Präsident Ernst Uhing (r.) begrüßte Europaminister Nathanael Liminski. - Foto: Ingo Lammert/Architektenkammer NRW

Nachhaltiger bauen für Morgen!

Die politischen Rahmenbedingungen für das Bauen in Deutschland müssen jetzt schnell und konsequent auf CO2-Neutralität hin umgestaltet werden. Diese Forderung zog sich als roter Faden durch die Diskussionen des NRW-Architektenparlaments, das am 12. Oktober in Düsseldorf zu seiner Jahrestagung zusammengetreten war. „Es ist ein großer berufspolitischer Erfolg der Architektenkammern, dass die Bundesregierung jetzt den ‚Gebäudetyp-E‘ auf den Weg gebracht hat“, betonte AKNW-Präsident Ernst Uhing vor den Delegierten der 72. Vertreterversammlung (VVS) der NRW-Architektenschaft.

16. Oktober 2024von Christof Rose

Ergänzend müsse eine ‚Oldtimerregelung‘ für die Sanierung und Weiterentwicklung des Gebäudebestandes eingeführt werden, die ermöglichen solle, Bestandsentwicklungen mit den baurechtlichen Auflagen der Entstehungszeit zu realisieren.

„Nur wenn sich Investitionen in alte Gebäude lohnen, werden Eigentümer und Investoren die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Sanierungen vorzunehmen und damit den CO2-Ausstoß alter Bauten zu reduzieren“, unterstrich der Präsident der größten deutschen Architektenkammer.

„Bauen für Morgen“

Unter dem Titel „Bauen für Morgen“ beschloss die Vertreterversammlung ein Strategiepapier, in welchem die Kammer 15 konkrete Vorschläge pointiert formuliert, die dazu beitragen sollen, dass in Deutschland schnell nachhaltiger und klimagerecht geplant und gebaut werden kann. Als Vorsitzender der „Strategiegruppe Nachhaltigkeit“ der Kammer unterstrich Vorstandsmitglied Manfred Krick: „Ein Umdenken ist dringend erforderlich, und wir wollen zeigen, wie es geht.“ Zu den Forderungen der AKNW gehört eine Fokussierung auf den Gebäudebestand sowie ein Gebäudepass als Datenbank aller Rohstoffe, die in Gebäuden verbaut werden. „Gebäudepass und Ökobilanz müssen als bautechnische Nachweise in der BauO NRW verankert werden“, so die VVS.

Liminski: Blau-grüne Infrastruktur stärken!

Eine Stärkung der blau-grünen Infrastruktur in unseren Städten und Gemeinden forderte auch der nordrhein-westfälische Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien, Nathanael Liminski, den AKNW-Präsident Ernst Uhing als Gastredner zur VVS begrüßen konnte. Liminski, der auch Chef der NRW-Staatskanzlei ist, lenkte in seiner Ansprache den Blick der Delegierten auf die europäische Dimension des Planungs- und Bausektors. „In Fragen des nachhaltigen Umbaus unserer gebauten Umwelt benötigen wir auf europäischer Ebene mehr Forschung und Entwicklung“, sagte Liminski unter dem Applaus des NRW-Architektenparlaments.

Kritisch wertete Europaminister Liminski die „ausufernden Vergabevorschriften“, die allen Beteiligten Sorge machten. Er warb für eine Dynamisierung der Vergabeschwellen, damit nicht immer mehr Projekte europaweit ausgeschrieben werden müssen. Grundsätzlich müsse immer wieder dafür geworben werden, den Binnenmarkt in der EU zu stärken. „Wir in Deutschland und noch mehr wir in NRW profitieren von dem grenzüberschreitenden Austausch und Handel“, unterstrich der nordrhein-westfälische Europaminister. Davon würde auch der Planungs- und Bausektor profitieren. Er rief die NRW-Architektenschaft dazu auf, die großen Projekte der Transformation kooperativ anzupacken - etwa die Entwicklung des Rheinischen Reviers. „Wir wollen Zukunftsräume schaffen. Lassen Sie uns das gemeinsam voranbringen“, rief Minister Liminski unter dem Applaus der Delegierten.

HOAI angemessen für alle novellieren!

Die Worte des Ministers machten Mut, knüpfte AKNW-Präsident Ernst Uhing an die Rede von Nathanael Liminski an. Uhing zeigte sich erfreut, dass auch der NRW-Europaminister betont habe, dass Planungsleistungen gewürdigt und angemessen bezahlt werden müssen. Dazu brauche es eine Weiterentwicklung der HOAI. Der aktuelle Novellierungsentwurf sehe erfreulicherweise eine überfällige Aufwertung der Flächenplanung vor. „Es darf aber im Gegenzug keine Absenkung der Objektplanung geben, da dürfen wir uns nicht auseinanderdividieren lassen“, rief Uhing unter dem Applaus der Delegierten.

Bundesregister Nachhaltigkeit geht an den Start

Die Vorbereitungen für ein bundesweites Register Nachhaltigkeit seien weit gediehen, berichtete Vorstandsmitglied Claus Klein der Vertreterversammlung. „In einer einmaligen Form der Länderkooperation schaffen wir ein Register besonders qualifizierter Kolleginnen und Kollegen – exklusiv für Mitglieder der deutschen Kammern“, führte Klein aus. Eine Vorab-Onlineversion sei unter www.bundesregister-nachhaltigkeit.de einsehbar. Der offizielle Start des Registers und einer begleitenden Info-Kampagne sei für November vorgesehen. „Wir wollen der Politik und der Gesellschaft zeigen, dass die Architektenschaft bereitsteht, den notwendigen Umbauprozess unserer gebauten Umwelt voranzubringen“, konstatierte Claus Klein.

Anträge zur Berufspolitik

In ihrer ganztägigen Sitzung diskutierten und verabschiedeten die AKNW-Delegierten eine große Zahl berufspolitischer Anträge, in welchen sich das breite Themenspektrum der aktuell rund 32.500 Architektinnen und Architekten, Innenarchitekt*innen, Landschaftsarchitekt*innen sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner in NRW widerspiegelte.
Auch soll darauf hingewirkt werden, das Ausufern überkomplexer Vergabeverfahren einzudämmen. Dies soll über geeignetes Informationsmaterial und Beratungsangebote an die Ausloberseite sichergestellt werden.

Die Einführung des sogenannten „Bau-Turbo“-Paragrafen 246e ins Baugesetzbuch, mit dem die Bundesregierung baurechtliche Vorgaben bis Ende 2026 lockern will, um den Neubau von Wohnraum zu beschleunigen, lehnte die VVS einstimmig ab. Die Regelung würde negative soziale, ökologische und baukulturelle Auswirkungen zeitigen. Besser sei es, ungenutzte Potenziale im Bestand leichter nutzbar zu machen.

Auch einen Appell an den Berufsstand selbst formulierte das NRW-Architektenparlament: „Gleiche Löhne für gleiche Leistungen“ müsse das Ziel eines kollegial und solidarisch aufgestellten freien Berufes sein. Der in Erhebungen immer noch festgestellte Gender-Pay-Gap müsse konsequent geschlossen werden.

Haushalt `25 verabschiedet

Der Haushaltsplan der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen sieht für das Jahr 2025 einen Umfang von 11,8 Millionen Euro vor. Trotz Ausgabeneinsparungen u.a. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit wurden – bedingt durch viele zusätzliche Aufgaben der Kammer und die notwendige Digitalisierung – Mehrausgaben nötig, die eine Mitgliedsbeitragserhöhung erforderlich machen. Der Grundbeitrag wird damit im kommenden Jahr 306,50 Euro betragen. „Damit gehören die Kammerbeiträge in NRW im bundesweiten Vergleich weiterhin zu den niedrigsten“, hob Friedrike Proff als Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Architektenkammer NRW hervor.

Versorgungswerk 2.0

Das Versorgungswerk der AKNW wies im zurückliegenden Jahr eine Bilanzsumme von 13,7 Milliarden Euro auf. Alle Kennziele wie die Erreichung des Rechnungszinses, die Stärkung der Reserven und ein Zuwachs bei den Beitragseinnahmen konnten erreicht werden, erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses, Wolfgang Zimmer. „Ich sehe unser Versorgungswerk in einer sehr guten Verfassung.“ Indiz hierfür ist u. a. der im Jahr 2023 erzielte Rohüberschuss von rund 555 Millionen Euro. Laut Beschluss der VVS werden Anwartschaften und Renten ab dem 01.01.2025 erneut mit 2% dotiert.

Die Vertreterversammlung beschloss zudem einige wesentliche Änderungen für das Versorgungswerk, die dazu führen sollen, die Einbindung der angeschlossenen Kammern zu verbessern und den Versicherungsbetrieb insgesamt weiter zu professionalisieren. Die Aufsichten der angeschlossenen Kammern hätten zugesagt, das Rechtsverhältnis künftig über Staatsverträge zu sichern, erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses, Wolfgang Zimmer. Wichtig: Für die Versicherten ergeben sich aus den projektierten strukturellen Änderungen keine Auswirkungen. Das Leistungsrecht bleibt unverändert.

Neue Vorstandsmitglieder

Mit Standing-Ovations verabschiedete die Vertreterversammlung der AKNW das langjährige Vorstandsmitglied Jochen König. Der Vorsitzende des Ausschusses „Wettbewerb und Vergabe“, der 1992 das erste Mal in die VVS gewählt worden war, hatte seinen Rücktritt erklärt. Ebenso hatte der Kölner Architekt Georg Wintgen seine Ämter in der AKNW aus persönlichen Gründen niedergelegt. Die Delegierten dankten beiden Architekten für die langjährige, engagierte ehrenamtliche Arbeit und wählten Harald Wennemar (Architekt BDA, Düsseldorf) und Angelika Becker (Architektin BDB, Dortmund) neu in den Kammervorstand.

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