Retrospektive: Das Erbe von Paul Schneider-Esleben (1915 - 2005)

Nachhaltige Moderne (1915-2005): Zum Tod von Paul Schneider Esleben

Am 19. Mai, kurz vor seinem 90. Geburtstag, ist der Düsseldorfer Architekt Paul Schneider-Esleben auf seinem Gut am Tegernsee gestorben. Schneider-Esleben hat die Landeshauptstadt Düsseldorf in der Nachkriegszeit mit modernen, innovativen und gewagten Gebäuden geprägt und bereichert und an vielen weiteren Stellen in NRW seine Spuren hinterlassen. - Ein aktueller Beitrag in unserer Reihe „Retrospektive - Architekten in NRW“.

15. Mai 2005von Gudrun Escher

Dass zwei der Bauwerke, die den Ruhm von Paul Schneider-Esleben begründen, noch heute in Düsseldorf begutachtet werden können, ist keine Selbstverständlichkeit. Beide kann man mit Fug und Recht als „High-Tech-Architektur“ bezeichnen, für die zu ihrer Entstehungszeit noch keine gesicherten Erfahrungswerte vorlagen. Aber nicht nur das Entwurfskonzept hat über die Jahre Stand gehalten, sondern auch die Substanz. Sowohl die Haniel-Garage als auch das so genannte Mannesmann-Hochhaus verdanken ihre Erhaltung und Sanierung dem außergewöhnlichen Engagement späterer Eigentümer und der beteiligten Architekten und Denkmalpfleger. Die Qualität der detailgenauen Planung und Ausführung machte es in beiden Fällen möglich, sehr nahe am Original zu bleiben. Die Haniel-Garage, 1949-52 im Auftrag von Franz Haniel als Park-and-ride-Garage samt Motel nach amerikanischem Vorbild geplant, hatte nach Jahren der Verwahrlosung das Glück, an den Büropark Grafenberg anzugrenzen und 1993 in das diesbezügliche Parkkonzept einbezogen zu werden. Um die Erneuerung kümmerten sich die Architekten Giese, Bohne und Partner, die das auf Le Corbusier‘sche Pilotis aufgeständerte Motel für ihr Büro umbauten. Die Garage erhielt Isolierverglasung mit Frischluftschlitzen in neuen Aluminiumrahmen, und auf den kühn an den Kragarmen des Daches aufgehängten, außen liegenden Rampen ersetzt rutschfester Belag die Bodenheizung - ansonsten sieht alles unverändert aus. Bis heute sind die Parkplätze jedoch nicht voll genutzt, im Erdgeschoss ist Fast-Food eingezogen. 

Leichtigkeit und Eleganz
Das 1955-1958 errichtete Hochhaus der Mannesmann-Röhrenwerke und sein Pendant, die Hauptverwaltung von Peter Behrens, profiterten jüngst von dem neuen Schwung, den die Übernahme durch Vodafone mit sich brachte. 2000-2002 investierte man in eine Sanierung dieses Wahrzeichens des Unternehmens, obgleich das Hochhaus ein ineffizientes Nutzflächenverhältnis aufweist und statt 700 Arbeitsplätzen heute nur noch 400 bietet. Aber deren Qualität wird von den Mitarbeitern hoch geschätzt. Das in Geometrie, Materialität und Farbstimmung runderneuerte Original ist dem heutigen Bauherrn wie den ausführenden Architekten von RKW zu verdanken. Kühldecken, Quelllüftung, Sprinkler- und Klimaanlage, Verbundglas und Wärmedämmung sind neu, ließen sich aber in das System der Vorhangfassade mit Stahlsandwichpaneelen integrieren. In seiner Leichtigkeit und Eleganz präsentiert sich der schlanke Turm wie ehedem, bauphysikalisch stabil verankert in dem betonierten Kern. 

Offen für neue Entwicklungen
Trotz internationaler Anerkennung gehörte Paul Schneider-Esleben nie zu den in Düsseldorf etablierten Büros, weder auf Seiten der Konservativen um Julius Schulte-Frohlinde und Friedrich Tamms noch zum „Ring“ um Bernhard Pfau. Aufgewachsen war er mit der Denkmalpflege im Büro seines Vaters, dessen Arbeit er 1948 an Schloss Lembeck weiterführte. Studien in Darmstadt und Stuttgart und die Arbeit bei Rudolf Schwarz prädestinierten ihn nicht zum Stahlarchitekten, aber die Präzision und das sorgfältige Komponieren auf Basis des Faktischen boten gute Voraussetzungen. Der Einstieg gelang mit dem Ausstellungspavillon der Stahlfirma Hein Lehmann für die Hannover-Messe 1948/49 als leichte Konstruktion in Metall und Glas, die dort Furore machte. 1956 baute Schneider-Esleben für dieselbe Firma in Monheim-Baumberg doppel-geschossige Reihenhäuser unter Pultdach mit Panoramafenstern. Sein letzter Großauftrag galt 1966-70 dem Flughafen Köln-Bonn. Seither stand das ländliche Bauen in Südfrankreich und im Voralpenland im Mittelpunkt, wo er am Tegernsee ein historisches Bauernhaus seinen Raumideen anverwandelte mit Stahlstützen und zeitgenössischen Kunstwerken.

Objekte von Paul Schneider-Esleben auf baukunst-nrw:
Haniel-Garage in Düsseldorf
St. Rochus in Düsseldorf
Mannesmann-Hochhaus in Düsseldorf

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