Landeswettbewerb: „Innovative Wohnformen für Studierende“ werden in Bonn-Tannenbusch gebaut
Ein lebendiger, urbaner Stadtteil mit gemischten Wohnangeboten wird entstehen, wo heute noch triste Studentenwohnheime aus den 1970er Jahren das Bild prägen. Unter dem Titel „Innovative Wohnformen für Studierende in gemischten Quartieren – Bonn Tannenbusch“ hat das nordrhein-westfälische Bauministerium im vergangenen Jahr in Kooperation mit der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen sowie mit dem NRW-Wissenschaftsministerium, der Stadt Bonn und dem Studentenwerk Bonn den Landeswettbewerb NRW 2010 ausgelobt. Heute (23.03.11) wurden in Bonn die Preise übergeben. Den mit 26.000 Euro dotierten ersten Preis nahm das Büro pbs architekten Gerlach, Krings, Böhning aus Aachen entgegen. Die Umsetzung soll jetzt schnell erfolgen.
„Die Aufgabenstellung unseres Landeswettbewerbs kann man durchaus als spektakulär bezeichnen“, erklärte der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, anlässlich der Preisübergabe. Der Abriss eines Wohnhochhauses für Studenten aus den siebziger Jahren und der Neubau an gleicher Stelle seien eine nicht alltägliche Vorgehensweise, wenn es um die Schaffung von zeitgemäßem studentischen Wohnraum geht. „Sie bedarf vielmehr umfangreicher bautechnischer, wirtschaftlicher und städtebaulicher Betrachtungen - eine Aufgabe, der sich die Preisträger in herausragender Weise gestellt haben“, lobte der Kammerpräsident.
Der Entwurf des Aachener Büros pbs architekten, der die städtebauliche Neuordnung eines zwölf Hektar großen Areals sowie Vorschläge für die Neubebauung einer rund 6.300 m² großen Fläche für studentisches Wohnen beinhaltet, überzeugte die Jury durch seine städtebauliche Offenheit und die gute Verbindung der geplanten Neubauten mit dem Gebäudebestand. In einer aufgelockerten viergeschossigen Blockrandbebauung, die ein dreizehngeschossiges Hochhaus ersetzen soll, sieht die Siegerplanung Wohnraum für 220 Studierende vor. „Der Neubau dieser Anlage mit Wohngruppen für Paare, Wohngemeinschaften und Singles ist der erste Schritt, um den Standort Bonn-Tannenbusch zu einem qualitätvollen neuen Wohnquartier zu entwickeln“, sagte Dr. Günther Horzetzky, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes NRW.
„Der Entwurf zeichnet sich vor allem durch hohe Architektur- und Nutzerqualitäten in Verbindung mit einer ökonomisch optimierten, flexiblen Planung aus“, ergänzte Prof. Johannes Schilling, der Vorsitzende der Jury. Entwurfsbeteiligt waren Fritzen Architekten+Stadtplaner, BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung GmbH sowie GTL Gnüchtel-Triebswetter Landschaftsarchitekten GbR. 29 Arbeiten waren zu dem Landeswettbewerb eingereicht worden, darunter viele originelle Ansätze von hoher Planungsqualität. „Der Wettbewerb zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie eine problematische Großsiedlung der 1960er Jahre umgestaltet und zu einem attraktiven Wohnort aufgewertet werden kann“, hob der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, hervor.
Weitere Preise gingen an die ArGe barkowsky wahrer architekten GbR und dischinger zierer stadtplaner und architekten bda, Köln/Augsburg (18.000 Euro), an die ArGe HGMB Architekten GmbH & Co. KG und reicher haase associierte GmbH, Düsseldorf/Aachen (13.000) und an Kramm & Strigl Architekten und Stadtplaner, Darmstadt (9.000 Euro). Anerkennungen über jeweils 5.500 Euro erhielten die Büros Banz + Riecks Ingenieurgesellschaft mbH, Bochum und Kling Consult Planungs- und Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH, Krumbach.
Das Studentenwerk Bonn will nun mit den Preisträgern über die Auftragsvergabe verhandeln, um die Realisierung des Projektes zeitnah zu beginnen.
Hinweis an die Redaktionen:
Grafiken und Planzeichnungen zu den Siegerentwürfen senden wir Ihnen gerne in druckfähiger Auflösung zu. Bitte senden Sie uns einfach eine kurze Mail an presse@aknw.de, Tel: 0211 - 49 67 34.
Jurybegründungen
1. Preis:
pbs architekten Gerlach Krings Böhning, Aachen
[Entwurfsbeteiligte: Fritzen Architekten+ Stadtplaner, BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. Reinhold Baier GmbH, GTL Gnüchtel-Triebswetter Landschaftsarchitekten GbR]
„Die Idee, die Oppelner Str. im Bereich des Einkaufszentrums zu einer linearen Flaniermeile auszugestalten, wird positiv gewertet. Insbesondere die Pointierung des Anfangs- und Endpunktes mit jeweils einem Kreisverkehr erscheint schlüssig und gut umsetzbar. Die Linearität wird im Bereich des Hochbaus durch den Teilabriss im Eingangsbereich des Tannenbuschzentrums sowie durch komplementäre lineare neue Bauelemente unterstrichen. Interessant ist dabei der Ansatz, in einer Verbindung der komplementären Neubauten mit dem vorhandenen Bestand, diesen mit anderen Nutzungen konzeptionell einzubinden. […]Die einfache und klare städtebauliche Blockrandstruktur schafft wohltuende Raumkanten in einem heterogen geprägten Umfeld. Die eindeutige Anordnung des ruhenden Verkehrs in der schwer nutzbaren Grundstücksspitze mit starker Verkehrsfrequentierung ist konsequent und erhöht die Wohnqualität im dadurch autofreien Wohnquartier. Der halböffentliche Blockinnenbereich erweist sich trotz der hohen Gesamtdichte als großzügig dimensioniert. Er attraktiviert zudem die Nutzerqualitäten des Wohnprojektes auch für andere Zielgruppen. Die Wohnungsgrundrisse sind aufgrund ihrer Grundstruktur mittel- bis langfristig flexibel nutzbar und lassen eine hohe Wohnqualität erwarten.Insgesamt besticht der Entwurf durch hohe Architektur- und Nutzerqualitäten in Verbindung mit einer ökonomisch optimierten Planung und Grundstücksausnutzung.“
2. Preis:
ArGe barkowsky wahrer architekten GbR und dischinger zierer , stadtplaner und architekten bda, Köln/Augsburg
„Der städtebauliche Ansatz liegt in der Aufnahme der bestehenden Stadtstrukturen und setzt diese in klarer Formensprache und eindeutiger Zuordnung mit eindeutigen Wegebeziehungen um. Der städtebauliche Schwerpunkt wird über eine klare Baukörperausbildung im Bereich des bestehenden Stadtteilzentrums ablesbar. Das bestehende Tannenbusch-Center wird dabei jedoch fast vollständig überformt. Die Umsetzung des starken Eingriffs ist problematisch.Die Wegeführungen von dem zentralen Platzbereich sind schlüssig. Die Anordnung der rückwärtigen, nördlichen Brückenquerung führt in Lage und Ausformung zu einer optimalen Vernetzung mit den bestehenden östlichen Nutzungen und den Wohnbereichen im Westen. Die bestehenden großmaßstäblichen Einzelhandelseinrichtungen sind in die Struktur integriert und werden als westliche Begrenzung zur Bahn erweitert. Die Stadtplatzflächen werden über Bepflanzungen in die Maßstäblichkeit der Blöcke übertragen. Die Umsetzung als klar gestaltete Raumkante bleibt in Abhängigkeit der angelagerten Nutzungen mitunter fraglich.Der städtebauliche Ansatz im Gesamtplangebiet wird konsequent auf die Standorte des studentischen Wohnens übertragen. Für den Bereich Tannenbusch I ist mit den 4 Solitären mit einem hochwertigen Architekturansatz eine klare Adressbildung verbunden. […]“
3. Preis:
ArGe HGMB Architekten GmbH & Co. KG und reicher haase associierte GmbH, Düsseldorf/Aachen
„Die Aufgabe des Wettbewerbs für den Stadtteil Neu-Tannenbusch, eine neue attraktive Mitte zu gestalten, lösen die Entwurfsverfasser durch Teilabrisse des Tannenbusch-Centers und neue Wegeführungen mit einer neuen Brücke, welche die bestehende Gleisanlage quert.Positiv wird der Ansatz gesehen, einen neuen Platz mit Stadtteilbibliothek, Ärztehaus und Sparkasse zu entwickeln. Am Standort des ehemaligen Möbelhauses entstehen gemischte Wohnkomplexe, die mit der Wegeführung das Stadtteilzentrum stärken können. Die weitere nördliche Wegeführung ist allerdings bezüglich der Zielpunkte und begleitenden Nutzungen noch nicht eindeutig genug. […] Die eher hochbaulichen Teile des Entwurfskonzepts reagieren auf die von heterogenen Großformen geprägten Gebiete mit einer klaren Zuordnung von privaten und repräsentativen Bereichen durch eine klare Abgrenzung des Belags zur Oppelner Straße. […]Die offenen, transparenten Treppenhäuser ermöglichen wohltuend einen direkten barrierefreien Zugang. Die Ausrichtung der Wohnungen nach Süden und die großzügigen Laubengänge werden als besonders gelungen bezeichnet, zumal an diese internen öffentlichen Verkehrsflächen sogenannte gemeinschaftliche Lernboxen angelagert werden.Der Entwurf kann durch vielfältige mit der studentischen Nutzung verbundene Funktionen (Lernboxen, Gemeinschaftsräume, kommunikative Flure etc.) ein innovatives Potential anbieten, das auch problemlos für verschiedene Zielgruppen ohne größeren baulichen Aufwand weiterentwickelt werden kann. […]Insgesamt kann der städtebauliche Ansatz von Tannenbusch I überzeugen.“
4. Preis:
Kramm & Strigl Architekten und Stadtplaner, Darmstadt
„Im städtebaulichen Ansatz werden beide Neubaubereiche TaBu I und TaBu II isoliert voneinander als Straßenrandbebauung ausgebildet. Die Mitte wird aufgewertet durch die Öffnung des Zentrums zum Platz, die ergänzende Bebauung an der S-Bahnhaltestelle und durch einen Neubau des Bankgebäudes. Die Erhaltung des Möbelmarktes und Umnutzung zur Markthalle wird positiv bewertet. Die Lage der neuen Brücke über die S-Bahn verbindet die Markthalle mit dem Einkaufszentrum, mit dem Jugendzentrum bis hin zum TaBu II. Dies wird als sehr positiv gesehen und wertet den hinteren Bereich auf. Die Ausgestaltung der Brücke wird für den Standort als überzogen gesehen. […]Die Bebauung des TaBu I folgt der Blockrandbebauung. Durch das Einstellen eines Gebäudes in den Blockinnenbereich entstehen zwei unterschiedliche Räume. Die Anordnung der Parkplätze an der östlichen Spitze wird als klare städtebauliche Lösung mit baulichem Abschluss gewertet.Die entstehenden zwei Blockinnenbereiche schaffen zwei unterschiedliche Räume - einen privat und gemeinschaftlichen Freibereich und einen öffentlichen Bereich mit Café. Die Durchwegung und Nutzung wird positiv gesehen.Die architektonische Ausprägung insbesondere der südlichen und westlichen Fassaden ist differenziert und dem Thema des studentischen Wohnens angemessen. Die Ausprägung zum öffentlichen Raum dagegen wird noch als zu abweisend und großmaßstäblich gesehen. Ebenso besteht hinsichtlich der formalen Ausbildung des nordwestlichen Kopfbaus aus Sicht des Preisgerichts Überarbeitungsbedarf. Die Wohnungen erfüllen die Anforderungen, sind gut strukturiert und konsequent nach den Himmelsrichtungen orientiert.“
Anerkennung:
Banz + Riecks Ingenieurgesellschaft mbH, Bochum
[Entwurfsbeteiligte: bms Stadtplanung GbR, wbp Landschaftsarchitekten]
„Die Arbeit stellt in kleinteiliger Struktur einen sehr interessanten Beitrag für ein studentisches Quartier auf der dreieckigen Grundstücksgeometrie dar. Die in Höhe und Kubatur differenzierte, gleichwohl formal einheitliche Architektur bildet nahezu dörflich anmutende, engmaschige Freiräume. Die Anzahl der Wohnungen ist allerdings aufgrund der aufgelockerten Bauweise und der großen Wohneinheiten gering. Auf dem Grundstück werden keine Stellplätze angeboten.In gesamtstädtebaulicher Hinsicht zeigt die Lösung einzelne positive Ansätze.“
Anerkennung:
Kling Consult Planungs- und Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH, Krumbach
„Der Entwurf besticht durch eine eigenständige Architektur von hoher Qualität, die zu der umliegenden Bebauung der 70er Jahre einen positiven Kontrast bildet. Die Bebauung setzt ein deutliches Signal zur Aufwertung des Quartiers und sorgt für eine angemessene Adressbildung. Die Durcharbeitung der Grundrisse bleibt hinter der Qualität der Fassaden zurück. Die Baustruktur reagiert geschickt auf die Grundstücksgeometrie und bildet mit der abgesenkten Hofebene spannungsvolle halböffentliche Freiräume. Das Konzept lässt eine Übertragung auf Tannenbusch II ohne Einschränkungen zu. Leider bleiben die Aussagen zur städtebaulichen Gesamtlösung rudimentär.“
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