Impulsgeber*innen (v. l.): Nadine Weber (Architektin), Angelika Becker (Architektin), Ulrike Lappeßen (Amtsleiterin der Bauaufsicht LH Düsseldorf), Ludger Deimel (Abteilungsleiter Bauaufsicht Stadt Dortmund), Susanna Schönrock-Klenner (Moderation), Niklas Franke (technischer Beigeordneter Stadt Xanten), Stefan Szuggat (Beigeordneter für Umwelt, Planen und Wohnen Stadt Dortmund), Diane Jägers (Abteilungsleiterin Bauen MHKBD), Cornelia Zuschke (technische Beigeordnete LH Düsseldorf), Ernst Uhing (Präsident AKNW), Friedericke Proff (Architektin, Vorstandsmitglied AKNW), Ricardo Ferreira (Architekt), André Vonthron (Geschäftsführer VSK-Software). - Fotos: Detlef Podehl/Architektenkammer NRW

Mehr Kommunikation gewünscht: „Architektenschaft trifft Bauaufsicht“

Kommunikation, Qualifizierung, Beständigkeit: Unter diesen drei wesentlichen Aspekten lässt sich der Austausch zwischen den Baugenehmigungsbehörden in NRW und einreichenden Architekturbüros zusammenfassen, zu dem die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen am 23. August ins Baukunstarchiv NRW eingeladen hatte.

05. September 2024von Angela von Hall

Im Rahmen des Formats „Architektenschaft trifft Bauaufsicht“ wurde in konstruktiver Atmosphäre besprochen, wie die Zusammenarbeit zwischen Antragstellenden und Genehmigungsbehörden verbessert werden kann.
Die Herausforderungen der Baubranche - insbesondere mit Blick auf die notwendige Schaffung von bezahlbarem Wohnraum - sind weiterhin groß. Eine Beschleunigung und Vereinfachung des Bauantrags- und Genehmigungsverfahrens als ein Kostenfaktor könnten zu einer erhöhten Anzahl an Baugenehmigungen führen. „Das Bauantrags- und Baugenehmigungsverfahren ist ein entscheidender Faktor innerhalb jedes Bauprozesses und bedarf entsprechender Wertschätzung“, appellierte Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, in seiner Begrüßung an alle Teilnehmenden. Auch „ein beständiger und vollständiger rechtlicher Rahmen“ seien unerlässlich.

Die novellierte Landesbauordnung

Diane Jägers, Abteilungsleiterin „Bau“ im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW, berichtete in ihrem Impuls zur Entwicklung der Landesbauordnung, dass es ruhig um die Novellierung geworden sei. Die letzte Novelle zu Beginn des Jahres 2024 habe kaum Nachfragen zur Regulierung ausgelöst. Die Verwaltungsvorschriften, die bereits im Entwurf vorlägen, seien auf gutem Wege und könnten bald rechtmäßig in Kraft treten. Auch die Sonderbauverordnung und die Bauprüfverordnung seien in fortgeschrittenem Bearbeitungsstadium.
Cornelia Zuschke, Beigeordnete der Stadt Düsseldorf für das Dezernat Planen, Bauen, Wohnen und Mitinitiatorin des Formats „Architektenschaft trifft Bauaufsicht“, griff im Eröffnungstalk die Worte Diane Jägers auf und erklärte, die Ruhe im NRW-Bauministerium sei eingetreten, weil es auf der anderen Seite laut geworden sei. „Ein positiver Diskurs zwischen den Bauaufsichten, dem Ministerium und den Antragstellenden findet statt. Dies ist auch auf den ersten Austausch im Rahmen dieses Formates zurückzuführen“, meinte Zuschke.

Praxiserfahrungen aus kommunaler Praxis

Moderatorin Susanna Schönrock-Klenner (Senior Concept, Dorsten) führte den Talk mit der Frage an die Vertretungen der Städte Dortmund, Xanten und Hagen weiter: „Was läuft gut in Ihrer Bauaufsicht?“ Stefan Szuggat, Beigeordneter der Stadt Dortmund, berichtete über die voranschreitende Digitalisierung und damit verbundene Änderung von Arbeitsprozessen. Niklas Franke, Planungsdezernent der Stadt Xanten, berichtete über die Vorteile der kurzen Wege und der direkten Kommunikation in einer kleineren Kommune. Jedoch bleibe die Digitalisierung der Bauverwaltung angesichts einer dünneren Personaldecke und eines geringeren Budgets personell und sachlich eine große Herausforderung.
Die Düsseldorfer Architektin Friedericke Proff, Vorstandsmitglied der Architektenkammer NRW, brachte als Vertreterin der Architektenschaft einen gemeinsamen Pool der Bauaufsichten mit Fragestellungen an das Ministerium zur effizienteren Beantwortung ins Spiel. Architekt Ricardo Ferreira sprach sich für eine bessere Erreichbarkeit der Bauaufsichten aus, um den gemeinsamen Austausch zu befördern. Er warnte zugleich vor zu großen Erwartungen: Die Digitalisierung führe nicht automatisch zu optimalen Verfahrensabläufen.

Modellbasierter Bauantrag und automatisierte Prüfung

André Vonthron, Geschäftsführer der VSK-Software GmbH, stellte in seinem Impuls die Möglichkeiten eines Modell-basierten-Bauantrages mit einer automatisierten Vorprüfung vor. Sicher der nächste Schritt von einem PDF-basierten digitalen Bauantrag hin zu einem Verfahren, in dem Prüfungen wie Abstandsflächen und Brandschutz automatisiert erfolgen und sich die Bauaufsichten auf Themen wie Abweichungen konzentrieren können.

Praxisberichte der Architektenschaft

Aus Sicht der Architektenschaft wünschte sich AKNW-Vorstandsmitglied Friederike Proff grundsätzlich eine größere Kontinuität von gesetzlichen Rahmenbedingungen. Sie schlug eine Wissensdatenbank vor, durch welche die Bauaufsichten und die Antragstellenden „gemeinsam schlauer“ werden könnten. Eine Anregung, die allgemein auf positive Resonanz traf.
Architekt Ricardo Ferreira berichtete aus seinen Praxiserfahrungen der digitalen Planung. Die einfache Lesbarkeit und Steigerung der Effizienz gegenüber analoger Planung seien große Pluspunkte dieser Entwicklung.
Ob Umbauen wirklich einfach sein kann, beleuchtete die Dortmunder Architektin Angelika Becker und legte in ihrem Praxisbericht dar, an welchen Stellen der Landesbauordnung Möglichkeiten, aber eben auch Schwierigkeiten beim Bauen im Bestand lägen. Ein Problem entstehe immer, wenn Kommunen keine eigene Stellplatzsatzung eingeführt hatten. Als Positivbeispiel zeigte sie Berlin auf: Dort seien Stellplätze grundsätzlich nur für den Mehrbedarf an Behindertenstellplätzen nachzuweisen.
Wie „perfekt“ - im Sinne von „mustergültig“ - muss ein Bauantrag überhaupt sein, um genehmigungsfähig zu sein? Diese Frage warf Architektin Nadine Weber auf. Sie forderte ein Handbuch, das exemplarisch für alle Verfahrensarten Beispiele für einen „perfekten“ Bauantrag und das entsprechende Genehmigungsverfahren enthalten solle. Auch Architektin Weber zeigte sich überzeugt, dass in vielen Fällen eine Genehmigungsfähigkeit als Gemeinschaftsarbeit zwischen den Antragstellern und den Bauaufsichten entstehen müsse, um zu rechtssicheren Bescheiden zu gelangen.

Perspektive der Bauaufsichten

Die Perspektive der Bauaufsichten wurden durch die Amts- und Abteilungsleitungen der Städte Düsseldorf, Dortmund und Xanten dargelegt. Ulrike Lappeßen, Amtsleiterin der Bauaufsicht Düsseldorf, begann mit einem Bericht zu „Einfach (Um-) Bauen mit der neuen BauO NRW“. Sie erläuterte die baurechtlichen Erleichterungen für Wohnraumerweiterungen durch Umbau und Aufstockungen. Ebenso warb sie auch für die Möglichkeit der digitalen Antragseinreichung, um die Vorteile der kürzeren Wege, des papierlosen Prozesses und der einheitlichen Kommunikationswege auszuschöpfen.
Georg Thomys, Abteilungsleiter der Bauaufsicht der Stadt Hagen, stellte seine Vision eines „perfekten“ Bauantrags vor. Insbesondere einfache, einheitliche und sich nicht widersprechende rechtliche Rahmenbedingungen seien hierzu unerlässlich. So führten beispielsweise die „komplizierten, uneinheitlichen und vielfältigen Forderungen“ des Paragrafen 68 (Bautechnische Nachweise) der Landesbauordnung zu Unsicherheiten.
Der Abteilungsleiter der Bauaufsicht Dortmund, Ludger Deimel, schilderte seine Erfahrungen mit dem digitalen Bauantrag und betonte, dass ein einheitlicher, geordneten Ablauf beim Voranbringen der Digitalisierung erforderlich sei.

Der interdisziplinäre Austausch

In den anschließenden Weltcafés tauschten sich die teilnehmende Architektenschaft und die Vertretungen der Bauauf-sichten untereinander konstruktiv aus. Einig zeigten sich alle über die Notwendigkeit qualifiziert vorbereiteter Fragestellun-gen zu planungs- und bauordnungsrechtlichen Problemen und den notwendigen Abstimmungen, denen geeigneter Raum gegeben werden müsse. Angeregt wurden verbindlich für beide Seiten protokollierte Abstimmungen in einer Runde aller fachlich beteiligten Interessensträger. Dazu müsse es mehr Angebote zu Gesprächen geben. Diskutiert wurde auch die Möglichkeit einer gebührenpflichtigen Bauberatung.
Im Ablauf der Genehmigungsverfahren wünschte sich die Architektenschaft von den Bauaufsichten, begründete Nachforderungen aufzuführen, um diese auch vor ihrer Bauherrenschaft vertreten zu können. Ebenso die Bitte nach mehr Transparenz bei den Beteiligungsumläufen; hier könnten Zwischeninformationen es ermöglichen, zeitnah Anpassung an den Antragsunterlagen vorzunehmen.
Zum Thema „Barrierefreiheit“ wünschte sich die Seite der Antragstellenden generelle Einheitlichkeit bei der Beurteilung, ob und in welchem Maße entsprechende Maßnahmen ergriffen werden müssen - vor allem bei Umbau- und Aufstockungsprojekten.  Nicht immer ließe sich barrierefreier Wohnraum im Bestand schaffen.
Alle Teilnehmer*innen des Austausches waren sich einig, dass der digitale Bauantrag ein wichtiger Teil der Infrastruktur sei und dass in der Automatisierung von Prozessen auch qualitative Potentiale lägen.

Das Format „Architektenschaft trifft Bauaufsicht“ wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als guter Impuls für die Zusammenarbeit zwischen den Antragstellenden und Bauaufsichtsbehörden empfunden. Die AKNW wird das Format deshalb gerne fortführen.

Zur Präsentation „A trifft B... Der „perfekte“ Bauauftrag“ von Dipl. Ing: Georg Thomys

Zur Präsentation „A trifft B... Die neue Landesbauordnung“ von Dipl. Ing: Georg Thomys

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