Prof. Wolfgang Döring (1934 - 2020): Haus Kuckuk und mehr

Vor vier Jahren, Anfang 2017, wurde der NRW-Staatspreis für Denkmalpflege, der alle zwei Jahre für private Sanierungen im Wechsel im Rheinland und in Westfalen ausgelobt wird, an ein Gebäude mit dem amüsant klingenden Namen „Haus Kuckuk“ vergeben. Die Sanierung des Wohnhauses für den Professor für Atomphysik Theo Mayer-Kuckuk in Bad Honnef war aufwändig gewesen (Architekt: Christian Welter projektplus), galt jedoch einem Gebäude, das als eines der seltenen Zeugnisse für die experimentierfreudigen 1960er Jahre bereits eine gewisse Berühmtheit besaß. 50 Jahre zuvor, 1967, war es in der Rekordzeit von nur sechs Tagen und mit überschaubaren Baukosten von 80 000 Mark errichtet worden: als Fertighaus mit Fassaden aus vorgefertigten Span- bzw. Eternitplatten und einem Traggerüst aus horizontalen und vertikalen Holzleimstützen, die auf markante Weise vor der Fassade miteinander verknotet waren; die Stützen waren mit dünnen Stahlstiften in einzelnen Betonquadern verankert. Es war ein damals aufsehenerregendes Experiment für sie serielle Modulbauweise im Wohnhausbereich.

18. November 2020von Frank Maier-Solgk

Auszeichnung und Jubiläum waren seinerzeit Anlass gewesen, den Architekten, der natürlich niemand anderer als Wolfgang Döring war, noch einmal zu den Hintergründen zu befragen. Wir erinnern uns an ein anregendes und unterhaltsames Architekturgespräch und an einen quicklebendigen Mann, der mit seiner runden dunklen Brille fast ein wenig schalkhaft wirkte. Über sein Paradestück berichtete er eher im Ton des Understatements. „Es ging einfach darum, billig und schnell zu bauen“, sagte er, „kein spezieller Stil“ sei geplant gewesen. Zunächst habe man auch Berechnungen mit dem Material Plastik angestellt; die letztendliche Form habe sich aus der Konstruktion ergeben, allenfalls habe als Grundsatz festgestanden, dass die Zeit restaurativer Formen in der Architektur endgültig vorbei gewesen sei.

Dass aus der geplanten Serienproduktion nichts wurde, schien kein Thema mehr. Serielles Bauen, das neuerdings wieder auf Interesse stößt, schien sich für Döring bis zu einem gewissen Grad historisch diskreditiert zu haben. Dass er mit seinem innovativen Gebäude bis heute identifiziert wird, machte ihn jedoch durchaus stolz. Am 4. November nun ist Wolfgang Döring mit 86 Jahren in Düsseldorf gestorben.
 
Wie sein Haus Kuckuk, so wird auch der Mensch Wolfgang Döring, der häufig zu Gast im „Haus der Architekten“ war, allen, die ihm als Studierende an der RWTH in Aachen oder später als Kollegin oder Kollegen oder aber als Gesprächspartner begegneten, im Gedächtnis bleiben. Man erinnert sich an seine Vorträge, in denen die Architektur der Nachkriegsjahrzehnte stets anekdotenreich lebendig wurde; man erfreute sich an pointierten Thesen. 2019 befragten wir ihn anlässlich des 100-jährigen Bauhausjubiläums zu dessen Aktualität. Die Antwort war charakteristisch für ihn: „Gegenwärtig sind wir vor allem konfrontiert mit einer ärgerlichen neuen Applikationsarchitektur, die Lisenen und anderen Fassadendekor wiederentdeckt hat und Derartiges unter Zuhilfenahme von Styropor allerorten realisiert. Solche Form der Kitscharchitektur ist auch das Ergebnis einer Stadtpolitik, die ihre Grundstücke zu immer höheren Preisen verkauft.“ Döring war jemand, der die Architektur auch im gesellschaftlichen Kontext betrachtete. Er war in einer dezidierten Weise das, was man einen Zeitgenossen nennt.

Das Haus Kuckuk verriet im Übrigen auch manche Züge, die für Döring auch später, in den Jahren des 1996 gemeinsam mit den ehemaligen Schülern Michael Dahmen und Elmar Joeressen gegründeten Büros, gültig waren: Rationalität und Klarheit und auch die Vorliebe für den Bautypus das Einfamilienhauses - zumal wenn es sich um Bauherren handelte, denen er auch persönlich Interesse entgegenbrachte.

Noch bis zu seinem Ausscheiden aus dem Büro 2018 entwarf er Wohnhäuser in der Umgebung Düsseldorfs. Eines der letzten von seiner Hand war das sogenannte Haus 88 in Korschenbroich, das er 2013 für eine chinesische Familie entwarf: Klare Formen und ein minimalistischer Stil mit chinesischen Anklängen zeichnen es aus: Ein Holztor führt in einen Innenhof mit bepflanztem Teich, der von sechs Meter hohen roten Wänden eingefasst wird. Der Wohnbereich ist separiert; das Haus öffnet sich zum rückseitigen Garten. Klarheit und Rationalität, die auf ästhetische Wirkung bedacht ist - und wie beim Haus Kuckuk tatsächlich drei farbige Grundelemente aufweist: Weiß, Schwarz und Rot. Wolfgang Döring scheint sich auch in seinem Beruf immer treu geblieben zu sein.

Werke von Wolfgang Döring finden Sie unter www.baukunst-nrw.de.

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