „Dhünnaue“ ein nicht eingezäunter Parkbereich entlang des gleichnamigen Flüsschens. Die 2003 auf einem Teilstück renaturierte Dhünn verbindet sich weiter westlich mit dem „Waldgürtel“, einer nördlichen Teilfläche, die in ihrer freien Gestaltung als Kulisse für den „Bumerang“ dient und gleichzeitig einen Lärm- und Sichtschutz zur A1 bildet. Wiederum weiter westlich liegen „Rheinuferpark“ und „Rheinpromenade“. Die „Rheingärten“ im Süden stellen schließlich den räumlichen Anschluss an die Wiesdorfer St. Antonius-Kirche und ihr Umfeld her.„Bumerang“ - der neue Kernbereich

Zwei neue Wege bilden das Grundgerüst des Parks. Sie verbinden die östliche Dhünnaue mit dem Rheinufer und umfassen den Bumerang. Der südliche Bogen spannt sich von der Rheinpromenade über den neuen Kanu-Club, einen Quartiersplatz sowie den Eingang Mitte und quert die Dhünn bis zum Eingangsbereich Ost. Der nördliche Bogen spannt sich von der Kirche St. Antonius über die Rheinallee. Im Osten findet er auf der südlichen Dhünnseite den Anschluss zum Stadtpark.

Der „Bumerang“ folgt künstlichen Gestaltungsmustern. Die Künstlichkeit des Standortes ist die Basis für die Entwicklung der Entwurfsidee. Aus sanften Rasenflächen entstehen Terrassen, welche die unterhalb begonnene Schichtung fortsetzen. Sie sind gefasst durch Mauern, Gabionen mit verschiedener Füllung oder Wänden aus Stahl. Auf ihnen entwickeln sich unterschiedliche Nutzungen; Spielen, Lagern, Kontemplation mit freier Sicht auf den Rhein. Insgesamt acht unterschiedliche thematische wie topographische Ebenen finden sich im Bumerang. Diese Flächen bieten nun Raum für sportliche Events, zahlreiche Spielstandorte aber auch Rückzugsräume zum Verweilen in den Themengärten. 

Bewegung und Energie

In der untersten „Ebene der Bewegung“ geht es um ungewohnte und unerwartete Bewegungen. Zur Gewohnheit Gewordenes soll in Frage gestellt werden, um die Sensibilität für bestimmte Bewegungsabläufe zu stärken. Eine Faltung überzieht Teile der Fläche und ergibt je nach Sonneneinstrahlung ein differenziertes Bild mit spannungsreichen Schattenwürfen.

Die unterschiedlichen Energieformen wie Sonne und Wind und deren Umwandlung in nutzbare Energie sind das Thema der „Ebene der Energie“. Das Leitmotiv der Gestaltung ist das Bild eines spannungsreichen Gangs durch Pflanzenfelder. Der „Blitzweg“ aus Klinker und seitlichem Ziegelbruch führt durch unterschiedliche Wildblumenfelder hindurch und verbindet mehrere Platzflächen.

Ebene der fließenden Bewegung

Ein Blumenfluss durchströmt diese Ebene, in der die spezielle Form der gleitenden, weichen, fließenden Bewegung thematisiert wird. Er besteht aus blau blühenden Stauden und Gehölzen, begehbar wird er durch einen im Inneren liegenden Pfad aus einer wassergebundenen Wegedecke mit blauem Glasgranulat. Begleitet wird der Blumenfluss von Muschelflächen und Gräserfeldern.

Die „Ebene der Langsamkeit“ wird durch lineare Heckenpflanzungen in Teilräume gegliedert. Es gibt keinen direkten Weg, dem man folgen kann, sondern man erschließt sich den Weg von Raum zu Raum selber. Im Zentrum: freie Bewegung

Die große Ebene im Zentrum des Bumerangs ist die „Ebene der freien Bewegung“: Ballspiel, Frisbee, Picknick, Sonnenliegen im Herzen des Parks. Grüne Dächer aus vorgezogenen Blütengehölzen und aus berankten Pergolen bieten Schatten und lockern die Fläche gestalterisch auf. Den „Schmelztiegel“ des Bumerangs bildet die elliptische „Arena der Bewegung“ auf dieser Ebene. Eine Rollbahn umkreist die zentrale Rasenfläche mit der integrierten Arenabühne.

In der „Ebene der Akustik“ geht es um die akustische Wahrnehmung der Umgebung und das Erlebnis, eigene Töne erzeugen zu können. Verschiedene Instrumente wie Äolsharfen, eine Windpumpe oder Orgelpfeifen animieren zum Ausprobieren und zum Klangexperiment.

Ebene der Ausblicke

Auf der obersten Ebene des Bumerangs, der „Ebene der Ausblicke“, kann man auf zwei Platzflächen die Aussicht auf die Ebenen des Bumerangs, die umliegenden Wohngebiete, den Rhein und - bei guter Sicht - das Bergische Land genießen. Fernrohre, Kaleidoskope und Symmetriefernrohre laden zum Entdecken der Umgebung und zu ungewohnten Perspektiven ein.  

Die Dhünn - von Beton befreit

Die östlichen, nicht eingezäunten Freiflächen entlang der Dhünn sind ein Stück wiederbelebte Natur. Nach der Renaturierung gibt es wieder einen freien Uferbereich, dessen Vegetationsentwicklung weitgehend der Natur überlassen wird. Während der Gartenschau laden Stege aus Holz zum Verweilen ein. Eine Wackelbrücke überspannt den Fluss. Im Osten wird eine Fläche aus Wellenasphalt unter der Autobahn auch nachts zum Skaten genutzt. Die vierte neue Fußgängerbrücke im Park stellt die Verbindung über die Dhünn zum Forum und Bahnhof Leverkusens her. 

Rheinpromenade und Rheinuferpark

Die Rheinpromenade ist das neue städtische Rheinufer Leverkusens. Von der Innenstadt gelangt man über die Hauptstraße und den St.-Antonius-Steg an den Fluss. An der Promenade bilden grüne Pergolen den räumlichen Abschluss zur Rheinallee. Während der Landesgartenschau locken Blumenschiffe den Besucher aufs Wasser. In nördlicher Verlängerung der Rheinpromenade schließt sich der Rheinuferpark an. Im Kontrast zum Kernbereich herrscht hier die „natürliche“ Gestaltungssprache vor, und es öffnen sich große Wiesenflächen zum Rhein.

Mit der Landesgartenschau 2005 realisiert sich ein lang gehegter Traum der Stadt: Leverkusen ist an den Rhein zurückgekehrt. Der 50 Hektar große „Rheinpark Leverkusen“ ist ein Naherholungsgebiet am Strom, das allen Gästen offen steht. Damit ist die Umwandlung des abgedichteten Altlastgeländes in einen nachhaltigen Park für alle Bürgerinnen und Bürger gelungen. 

Info: www.lagalev.de 

Frank Stupp ist Pressereferent der Landesgartenschau Leverkusen            

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