Wie acht Städte im Ruhrgebiet gemeinsam die Regionalplanung vorantreiben wollen

Masterplan Ruhr – Schulterschluss in der Metropole Ruhr

Auf dem Weg zu mehr regionaler Kooperation haben sich die acht Städte Duisburg, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Bochum und Dortmund als Städteregion Ruhr zusammengefunden. Gemeinsam gestalten sie den Prozess „Masterplan Ruhr“, um in Fragen der zukünftigen räumlichen Entwicklung besser zu kooperieren. Ein Masterplan ist ein informelles Planungsinstrument, welches am Prinzip der Freiwilligkeit ansetzt und über den Dialog stetig fortentwickelt wird. Diese vergleichsweise (ergebnis-)offene Herangehensweise erschien allen Beteiligten besonders geeignet, um eine neue Kooperationskultur zwischen den Kernstädten des Ruhrgebiets zu etablieren.

06. September 2006von Stefan Thabe

Ausgangspunkt des Masterplans Ruhr war ein gemeinsam getragenes Forschungsprojekt im Rahmen von „Stadt 2030“, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zum Abschluss der Forschungsphase im Frühjahr 2003 wurden mehrere Leitprojekte für die zukünftige Kooperation in der Region formuliert (u. a. Masterplan Ruhr), die in einen „Stadtregionalen Kontrakt“ einmündeten. Der Stadtregionale Kontrakt wurde am 06.06.2003 durch die Oberbürgermeister der beteiligten Städte unterzeichnet. Auf dieser Basis galt und gilt es, regionale Kooperation fortan mit Leben zu füllen.

Hierfür wurde eine regionale Arbeitsgruppe unter Federführung der Stadt Dortmund eingerichtet, die eine Konzeption zur Ausgestaltung und Umsetzung des Masterplans Ruhr entwickelte. Neben der gemeinsamen inhaltlich-fachlichen Diskussion und den daraus abgeleiteten Ergebnissen für die Region steht die Etablierung und Pflege einer neuen Kooperationskultur als eigenständiges Ziel und Arbeitsergebnis für den Masterplan. Hierzu zählt sowohl die interkommunale Kooperation im engeren Sinne als auch die Einbeziehung weiterer Partner.  

Prinzip der Selbstverpflichtung

Der Masterplan Ruhr ist ein echtes regionales Gemeinschaftswerk der beteiligten Kommunen und ohne externe Hilfe und Unterstützung entwickelt worden. Aktuell liegt zum Prozess Masterplan Ruhr eine Broschüre als Grundlage für die Diskussion mit der (Fach-)Öffentlichkeit vor. Die politischen Mandatsträger in den Räten bzw. Fachausschüssen der beteiligten acht Städte haben sich mit dem Masterplan Ruhr befasst. Um auch der interessierten Öffentlichkeit Gelegenheit zu geben, weitere Meinungen einzubringen, fanden in den Monaten April bis Juni 2006 verschiedenen Veranstaltungen zu den Themen des Masterplans Ruhr statt. Die Anregungen und Ergebnisse aus den Veranstaltungen werden momentan aufbereitet und fließen dann in den Prozess Masterplan Ruhr ein.

Die Frage der rechtlichen Verankerung des Masterplans Ruhr ist für die beteiligten Kommunen gegenwärtig von eher untergeordneter Bedeutung. Ihr Zusammenschluss und auch die gemeinsame Arbeit knüpft am Prinzip der Freiwilligkeit an und schließt nachfolgend per Ratsbeschluss eine Selbstverpflichtung zu den getroffenen Vereinbarungen ein. Diese Vorgehensweise hat sich bislang bewährt, da so primär an Inhalten und Ergebnissen gearbeitet werden konnte und keine lähmenden Rechts- oder Organisationsdebatten geführt werden mussten. Eine stärkere rechtliche Verankerung des Masterplans Ruhr ist zu einem späteren Zeitpunkt ggf. denkbar. 

Inhalte des Masterplans Ruhr

Die Broschüre Masterplan Ruhr beinhaltet eine erste Bilanz zu den Themen „Wohnen in der Städteregion Ruhr“, „Städtebauliche Projekte von besonderer Bedeutung“ sowie „Region am Wasser“ und fasst Grundlagen, Leitlinien sowie wichtige Positionen für die weitere räumliche Entwicklung zusammen. Der Masterplan Ruhr stellt hierbei in den Mittelpunkt, über welche Stärken die Region verfügt und welche Entwicklungspotenziale und -optionen sich daraus ableiten.  Wohnen in der Städteregion Ruhr

In der Städteregion Ruhr gibt es bereits heute ein vielseitiges Angebot an Wohnraum, und hohe Wohnqualitäten sind in allen Segmenten des Wohnungsmarktes bei einem guten Preis-Leistungsverhältnis zu finden. Der Wohnungsmarkt gilt in seinen verschiedenen Teilmärkten als ausgeglichen. In den Teilmärkten der frei finanzierten Wohnungen, der Eigentumswohnungen sowie der Ein- und Zwei-Familienhäuser ist eine erfreulich positive Tendenz zu erkennen (Zahl der Baugenehmigungen, Baufertigstellungen), was auch auf Erfolge im Strukturwandel schließen lässt. Wohnbauflächenpotenziale sind regional betrachtet in allen Teilmärkten ausreichend verfügbar (rund 1.675 ha), wenngleich sich lokale Unterschiede und Schwerpunkte herausgebildet haben. Ebenfalls positiv ist die Tatsache, dass die Städteregion Ruhr Gewinne im Nahwanderungsverhalten der Bevölkerung aufweist und der Wohnstandort eine weitere Festigung erfährt. Der fortschreitenden Suburbanisierung ist somit gegenwärtig Einhalt geboten und eine Renaissance der Städte zeichnet sich ab.

In der „Wohnungspolitischen Erklärung“ des Masterplans Ruhr sind gemeinsame Leitlinien und Ziele für die Zukunft dargelegt. Sie stellen eine wertvolle Grundlage für die weitere kommunale und regionale Wohnungspolitik dar. Erhalt und Ausbau der Nutzungs- und Gestaltqualitäten des Wohnens genießen in der Zukunft sehr hohe Priorität. Für die Städteregion erscheint es darüber hinaus von Interesse, Grundsätze, Leitlinien und Ziele zur Wohnbauflächenentwicklung sowie gemeinsame Qualitätsstandards für neue Wohnbaugebiete zu diskutieren und festzulegen. Die Städte haben zudem die Absicht, ein regionales Wohnungsmarktbeobachtungssystem aufzubauen, und sprechen sich auch für die Einführung lokaler und darauf aufbauend regionaler Wohnbaubudgets aus. Eine regional zu bearbeitende Aufgabe ist es ferner, sich mit den Verkäufen großer Wohnraumbestände an global agierende Finanzinvestoren auseinander zu setzen und ggf. darauf zu reagieren.  

Städtebauliche Projekte

Die Städteregion Ruhr verfügt über zahlreiche große und zum Teil herausragende städtebauliche Projekte. Als Ergebnisse des Strukturwandels gehen von ihnen elementare Impulse für die zukünftige Stadtentwicklung, die ökonomische Entwicklung und auch das Image der Region aus. Diese Projekte verkörpern den hohen städtebaulichen und architektonischen Anspruch, der sich in der Region – auch in der Folge der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (IBA) – etabliert hat. Die hohen Investitionssummen sind ein Nachweis für den Wandel der Region und eine zunehmende Dynamik. In der Regel werden die städtebaulichen Projekte auf alten Montanstandorten umgesetzt, was zeigt, dass nachhaltige Entwicklungsstrategien in der Region realisiert werden.

Die Urbanität der Region ist eine große Chance für die weitere Profilierung als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Hierzu bedarf es u. a. der Pflege und Weiterentwicklung der vorhandenen stadträumlichen Qualitäten, der urbanen Lebensqualitäten. Dies schließt verschiedene Aspekte ein, u. a. einen attraktiven Stadtraum und das unmittelbare Wohnumfeld, das attraktive Kultur- und Freizeitangebot, den Erhalt der Zentrenstrukturen sowie die kleinräumige Ausstattung mit Grünflächen, den Zugang zu den zahlreichen Freiräumen in der Städteregion u. v. a. m. 

Region am Wasser

Die Metropole Ruhr ist eine Region am Wasser. Das Wasser verbindet aber nicht nur die Region und stellt damit eine regionale Klammer dar, vielmehr entsteht das „neue Ruhrgebiet“ vielerorts am Wasser. Das Wasser bietet den Städten zahlreiche Entwicklungsoptionen, die in die Zukunftsplanungen eingebracht werden. So entstehen neue Stadtteile am Wasser, Wohnen am Wasser wird möglich, die zahlreichen Kanäle und Flüsse in der Region erfahren eine neue Bedeutung für die Naherholung und Freizeit, den Sport und Tourismus.

Aber auch Natur und Umwelt, Landschaft und Freiraum profitieren von dem veränderten Umgang mit dem Wasser in der Region. Die neuen und von Investoren nachgefragten Qualitäten gilt es zukünftig verstärkt zu erkennen und sukzessive auszubilden sowie noch besser erlebbar und nutzbar zu machen.  Weiterentwicklung des Masterplans Ruhr

Zur Fortschreibung und fachlich weiteren Qualifizierung wird die Arbeit am Masterplan Ruhr an den bisherigen Themen fortgesetzt.

- Hinsichtlich des Themas „Wohnen“ soll der Schwerpunkt zukünftig im Bereich Bestandsentwicklung liegen. Darüber hinaus bedarf es der Fortschreibung und Interpretation der zahlreichen Daten zum Wohnen in der Region. Mit dem Aufbau einer gemeinsamen Wohnungsmarktbeobachtung steht ein weiteres ehrgeiziges Gemeinschaftsprojekt auf dem Plan.

- Im Themenblock „Stadtentwicklung/Städtebau“ geht es zukünftig um eine Verbreiterung der fachlichen Basis. Ausgehend von den bisher betrachteten „Städtebaulichen Projekten von besonderer Bedeutung“ geht es hin zu einer gemeinsamen fachlichen Betrachtung und Einordnung relevanter Themen des Städtebaus und der Stadtentwicklung. Darüber hinaus ist hierzu die Erarbeitung und Formulierung von „Leitlinien“ angedacht.

- Das Thema „Region am Wasser“ gilt es weiter mit Inhalten zu füllen und die Zusammenhänge aufzuzeigen. Konkret heißt dies: Analyse der Entwicklungspotenziale und Qualitäten, Herausarbeitung von Zusammenhängen und Synergien sowie Darstellung relevanter Projekte und Aktivitäten aus den Kommunen und vor allem in der Region.

Der Masterplan Ruhr ist grundsätzlich für die Einbeziehung weiterer Kommunen offen, sei es durch die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe oder durch gemeinsame Projekte. 

Fazit

Der Masterplan Ruhr hat Bedeutung insbesondere im Bereich der Etablierung einer (neuen) Kooperationskultur entfalten können. Die beteiligten Städte gehen vertrauensvoll miteinander um, sie gehen partnerschaftlich und ergebnisorientiert an die anstehenden Aufgaben heran und entwickeln hierbei immer mehr Bewusstsein für die Region als Handlungsraum. Inhaltlich orientiert sich der Masterplan Ruhr an den Stärken der Region und greift Themen auf, die für die beteiligten Kommunen von großem Interesse sind. So entstehen „Win-Win-Situationen“, d. h. der Masterplan Ruhr lotet Handlungsspielräume aus und zeigt auf, was regional denk- und machbar ist.  

Kontakt:
Stefan Thabe, Stadt Dortmund, Planungsdezernat
Südwall 2 – 4, 44122 Dortmund; sthabe@stadtdo.de  

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