Privatisierung des öffentlichen Wohnungsbesitzes

Mieterbund, Architektenkammer und DGB fordern wohnungspolitische Verantwortung!

Der DGB, die Architektenkammer NRW, der Deutsche Mieterbund NRW und das Aktionsbündnis „Zukunft der LEG“ (Mieterbeiräte der LEG, Betriebsrat der LEG u. a.) fordern die Landesregierung auf, sich ihrer wohnungspolitischen Verantwortung insbesondere für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten nicht zu entziehen. Der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, erklärte, die aktuellen Überlegungen zahlreicher Kommunen und großer Wohnungsgesellschaften, über Wohnungsverkäufe die Haushaltslage kurzfristig zu verbessern, bärgen für die Gesellschaft erheblichen sozialen Sprengstoff. „Die Bereitstellung angemessenen Wohnraums für sozial schwache Gruppen der Gesellschaft und eine nachhaltig angelegte Stadtentwicklungspolitik sind Aufgaben, die nicht einfach auf Private übertragen werden können“, betonte Miksch. „Langfristige gesellschaftliche Ziele dürfen nicht kurzfristigen finanziellen Erwägungen geopfert werden!“

16. Mai 2006

So wie die Einkommensschere immer weiter auseinander geht, spaltet sich auch der Wohnungsmarkt immer mehr auf. Für die große Zahl von Menschen, die über immer geringere Einkommen verfügen, stehen immer weniger preiswertere Wohnungen zur Verfügung. 

Die Zahl der Arbeitslosen in NRW ist nach wie vor hoch. Viele sind von SGB II Leistungen abhängig, das heißt, sie dürfen nur Wohnungen mit geringen Mieten beziehen. Die Realeinkommen sind – erst recht bei den unteren Gehaltsgruppen – gesunken. Die Mietbelastung ist gestiegen. Die Zahl der Rentner mit niedrigeren Einkommen wird drastisch ansteigen. Die Integrationsprobleme nehmen zu. Die soziale Wohnstruktur in unseren Städten und Gemeinden wird immer einseitiger. 

Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung  

  • die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen im Wohnungsbereich immer stärker einschränken will. (Zum Beispiel durch die Einschränkung von Belegungsrechten der Gemeinden durch die Abschaffung des § 5 a Wohnungsbindungsgesetz). 
  • die Schutzrechte der Mieter bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einschränkt (zum Beispiel durch die Abschaffung der Kündigungssperrfirstverordnung). 
  • die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) privatisieren will, das heißt u. a. über 100.000 Wohnungen in NRW verkaufen will und dies möglicherweise an Gesellschaften, die die Wohnungsbestände zur kurzfristigen Steigerung ihrer Renditen ausschlachten wollen. Die Landesregierung verzichtet hierdurch auf ein Instrument zur dringend notwendigen Steuerung auf dem Wohnungsmarkt und zur kommunalen Stadtentwicklung.  

Im Rahmen der Föderalismusreform sollen die Länder u. a. für den Wohnungsbau allein zuständig sein. Diese Kompetenzverlagerung macht es notwendig, dass das Land zu seiner wohnungspolitischen Verantwortung steht und seine Wohnungsbauinvestitionen – zumindest um den wegfallenden Bundesanteil – aufstockt. Die Wohnungspolitik darf nicht zum Steinbruch werden, sondern muss dazu beitragen, dass sich die Wohn- und Lebensbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen verbessern. 

Positionspapier der Architektenkammer NRW 

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat in einem Positionspapier umfassend Stellung bezogen zu der Frage der Privatisierung von Wohnungen der Öffentlichen Hand. Darin spricht sich die Architektenkammer grundsätzlich dafür aus, Aufgaben, die von Privaten erledigt werden können, konsequent in private Hand zu geben. „Die Wohnraumversorgung kann aber nicht allein den Kräften des Marktes überlassen werden“, forderte der Präsident der Architektenkammer NRW. Auch in Zeiten eines entspannten Wohnungsmarktes gebe es in zahlreichen Ballungsräumen, etwa den Großstädten am Rhein und einigen Universitätsstädten in Westfalen, Engpässe im Bereich günstiger Wohnungen für sozial schwächere Mieter. „Es ist abzusehen, dass der deutliche Rückgang der Investitionen in den öffentlich geförderten Wohnungsbau und das Auslaufen zahlreicher Bindungen in diesem Bereich die Lage für viele Mieter verschärfen wird“, prognostiziert die Architektenkammer. Für private Investoren sei dieses Segment des Mietermarktes nicht interessant - hier bleibe dauerhaft die Öffentliche Hand gefordert. 

In ihrem Positionspapier verweist die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen auch auf die steuernde Wirkung, die eine gezielte Wohnungsbaupolitik auf die städtebauliche Entwicklung und dauerhafte Stabilität unserer Städte und Gemeinden ausübe. Viele Wohnungsgesellschaften, die einer gesellschaftlichen Verpflichtung unterliegen, kümmerten sich mit qualifiziertem Quartiersmanagement gerade um sozial schwache und problematische Mietergruppen. „Solche Aufgaben kann ein Finanz-Investor niemals leisten, weil sie aufwändig sind und keine Rendite erwirtschaften“, betonte Hartmut Miksch.  

Die Architektenkammer bezieht in dem Positionspapier differenziert Stellung zum geplanten Verkauf der nordrhein-westfälischen Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Der große Wohnungsbestand des Unternehmens könne sicherlich an örtliche und regionale Wohnungsunternehmen veräußert werden, die durch ihre enge Bindung an die Mieterinnen und Mieter sehr gut in der Lage seien, die Wohnungen verantwortlich zu übernehmen und für untere und mittlere Einkommensgruppen dauerhaft zu bewirtschaften. „Der Wohnungsbestand der LEG darf aber keinesfalls en bloc an einen Großinvestor vergeben werden“, mahnte Kammerpräsident Miksch. Ein solches Vorgehen sei unverantwortlich gegenüber den Mietern und stelle insbesondere für problematische Stadtteile und Quartiere eine nicht zu verantwortende Gefahr dar. 

Miksch betonte, der LEG komme derzeit auch die wichtige Aufgabe zu, Strukturverbesserungsmaßnahmen zu koordinieren und innerstädtische Brachflächen zielgerichtet zu entwickeln. Dabei handele es sich oft um Brach- und Konversionsflächen, die für private Projektentwicklung wenig attraktiv seien. „Im Interesse einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung muss eine solche Aufgabe einer Institution übertragen werden, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist“, erklärte Hartmut Miksch.

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