Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege: Am lebenden Objekt

Der Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag macht auf die Aufgaben der Denkmalpflege aufmerksam. Zeit für einen Besuch im Park und für einen Blick auf das Thema Gartendenkmalpflege – mit den Landschaftsarchitekt*innen in NRW.

09. September 2022von Cornelie Dörries

Anders als bei vielen, insbesondere historisch bedeutenden Bauwerken hat es die Denkmalpflege im Fall von Gärten, Parks und Freianlagen mit lebenden Objekten zu tun. Denn bepflanzte Räume verändern sich, ganz im Wortsinn, von Natur aus.

In der Gartendenkmalpflege geht es darum, die Vegetation zielgerichtet zu entwickeln und die baulichen Strukturen für zukünftige Generationen zu sichern. Im Gegensatz zur Baudenkmalpflege gilt es, nicht nur einen mehr oder weniger beschleunigten Verfallsprozess aufzuhalten, sondern den sukzessiven Zuwuchs von Pflanzen gezielt zu steuern, damit der historische Bildwert erhalten bleibt.

Abgesehen von Kurparkanlagen oder Grünringen aus der Biedermeierzeit stammt ein großer Teil der Gartendenkmale aus dem 20. Jahrhundert und reicht von Volksparkanlagen der Gründerzeit über städtische Parks aus den Nachkriegsjahren bis hin zu Planungen aus der Ära des sozialen Wohnungsbaus. Sie alle wurden zum Zweck der Erholung angelegt und dienen bis heute dafür.

Der zumeist offene Charakter der denkmalgeschützten Anlagen legt bisweilen auch ein Spannungsverhältnis zwischen Bewahrung einerseits und den sich wandelnden Ansprüchen an diese Orte frei. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche Erwartungen insbesondere eine verstädterte Gesellschaft an ihre Parkanlagen hat. Ob Kontemplation, Fitness, Party, Spiel, Kulturveranstaltungen oder beiläufige Begegnung – im städtischen Freiraum haben sich derlei Nutzungen ganz selbstverständlich überlagert. Auch wenn die Übernutzung gelegentlich zur Herausforderung wird, lassen sich die meisten ungeeigneten, beizeiten erkannten Nutzungen mit Verweis auf das Erhaltungswohl der Parkanlagen abstellen oder bestandsschonend beziehungsweise reversibel in historische Anlagen integrieren. Es ist die Landschaftsarchitektur, die für eine solche Anpassung die planerischen Mittel und Kompetenzen bereitstellt.

Doch zu den Aufgaben der Gartendenkmalpflege gehört zunächst die Benennung des Denkmalwerts einer Anlage. Die Kriterien fasst Kerstin Walter vom Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland so zusammen: „Denkmalwert wird dann zuerkannt, wenn ein Objekt besondere historische Aussagekraft und städtebauliche Relevanz hat und über genug Originalsubstanz verfügt.“ Über die Gartendenkmalpflegerische Zielplanung (GDPZ) gilt es sodann, die Erhaltung und Weiterentwicklung des Denkmalwertes auf planerischer Ebene durchzusetzen und in einer etwaigen anschließenden Ausführungsplanung und Bauüberwachung zu kontrollieren.

Kommunen wächst über historische Parkanlagen eine besondere Verpflichtung und Verantwortung zu, die im gleichen Zuge ein besonderes Potenzial in der kommunalen Freiraumentwicklung und -nutzung eröffnet. Auch wenn sich eine Kommune gern mit ihren denkmalwerten Adressen schmückt – der Status geht auch mit Verpflichtungen einher, die gerade bei Parks, Grünanlagen und Gärten mehr als guten Willen erfordern. Es verlangt Kenntnis des gartenarchitektonischen Erbes, der jeweiligen Entstehungsbedingungen und der technischen Möglichkeiten sowie planerische Kompetenz. Schon deshalb ist die sachgerechte Pflege von schützenswerten Gehölzen, Blühpflanzen und gartenkünstlerischen Objekten ohne entsprechendes Budget und qualifiziertes Fachpersonal nicht zu leisten. Kurzum: Man kann dieser Verpflichtung nur mithilfe von Landschaftsarchitektinnen und-architekten mit einer Spezialisierung in Gartendenkmalpflege gerecht werden. Denn nur sie verfügen über die nötigen Kenntnisse der vorhandenen Analysemöglichkeiten und sind auf dem aktuellsten Stand der anerkannten Regeln der Technik, um das Gartendenkmal in seiner Substanz zu erfassen und die jeweiligen historischen Schichten zu identifizieren. Erst dann lassen sich die Denkmalwerte, die über den hoheitlichen Schutz hinausgehen, definieren und planerisch umsetzen. Damit leistet die Landschaftsarchitektur nicht zuletzt einen essentiellen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und stärkt die gesellschaftliche Verantwortung für die überlieferten Werte einer grünen Baukultur.

Doch wenn aus Kostengründen der aufwendig zu hegende Wechselflor gegen pflegeleichte Stauden ausgetauscht wird, die morsche Originalbank einer robusten Kunststoffsitzgelegenheit weicht und die Planstelle für einen ausgebildeten Gärtner gestrichen wird, verändert sich, wenn auch schleichend, das Antlitz einer geschützten Grünanlage. Dabei werden auch denkmalwerte Aspekte riskiert. Dass kommunale Unterhaltungs- und Pflegebudgets oftmals nicht ausreichend bemessen sind, betrifft zwar sowohl nicht geschützte als auch geschützte historische Anlagen gleichermaßen, dennoch steht bei Gartendenkmälern oftmals mehr auf dem Spiel.

Doch so verletzlich die Flora und Fauna eines geschützten Freiraums ist – dass es der Denkmalschutz mit lebender Natur zu tun hat, ist zugleich eine große Chance. So sagt Kerstin Walter: „Wenn ein Garten noch in seiner ursprünglichen Fassung erhalten ist, also mit seinen historischen Einfriedungen, Wegen und Pflanzflächen, lässt er sich wiederbeleben. Denn alles wächst ja nach.“

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