Elmar Schossig entwickelt mit der Industrie Produkte für Architekturen

Produktdesign im Kontext

Architektonische Entwürfe werden überwiegend mit vorhandenen Bauprodukten aus dem Regal gebaut. Sonderkonstruktionen und individuelle Sonderanfertigungen sind immer noch die Ausnahme und gelten als teuer und aufwändig. Dass man in der Praxis auch den Mittelweg beschreiten kann, indem man als Architekt das Eine mit dem Anderen zu verbinden versteht und individuelles Produktdesign in Kooperation mit der Industrie im Kontext entwickeln kann, beweist mit vielen Produktentwicklungen für Architekturprojekte der Kölner Architekt Elmar Schossig. - Ein Beitrag der Serie „Architekten in ungewöhnlichen Berufsfeldern“.

01. Juli 2005von Interview: Till Wöhler

Herr Schossig, wie sind Sie darauf verfallen, selber Bauprodukte zu entwickeln?

Es gibt eine Vielzahl und oft sehr unterschiedliche Gründe, die den Anstoß für neue Produkte geben. Der Produktbaustein zur Umsetzung einer Idee war für mich meist ein Hauptgrund. So kam es beispielsweise zu dem neuen Alu-Gusshalter für das Karstadt Warenhaus in Gütersloh. Da eine unsichtbare Halterung in Verbindung mit den neuen Ornament-Glasplatten technisch nicht möglich war, musste ein passender Halter selbst designt werden. Der Markt hatte hier keine passenden Produkte. Aber es gibt auch abstraktere Fälle, bei denen sich die Auseinandersetzung zunächst im Bereich neuer Strategien bewegt. Hier erfolgt der konkrete Design-Schritt dann in zweiter Linie.

Welche Bedeutung hat Ihre Arbeit für das Bauen im allgemeinen und für die Architektur im Besonderen?

Da ich mich nicht vorrangig als Designer im Verständnis eines Industrie- oder Möbeldesigners sehe, sondern das Design und die neuen Produkte als Antwort auf vielfach komplexe Aspekte in der Architektur betrachte, liegt die Bedeutung oft im Allgemeinen und nicht nur im Speziellen. Konkret heißt das, die Neuentwicklungen sind übertragbar und von vielen anwendbar. Ich glaube, die Hauptbedeutung der bisherigen Arbeit in diesem Bereich liegt im integralen Ansatz und der interdisziplinären Vorgehensweise. Genau das unterscheidet die Arbeitsweise von der eines klassischen Designers. Die Ergebnisse und somit auch die Produkte sind sehr stark aus dem Gesamtzusammenhang eines Gebäudes entwickelt.

Gehen diese Produkte „in Serie“?

Die projektbezogene Umsetzung ist häufig der erste Schritt. Wegen der oft hohen Kosten z. B. für Werkzeuge wird eine Serienproduktion oft angestrebt. Die Prototypenfertigung und dann vor allem die Werkzeuge sind aber immer ein gewichtiger Kostenfaktor. Ist ein konkreter Auftrag mit einer relevanten Stückzahl gegeben, dann lässt sich das Risiko für den Hersteller kalkulieren. Bei vielen Herstellern ist so über die Zeit eine ganze Produktpalette entstanden.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Industrie aus?

Meine Erfahrungen sind hier vorrangig positiv. Die Industrie ist gegenüber guten Ideen meist aufgeschlossen. Dies betrifft zumindest das klassische Einzelprodukt. Wenn wir uns im Bereich komplexerer Lösungen bewegen, bei denen zwei oder noch mehr Hersteller an einer Lösung zusammenarbeiten müssen, wird es zwangsläufig etwas schwieriger. Die Industrie hat in zunehmender Weise erkannt, dass der Architekt als Generalist in Sachen Architektur die besten Voraussetzungen mitbringt, um stimmige neue Produkte zu entwickeln und zu gestalten. Multifunktionale Aspekte im Design zu berücksichtigen ist eine Stärke, die wir Architekten einbringen können. Auf der Orgatec 2004 in Köln habe ich beispielsweise in Zusammenarbeit mit drei renommierten Firmen den Prototypen der TEC-Wall vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Akustik-, Klima- und Lichtwand, die sehr wandlungsfähig ist und vor allem sehr emotional.

Können Architekten in diesem Berufsfeld ein wichtiger und geschätzter Partner der Industrie werden?  

Ich bin sicher, dass sie dies können. Die Industrie hat sehr wohl erkannt, dass der Dialog und die Zusammenarbeit mit Architekten sehr schnell zu Ergebnissen führen kann und dass dabei die sonst üblichen Kosten für eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung durch diesen Weg deutlich unterschritten werden. Für diese F+E-Abteilungen sind die Anwendungsgebiete ja auch viel zu abstrakt. Der Architekt hat das Problem konkret auf dem Tisch und ist damit näher dran.

Zur Person: Elmar Schossig
Dipl.-Ing. Archtitekt BDA, geboren 1950 in Chemnitz, studierte Architektur von 1973-80 an der TU Braunschweig und der RWTH Aachen. Seit 1984 ist er mit Dörte Gatermann in Köln als Architekt selbstständig. Seit 1990 ist er auch als Buchautor, Redner, Jurymitglied, und seit 1995 in internationalen Workshops, und im Bereich Produkt- und Designentwicklung tätig.

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