"LückenSchluss!": AKNW zeichnet vorbildliche Nutzung von Baulücken aus
Die schönste ehemalige Baulücke Nordrhein-Westfalens liegt am Stavenhof in Köln: Die Architekten Brandlhuber + Knies realisierten auf einem brachliegenden Grundstück ein modernes Wohn- und Atelierhaus, das heute (24.05.06) im Haus der Architekten in Düsseldorf mit dem 1. Preis im Wettbewerbsverfahren „LückenSchluss! - Vorbildliche Nutzung von Baulücken“ ausgezeichnet wurde. Die Architektenkammer NRW verlieh insgesamt vier Preise und sprach drei Anerkennungen aus für realisierte Projekte, mit denen Baulücken und brachliegende innerstädtische Grundstücke erfolgreich einer neuen Nutzung zugeführt werden konnten. - Das Auszeichnungsverfahren ist Teil des Aktionsprogramms „1.000 Baulücken in NRW“, das die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen seit knapp drei Jahren im Rahmen der Landesinitiative StadtBauKultur NRW betreibt.
„Baulücken sind nicht nur häufig Schandflecken in unseren Städten - sie stellen auch ein erhebliches städtebauliches Potenzial dar, das es zu nutzen gilt.“ Mit dieser Aussage fasste Michael Arns, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die Intention des „1.000 Baulücken“-Projektes im Rahmen der Preisverleihung zusammen. Gerade in Zeiten, in denen eine Renaissance des städtischen Wohnens erkennbar wird, sei es wichtig, den Fokus im Neubau-Bereich auf brachliegende Grundstücke innerhalb der Stadt zu richten. Die Architektenkammer NRW bezieht dabei auch Eckgrundstücke, größere Freiflächen in zentraler bebauter Umgebung (Arrondierungsflächen) und innerstädtische Konversionsbrachen in die Betrachtung mit ein.
„Die Arbeiten, die wir im Rahmen des ‚LückenSchluss!’-Wettbewerbs auszeichnen, sind Beispiele für individuelle, auf die Umgebung abgestimmte und kreative Planungskonzepte für schwierige Grundstücke“, betonte Arns. „Wir erhoffen uns, dass weitere Eigentümer und Architekten sich von diesen beispielhaften Projekten motivieren und inspirieren lassen.“
Die unabhängige Jury unter Vorsitz des Bonner Stadtbaurates Sigurd Trommer vergab folgende Preise und Anerkennungen:
1. Preis: Wohn- und Atelierhaus Stavenhof, Köln - Brandlhuber + Knies, Köln
2. Preis: Wohnen und Arbeiten in der Dagobertstraße, Köln - Peter Kulka, Köln
3. Preis: Praxis in der Lücke, Köln – luczak architekten, Köln
4. Preis: Neubau Bürogebäude für ein Architekturbüro, Münster - Landheer Architekten, Münster
Anerkennungen:
- Zwei Wohnhäuser im Ortskern von Düsseldorf-Gerresheim - Prof. Fritschi Stahl + Baum, Düsseldorf
- Bürogebäude der Fa. Supfina Grieshaber, Remscheid - Feuerstein + Gerken, München
- „Legal – Illegal“ Wohn- und Geschäftshaus in Köln-Bayenthal - Manuel Herz, Köln
Begründungen der Jury für die Preisvergabe:
1. Preis: Wohn- und Atelierhaus Stavenhof, Köln - Brandlhuber + Knies, Köln
„Auf einer beengten, vollständig versiegelten Baulücke in der nördlichen Kölner Altstadt wurde ein Wohn- und Atelierhaus errichtet, das sich in Größe und Nutzung an der umgebenden Bebauung orientiert. (…) Die Fassaden zur Straße und zum Blockinnenbereich fügen sich in das heterogene Bild der Umgebung ein, setzen jedoch durch ihre ausgeprägte räumliche Staffelung und die großen Fensterformate eigene Akzente. - Das Bauwerk stellt eine beispielhafte Lösung für die Lückenbebauung im verdichteten urbanen Umfeld und einen herausragenden Beitrag zur Schaffung von qualitätvollem Wohnraum in der Stadt dar. Die komplexe räumliche Struktur beweist die Auseinandersetzung des Verfassers mit der Bauaufgabe auf einem hohen intellektuellen Niveau.“
2. Preis: Wohnen und Arbeiten in der Dagobertstraße, Köln - Peter Kulka, Köln
„An einer unbebauten Straßenecke ohne nennenswerte rückwärtige Belichtungsmöglichkeit errichtet der Verfasser ein Wohngebäude mit Praxisräumen von monolithischem, skulpturalem Charakter. Der Bau folgt den Straßenfluchten, verleiht der Ecke jedoch durch seine kubische Gestalt, die nicht ablesbare Geschossigkeit, die scheinbar zufällige Anordnung von Fensteröffnungen und den spektakulär in den Straßenraum auskragenden Erker eine neue, spannende Identität. (…) - Das Gebäude ist ein formal sehr selbstbewusstes, aber dennoch städtebaulich integriertes Beispiel für die schwierige Bebauung der Lücke in der Ecke eines Baublocks. Die hohe Gestaltqualität bis ins Detail sowie die stimmige Material- und Farbwahl zeichnen das Bauwerk ebenso aus wie die gute Belichtung aller Räume und die subtilen Innen-/ Außenraumbeziehungen, die das verdichtete städtische Umfeld gekonnt integrieren.“
3. Preis: Praxis in der Lücke, Köln – luczak architekten, Köln
„In der durch Kriegseinwirkung entstandenen Baulücke in einer Häuserzeile aus den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird ein Wohnhaus mit Arztpraxis errichtet. Das Gebäude orientiert sich in Geschossigkeit, Kubatur und Traufhöhe an der Nachbarbebauung und öffnet sich großzügig zum Garten. Verbunden mit der über Dach belichteten zentralen Treppenanlage entstehen auf diese Weise offene, helle Innenräume von hoher Qualität. (…) - Eine sehr typische Baulückensituation wird in höchst angemessener Weise geschlossen. Das Gebäude fügt sich sowohl in Bezug auf die Nutzung als auch gestalterisch harmonisch in die umgebende Bebauung ein, ohne sich unterzuordnen oder historisierend anzubiedern. Transparente, großzügige Innenräume und Sorgfalt in Detailausbildung und Materialwahl sind weitere hervorzuhebende Qualitäten dieses Beitrags.“
4. Preis: Neubau eines Bürogebäudes für ein Architekturbüro, Münster - Landheer Architekten, Münster
„Die zuvor mit einer Garage bebaute Restfläche zwischen zwei Wohngebäuden von lediglich 3,60 m Breite wird durch die Errichtung eines eigenständigen Bürogebäudes einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Der Neubau zeigt sich als in Farbe und Materialien eigenständiges Bindeglied und vermittelt in seiner Höhenentwicklung zwischen den Nachbarbauten. Die einfach und sorgfältig gestalteten Innenräume führen die schlichte Gestaltung der Fassade fort und lassen keinen Zweifel an der Architekturauffassung der Nutzer aufkommen. - Der Entwurf zeigt beispielhaft, dass sich auch kleinste Flächen im Bestand sinnvoll nutzen lassen. Das klar gezeichnete Bauwerk schließt nicht nur eine unansehnliche, als baurechtliche Abstandsfläche zu schmale Lücke zwischen zwei Gebäuden, sondern wird darüber hinaus zur baulichen Visitenkarte der Nutzer.“
Anerkennung: Zwei Wohnhäuser im Ortskern von Düsseldorf-Gerresheim - Prof. Fritschi Stahl + Baum, Düsseldorf„Auf einem innerörtlichen Restgrundstück, das u. a. wegen einer zu erhaltenden Eiche und den Resten einer historischen Stadtbefestigung als nahezu unbebaubar galt, entstanden zwei Einfamilienhäuser in moderner Architektursprache. Konsequent unter Berücksichtigung der bestehenden Restriktionen entworfen, weisen die Bauten sowohl eine unverwechselbare äußere Gestaltung als auch großzügige, qualitätvolle Innenräume auf, die vielfältige Bezüge zu dem stadträumlich bedeutenden Außenraum eingehen.“
Anerkennung: Bürogebäude der Fa. Supfina Grieshaber, Remscheid - Feuerstein + Gerken, München„Auf der ungenutzten, zur Straße orientierten Brachfläche eines Gewerbebetriebes wurde ein Bürogebäude in klarer, moderner Architektur errichtet. Die Arbeitsräume zeichnen sich durch räumliche Großzügigkeit, Transparenz und blendfreie natürliche Belichtung aus. Durch Abrücken des Baukörpers von der rückwärtigen Werkhalle entstanden Erschließungs- und Sozialräume von hoher Aufenthaltsqualität. Das Bauwerk markiert eine deutliche Aufwertung des umgebenden Gewerbegebiets mit seiner bisher vernachlässigten gründerzeitlichen Bausubstanz.“
Anerkennung: „Legal – Illegal“ Wohn- und Geschäftshaus in Köln-Bayenthal - Manuel Herz, Köln„Der Verfasser leitet die vielwinklige Grundform seines Entwurfs aus baurechtlichen Restriktionen her. Mit diesen spielend, führt er die ‚erzwungene’ Formensprache in den Innenraum fort und gibt der Außenhülle eine expressive Farbgestaltung. Die spannenden Raumfolgen im Inneren mit ihren vielfältigen Tageslichtquellen stehen der expressiven äußeren Erscheinung des Bauwerks in Nichts nach. Der Entwurf wird als städtebaulicher Solitär positiv gewürdigt.“
Mitglieder der Jury:
Sigurd Trommer, Stadtbaurat Bonn (Vors.)
Hans-Dieter Collinet (MBV NRW)
Jörg Ebers (Architekt, Berlin)
Klaus Harnischmacher (Vorstandsvorsitzender der Neusser Bauverein)
Hartmut Miksch (Präs. AKNW)Wolfgang Nagel (Chefredakteur HÄUSER)
Hinweis an die Redaktionen:
Fotos und Infotafeln zu den ausgezeichneten Baulückenprojekten finden Sie im Download-Bereich. Gerne senden wir Ihnen die Fotos auch per E-Mail zu, Tel.: (0211) 49 67 - 34/-35.
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