NRW wohnt: Lebendige Nachbarschaften ausgezeichnet
Bürger, die ihr Mehrgenerationenwohnen selbst organisieren; Initiativen, die sich Strategien für mehr Respekt und gute Nachbarschaft überlegen; Nachbarn, die in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit einen Gemeinschaftsgarten anlegen; oder Bewohner eines Stadtteils, die nicht hinnehmen wollen, dass die Nahversorgung vor Ort im Argen liegt und deswegen einen Stadtteilladen gründen. - Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zeichnete am 20. April 2009 in Kooperation mit den NRW-Ministerien für Bauen und Verkehr sowie für Generationen, Familie, Frauen und Integration herausragende Initiativen aus, die sich für ein besseres nachbarschaftliches Miteinander stark machen. „Wohnen bezieht sich nicht nur auf die gebaute Umwelt. Wohnqualität hat auch ganz entscheidend mit den Menschen, den Nachbarinnen und Nachbarn zu tun“, sagte Kammer-Präsident Hartmut Miksch anlässlich der Preisverleihung auf der Dortmunder Zeche Zollern. Die Auszeichnungen gingen an Projekte in Bielefeld, Düsseldorf, Köln und Wuppertal.
In Zeiten des demografischen Wandels, der Zunahme von Ein-Personen-Haushalten und der stellenweise noch ungeklärten Integration von Zugewanderten in die Wohnbevölkerung gewinnen aktive und gelebte Nachbarschaften immer mehr an Bedeutung. Lebendige Nachbarschaften bieten Einbindung und Geborgenheit, geben Sicherheit und praktische Hilfen für den Lebensalltag. „Lebendige Nachbarschaften – Wir in unserem Quartier“ lautete der Titel des Auszeichnungsverfahrens, das die Architektenkammer und die Ministerien im Herbst 2008 ausgelobt hatten. Beteiligen konnten sich Vereine und Initiativen, aber auch Institutionen und wohnungswirtschaftliche Verbände, die vor Ort das Engagement für ein verbessertes Zusammenleben bündeln. Zielgedanke war es, mit dem Verfahren den Einsatz von Bürgern oder Einrichtungen für ihr Viertel zu honorieren. „Und es hat sich gezeigt, dass wir mit der Themenstellung einen Nerv getroffen haben“, urteilte Kammerpräsident Miksch.
Eingereicht wurden 48 Arbeiten aus ganz Nordrhein-Westfalen. Sie dokumentieren Projekte, die verschiedenste Problemstellungen im Dorf, im Viertel oder Stadtteil auf kreative Art und Weise lösen. Dabei belegen sie ein breites Spektrum von sozialen, architektonischen, städtebaulichen und verkehrlichen Aspekten. Eine unabhängige Jury wählte sechs Projekte zur Auszeichnung aus. „Alle Einreichungen zeugen von einer großen Vielfalt und einem hohen Niveau gesellschaftlichen und institutionellen sozialen Engagements“, lobte NRW-Bauminister Lutz Lienenkämper die vorgeschlagenen Projekte und Maßnahmen. „Dieses Auszeichnungsverfahren bringt uns in einer wichtigen Frage voran, nämlich bei der ganzheitlichen Betrachtung von Wohnquartieren und Siedlungen“, urteilte Lienenkämper. Es gehe darum, das Zusammenleben zu verbessern, soziale Kontakte zu fördern und den Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Diese Ziele verfolge das Bauministerium auch mit dem erfolgreichen Programm „Soziale Stadt“. Es sei wichtig, das Eigenengagement der Menschen zu stärken. „Wir brauchen Beteiligungsstrukturen und Ideen, wir brauchen ein Umdenken von einer passiven Erwartungshaltung hin zu einem aktiven Mittun“, betonte der nordrhein-westfälische Minister für Bauen und Verkehr.Für den Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW) zog Roswitha Sinz ein positives Fazit unter das Auszeichnungsverfahren. „Wir sehen hier sehr gute Vorschläge, wie man mit wenig Mitteln, aber guten Ideen und viel Engagement Erfolgreiches schaffen kann.“ Die Wohnungswirtschaft habe die Bedeutung solcher sozio-kultureller Nachbarschaftsprozesse erkannt und an vielen Orten Maßnahmen initiiert und gefördert. Die eingereichten Arbeiten bewiesen, dass man hier auf dem richtigen Weg sei. Der VdW werde die Beispiele als Anregung an seine Mitglieder kommunizieren.
„Mein Nachbar ist Kleinsparer, Systemspieler und Teilzeit-Größenwahnsinniger...“ Mit scharf beobachteten Szenen des typischen Miteinanders in Siedlungen des Ruhrgebiets sorgt Fritz Eckenga für unterhaltsame Momente während der feierlichen Preisverleihung. Der Ruhrgebiets-Kabarettist mokierte sich über die Arbeitszeiten von Bauarbeitern, die Integrationskritik eingedeutschter Polen an neudeutschen Türken und das sozialpflegerische Potenzial von Baumärkten.Das Auszeichnungsverfahren „Lebendige Nachbarschaften – Das gute Quartier“ wurde im Rahmen der Aktionsplattform „NRW wohnt“ ausgelobt, mit der sich die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen seit Ende 2007 dafür einsetzt, öffentliche Diskussionen und einen lebhaften Austausch über das Themenfeld „Wohnen und Leben“ zu initiieren und zu befördern. Auf dezentralen Diskussions- und Präsentationsveranstaltungen sowie im Rahmen von Preisverfahren kommen Fachleute und Laien, Bürger und Vertreter aus Politik und Verwaltung miteinander ins Gespräch. Das aktuelle Verfahren fokussiert sich ganz bewusst nicht auf gestalterische Aspekte, sondern auf infrastrukturelle Zusammenhänge im Quartier. Die gleichrangigen Auszeichnungen gingen an folgende Projekte:
Bielefeld
„Dorf in der Stadt: Bürger nehmen Ortsentwicklung in die Hand“
Initiativkreis Deppendorf-Schröttinghausen; Förderverein Freibad Schröttinghausen.
Begründung der Jury: „Die Jury würdigt bei diesem Projekt die Verantwortung für den Erhalt und die Stabilität des Ortsbildes...“
Düsseldorf
„Ein Schmuckstück für alle: Der Gemeinschaftsgarten Ellerstraße“
Oberbilker Stadtgärtner e. V.; Stadtteilbüro Flingern/Oberbilk.
Jury: „Die Jury würdigt das bürgerschaftliche Engagement, das durch die Umwandlung einer Brache in einen Nutz- und Freizeitgarten zur Aufwertung eines problematischen Viertels beiträgt und für vergleichbare innerstädtische Situationen Vorbildcharakter besitzt.“
Köln
„Leben im Alter im geliebten Quartier: Das „SeniorInnenparadies 2030“
Initiative „Südstadt 2030“.
Jury: „Die Kölner ,Initiative Südstadt’ macht auf Probleme altersgerechten innerstädtischen Wohnens und damit auf eine langfristige demografische Entwicklung (...) aufmerksam.“
Wuppertal
„Engagement für das Stadtteil-Image: Treppen-Kunst im Ostersbaum“
Nachbarschaftsheim Wuppertal e. V. / Stadtteilbüro Ostersbaum; Stadt Wuppertal.
Jury: „Durch seine Nachhaltigkeit hat sich das Projekt über eine Laufzeit von zehn Jahren bewährt. Der Beitrag ist ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung eines Kunstprojekts im öffentlichen Raum...“
Wuppertal
„Nachbarn für Nachbarn - Ein Netzwerk für alle Fälle“
Nachbarn für Nachbarn e. V.; Wuppertaler Bau- und Sparverein; Barmer Wohnungsbau AG.
Jury: „Die Jury würdigt vor allem den ehrenamtlichen und damit kostenlosen Charakter des Projekts, das über die sonst üblichen Nachbarschaftsangebote der Wohnungswirtschaft hinausgeht und in dieser Form beispielgebend ist.“
Zu dem Auszeichnungsverfahren ist eine Ausstellung sowie eine Dokumentation erschienen. Diese kann kostenlos bei der Architektenkammer bestellt werden. (Architektenkammer NRW, Zollhof 1, 40221 Düsseldorf; poststelle@aknw.de).
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