Poveglia - die Geisterinsel von Venedig

Der Titel weckte leichte Schauer-Assoziationen: Mit der Wiederbelebung der unbewohnten Insel Poveglia befasste sich der internationale Workshop, zu dem die Stiftung Deutscher Architekten vom 30. September bis zum 6. Oktober 22 junge Absolventinnen und Absolventen nach Venedig eingeladen hatte. Kooperationspartner war die Università Iuav di Venezia (IUAV) mit ihrer Architekturfakultät.

13. Oktober 2022von Vera Anton-Lappeneit / Christof Rose

Im Rahmen eines umfangreichen Programms wurden die Teilnehmenden an die Geschichte und städtebauliche Entwicklung der Hauptinsel Venedigs mit den verschiedenen zugehörigen Inseln in der Lagune herangeführt. Anschließend entwickelten sie vor Ort auf der Klosterinsel San Servolo spannende Konzepte und Ideen zu der gestellten Aufgabe.

Betreut wurde der Workshop von Prof. Donatella Fioretti (Kunstakademie Düsseldorf), Prof. Rolf Westerheide (Vorstandsmitglied AKNW) und seitens der IUAV von Prof. Marco Pogacnik und Prof. Sergio Pascolo.

Poveglia per Tutti

Am Beispiel der verlassenen venezianischen Insel Poveglia, die sich auf Grund ihrer Vergangenheit und des verfallenden Gebäudebestands einer ehemaligen Psychiatrie als „Geisterinsel“ einen zweifelhaften Ruf erworben hat und sich heute im Spannungsfeld der wirtschaftlichen Interessen von Investoren und einer Bürgerinitiative „Poveglia per Tutti“ zum Erhalt der Insel für die Bevölkerung befindet, wurden baukulturelle und gesellschaftlich relevante Themen in fünf kleinen Arbeitsgruppen bearbeitet. Dabei standen vor allem die Themen Klima- und Hochwasserschutz, Resilienz in der Stadtentwicklung sowie der dramatische „Übertourismus“ in der Lagunenstadt im Vordergrund.

Originell und provokative Konzepte

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops entwickelten in knapp zwei Tagen spannende, teilweise auch provokante und überraschende Ideen und Konzepte. Mit dem Titel „COVEGLIA – Ein Stein im Wasser, der Wellen schlägt.“ entstand der Vorschlag, auf der Insel ein Reallabor zur Kommunikation und Kooperation zu gründen.

„Alles bleibt – aber besser!“ schlug eine andere Gruppe vor. Es soll die Wildheit der Insel erhalten bleiben und einen Studiengang der IUAV für „archäologische Politikwissenschaften“ entstehen. Teile des Gebäudebestand würden erhalten und für wissenschaftliche Zwecke nutzbar sein. Andere Teile sollen als Ruinen Zeitzeugen bleiben.

Für das Thema Übertourismus und die Möglichkeit, einen ökologischen und gesellschaftlich vertretbaren Tourismus, aber auch zeitlich begrenztes Wohnen zuzulassen, fand eine Gruppe die Antwort: „Auf Poveglia ist jeder Gast.“

Mit einem „Manifesto: Occupy Poveglia“ entwarf eine weitere Gruppe zwei unterschiedlich radikale Szenarien zur Aneignung der Insel und Bildung eines neuen gesellschaftlichen Systems, das den Naturraum schützt und das sich von Poveglia ausgehend verbreitet.

„Elysium – Die Insel der Verrückten“ war schlussendlich der Vorschlag, ein „Raster für Alles“ zu entwickeln. Von Poveglia ausgehend sollen Wissenschaftler städtebauliche und politische Strukturen schaffen, die als Raster auf der Insel genutzt werden können und sich von Poveglia aus über die ganze Welt erstrecken können. Utopie oder Dystopie?

Unheimlich gut: Dokumentation

Wenn Sie neugierig geworden sind und mehr über die Ideen, Konzepte und Vorschläge der jungen Planerinnen und Planer wissen wollen: Die Ergebnisse werden ausführlich in einer Dokumentation dargestellt und erläutert. Die Dokumentation können Sie nach der Veröffentlichung über die AKNW oder die Stiftung Deutscher Architekten erhalten.

 

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