Simon Gellert stellte das „Lindenforum Gummersbach“ vor, das mit dem Schulbaupreis 2018 ausgezeichnet wurde - Foto: Jörg Hempel

Neue Schulbauten in Holz

„Schulen sind nicht nur Lernräume, sondern auch Lebensräume!“ – Mit diesen Worten eröffnete Klaus Brüggenolte, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, am 20. Oktober das Architektur-Forum des „Forum Holzbau Urban“ im Kölner Gürzenich und machte sogleich deutlich, weshalb die Vorträge in diesem Jahr dem Thema „Bauten für Bildung und Erziehung“ gewidmet waren

27. Oktober 2021von Lea Pawelzik

Brüggenolte hob die Bedeutung von guten Schul- und Kitabauten als Standortfaktor für die Stadtentwicklung hervor. Schließlich gehöre die Bildung der Jüngsten zu den wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben; und damit auch das Schaffen von zeitgemäßen Lernräumen. Das Thema Holz spiele dabei eine wichtige Rolle, denn wer heute über nachhaltiges Planen rede, der komme am Holzbau nicht vorbei.

Eine Einschätzung, die auch der Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Gerold Reker, teilte. Er berichtete den rund 100 anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem von der Initiative „Holzbau-Cluster Rheinland-Pfalz“, mit dem die Holz- und Planungsbranche in unserem Nachbarbundesland seit 2009 dafür werbe, die Holzbaubranche zu stärken und vorhandene Netzwerkstrukturen weiter zu entwickeln. „Durch innovative Referenzprojekte sollen ‚Leuchttürme‘ entstehen, die sowohl nach innen in die Holzbaubetriebe, als auch nach außen in die Öffentlichkeit strahlen“, erklärte Gerold Reker.

Schulen für moderne pädagogische Konzepte

Den diesjährigen Themenschwerpunkt des von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gestalteten Architektur-Forums „Bildungsbauten“ beleuchtete einführend Vera Lisa Schneider vom NRW-Schulministerium. Sie sprach über „Pädagogik und Architektur“ und erläuterte, was aus Sicht des Ministeriums ein gutes Schulgebäude ausmacht. „In einem guten Schulgebäude lernt man besser“, stellte Schneider fest und erklärte, dass sich die Anforderungen an Bildungsbauten in den letzten Jahren deutlich gewandelt haben. Zum einen gehe die Tendenz zur Ganztagsschule, weshalb Mensen und Räume für die Hausaufgaben geschaffen werden müssten. Zum anderen habe sich auch die Lehre ganz neu aufgestellt – nicht nur in Bezug auf das Lernen mit digitalen Medien, sondern auch hinsichtlich neuer Lehrformen. Während früher der frontale Unterricht der Standard war, hätten sich heute neue pädagogische Konzepte durchgesetzt, die andere Raumformen forderten und die beim (Neu-)Bau Berücksichtigung finden sollten. Unter den Stichworten „Klassenraum Plus“, „Cluster“ und „Offene Lernlandschaft“ stellte Vera Lisa Schneider verschiedene Klassenraumtypen vor.

Drei Projektbeispiele aus der Praxis

Simon Gellert vom Büro Hausmann Architekten aus Aachen präsentierte das mit dem Schulbaupreis 2018 ausgezeichnete „Lindenforum“ in Gummersbach, das mittlerweile seit fünf Jahren in Betrieb ist. Die Aufgabe sei der Bau von einer Mensa sowie von Freizeiträumen gewesen. Der von Hausmann ausgearbeitete Entwurf habe aber auch das umliegende Quartier mit einbezogen, um ein Gebäude zu schaffen, das sich zur Stadt öffnet und dieser neuen Raum gibt. Errichtet wurde es in Holztafelbauweise mit einer durchlässigen Hülle aus Holzlamellen.

Prof. Ulrich Graffelder von rheintreuearchitekten aus Köln referierte über die ebenfalls in Holztafelbauweise errichtete Kita „Rheindampfer“, die 2020 vom NRW-Familienministerium und der Architektenkammer NRW mit dem „Kitapreis NRW“ ausgezeichnet worden war. Prof. Graffelder berichtete auch von den Schwierigkeiten, die sich im Rahmen des Baus ergaben. So habe beispielsweise in der Planungsphase kein pädagogisches Programm vorgelegen, da noch nicht klar war, wer die Kita betreiben würde. Daher hätte ein räumliches „Passepartout“ für sämtliche pädagogischen Konzepte Anwendung gefunden. Prof. Graffelder wies auch darauf hin, dass die Raumakustik unter den hohen Anforderungen der DIN 18041 im Holzbau eine konstante Herausforderung sei.

Das dritte Praxisbeispiel stellte die Architektin Dagmar Grote vom Büro farwick+grote aus Ahaus vor. Die Gesamtschule Münster-Ost entsteht als Neubau für rund 1400 Schülerinnen und Schüler - und befindet sich gegenwärtig noch im Bau. Hier konnte die Architektur passgenau zu einem vorgegebenen Pädagogischen Konzept entwickelt werden, das auch Anforderungen zur Inklusion beinhaltete. Nach dem Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ entspricht das Gebäude dem Zertifikat Silber. Grote unterstrich in diesem Zusammenhang die Vorbildfunktion von Schulen in der Vermittlung zu Fragestellungen des Klimawandels. Besonderen Wert habe das Büro auf eine maximale Sichtbarkeit der Holzkonstruktion gelegt.

Pro und Contra des Holzbaus

Abschließend kamen alle Referent*innen zu einer Diskussionsrunde auf dem Podium zusammen. „Wenn Sie im Holzbau arbeiten, brauchen Sie ein leistungsstarkes Team“, verdeutlichte Dagmar Grote als Antwort auf eine Frage zur Zusammenarbeit im Projekt. Bauphysik, Tragwerk und Brandschutz seien die Knackpunkte im Holzbau und erforderten die Zusammenarbeit verschiedener Fachleute. „Man muss mutig denken und Standards hinterfragen“, bekräftigte Simon Gellert hinsichtlich des Pro-und-Contra vom Holzbau zum Massivbau. Auch im Hinblick auf den Einsatz von BIM im Holzbau sehe er die Gefahr, zu sehr in Standards zu denken. Auch Dagmar Grote und Prof. Ulrich Graffelder standen dem Einsatz von BIM im Holzbau eher kritisch gegenüber.

Das von der Architektenkammer NRW organisierte Architektur-Forum war einer von mehreren Themenblöcken des Kongresses, die sich unter anderem den Themen Aufstockung, Revitalisierung, Modulbauweisen und Brandschutz widmeten. Am Morgen hatte bereits NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach in einem Impulsreferat über verschiedene Holzbauprojekte in NRW gesprochen, welche die neue Ausrichtung der „Baupolitischen Ziele des Landes NRW“ auf das Thema Nachhaltigkeit und neue Recycling-Konzepte wie „Cradle to Cradle“ verdeutlichen könnten.

 

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