Künftig gilt: Vor dem Kredit das Rating!

Ratingverfahren nach Basel II – Chance oder Hindernis?

Chance oder Hindernis für Unternehmen? Das Schlagwort Basel II wird derzeit im Zusammenhang mit den Kreditbedingungen für den Mittelstand kontrovers diskutiert. Bereits heute deutet sich an, dass der Mittelstand in Deutschland die Auswirkungen von Basel II bei der Nachfrage nach Fremdkapital - vor allem bei Krediten von Banken - spüren wird.

15. März 2004von Thomas Löhning

Mit dem Schlagwort Basel II wird die geplante Neugestaltung der Kreditvergabevorschriften der Banken und Sparkassen bezeichnet. Vor dem Hintergrund der Erhöhung der Stabilität des internationalen Finanzsystems sollen die derzeitigen Regeln im Kreditgeschäft neu definiert werden. Dazu werden u.a. die Anforderungen an Kreditinstitute bei der Kreditvergabe an ihre Eigenkapitalhöhe gekoppelt. Vereinfacht kann man sagen, dass Kreditinstitute künftig mehr Eigenkapital vorhalten müssen, wenn sie mehr risikoreiche Kredite vergeben. Konsequenz hieraus ist voraussichtlich, dass die Kreditinstitute die Bonität der Kreditnehmer sehr genau einschätzen und vermutlich bonitätsabhängige Kreditkosten (sprich: Kreditzinsen) verlangen, da ihre eigenen Kosten mit dem Bonitätsrisiko steigen. Die Vorschriften sollen zum 31.12.2006 in Kraft treten.

Ratingverfahren oder Ratings

Beim Ratingverfahren werden alle erfolgsrelevanten Merkmale eines Unternehmens mithilfe von statistischen Verfahren untersucht. Ziel ist es dabei, eine Aussage über die Bonität von Unternehmen zu treffen. Im angloamerikanischen Raum ist bei Kreditvergaben an umsatzstarke Firmen schon heute die Unternehmensanalyse und die Ableitung von Kennzahlen üblich. Dabei werden die verschiedenen Risikofaktoren zu einem Gesamturteil zusammengefasst. Jedes Rating schließt also mit einer Note oder Kennzahl des Unternehmens ab. Geplant ist, hierfür systematisierte Bewertungsskalen zu verwenden, z. B. von 1 bis 6 oder von AAA bis C. Sowohl das Verfahren zur Ermittlung dieser Kennzahl als auch das Ergebnis bezeichnet man als Rating.

Ratings sind nichts Neues - schon heute wird jedes kreditnachfragende Unternehmen von der Bank intern beurteilt, um das Kreditrisiko zu erfassen. Vermutlich wird diese Beurteilung künftig präziser und umfangreicher, d. h. die Hausbank verlangt mehr Auskünfte und damit einen stärkeren Einblick in das Unternehmen.

Bedeutung für Planungsbüros

Um den künftigen Anforderungen nach Basel II gerecht werden zu können, müssen Architektur- und Stadtplanungsbüros zunächst in Erfahrung bringen, was künftig von der Hausbank bei Gesprächen zu Kreditvergaben verlangt wird. Die Bank wird wie gewohnt Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen anfragen. Hierzu zählen Vermögensaufstellungen, Umsatzentwicklungen der letzten Jahre, Einnahmen-Ausgaben-Überschuss-Rechungen, Bilanzen mit Gewinn und Verlustrechnungen etc. Um die Fähigkeit des Unternehmens zur termin- und sachgerechten Rückzahlung der Kredite einzuschätzen, werden Banken und Sparkassen weitere Angaben erfragen. Zum einen sind dies Fakten zur Organisation des Unternehmens. Dabei sind die internen Strukturen des Unternehmens von großem Interesse. Fragen wie "Gibt es ein funktionierendes Rechnungswesen? Sind die Entscheidungswege klar definiert? Gibt es eine effiziente Mitarbeiterführung?" oder "Wie genau sind die langfristigen Investitionsvorhaben geplant?" werden von der Hausbank gestellt. Es wird aber auch nach der Qualifikation der Inhaber gefragt.

Typische Prüfpunkte von Banken und Sparkassen im Ratingprozess(Auswahl)

- Management, Unternehmensführung, Organisation
Prüfaspekte: Unternehmerpersönlichkeit, Nachfolgeregelung, Mitarbeiterführung, Personalentwicklung, Qualität des Rechnungswesens, Qualität der Geschäftsführung, Qualifikationen von Inhabern und Mitarbeitern

- Beziehung Architekt/Stadtplaner zur Hausbank
Prüfaspekte: Einhaltung von Vereinbarungen bei Kontoführung, Bereitschaft zur Auskunft, Transparenz des Büros

- Wirtschaftliche Situation
Prüfaspekte: Jahresabschlüsse, Vermögen, Liquidität, Qualität von Sicherheiten

- Unternehmensentwicklung
Prüfaspekte: Aktuelle Entwicklung seit letztem Abschluss, Planung von künftigen Einnahmen und Ausgaben mit Ertragsplanung, Zukunftsfähigkeit

Konkurrenz-Analyse

Die Hausbanken werden daneben immer auch einen Bezug zum Markt herstellen, um so die Leistungsfähigkeit von Architekturbüros im Vergleich zu Mitbewerbern einzuschätzen. Häufige Fragen der Bank oder Sparkasse zielen darauf ab, zu erfahren, wie die Akquisition erfolgt, welche Abhängigkeiten von Großauftraggebern bestehen, welche Strategien zum eigenen Marketing erfolgen.

Die Art der Ableitung und Ermittlung der Kennzahl ("Note") für das Büro ist bis dato noch nicht präzise definiert und wird auch künftig von Bank zu Bank unterschiedlich sein. Es wird nach heutigem Kenntnisstand kein einheitliches Rating geben. Einige Banken berücksichtigen bei der Bewertung schon heute die Beziehung des Architekturbüros zur Bank als zentralen Faktor. Eine langfristige Beziehung mit einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung ist oft die Basis für weitergehende Zusagen der Bank. Aber auch die Persönlichkeit des Antragstellers wird bewertet mit dem Ziel, Zukunftseinschätzungen des Inhabers als realistisch oder überzogen zu kategorisieren.

Das Rating schließt mit einer Kennzahl ab, die die Bonität des Antragstellers und das Bankenrisiko zusammenfasst. Prinzipiell gilt dann, je schlechter das Ergebnis ist, desto mehr Eigenkapital muss die Bank vorhalten. Daraus folgt, dass die Kosten für die Bank höher sind, was sofort zu schlechteren Konditionen für den Antragsteller führt. Kredite für "gute Unternehmen" sind demnach voraussichtlich günstiger als Kredite für "mittlere oder schwache" Unternehmen.

Wer führt Ratings durch?

Zukünftig kann das Rating von Unternehmen entweder durch ein bankinternes Ratingsystem erfolgen oder durch die Einschaltung einer unabhängigen Rating-Agentur. Beim externen Rating durch Beauftragung einer Rating-Agentur entstehen weitere Kosten, die vom Unternehmen zu tragen sind. Die international tätigen Rating-Agenturen z. B. Moody´s, Standard & Poor´s, Fitch IBCA haben bereits Niederlassungen in Deutschland. In der Zukunft werden sich voraussichtlich weitere Agenturen in Deutschland gründen bzw. niederlassen. Die Kosten für das externe Rating richten sich nach dem gewählten Verfahren und der Größe des Unternehmens. Bereits heute ist üblich, dass ein umfangreiches Erstrating erfolgt, das einmal jährlich durch die aktuelle Entwicklung angepasst wird. Da sich die meisten Kreditanträge von Architekturbüros im kleineren oder mittleren Bereich bewegen, werden diese Ratings aller Voraussicht nach von den Hausbanken vorgenommen werden. Die Kosten des Ratings trägt der Kreditnehmer. Entweder sind sie Bestandteil des Kreditzinses oder werden separat vereinbart. Dies ist meist bei externen Ratings der Fall.

Rating positiv beeinflussen!

Rating ist beeinflussbar! Empfohlen wird, zunächst eine Analyse der Stärken und Schwächen des Unternehmens durchzuführen. Häufig kann dabei der eigene Steuerberater wichtige Informationen beitragen. Manchmal kann auch die Einschaltung eines Unternehmensberaters wertvolle Unterstützung liefern.

Erstes Ziel sollte immer sein, ein funktionierendes Rechnungswesen zu besitzen, das präzise und korrekte Daten zur eigenen wirtschaftlichen Situation abbildet. Die daraus resultierende Transparenz hilft, einerseits mit fundierten Informationen die richtigen Entscheidungen vorzubereiten und andererseits gegenüber externen Personen wirtschaftliche Kompetenz zu beweisen. Nur mit einer "guten", angemessen dokumentierten Basis kann das Unternehmen weiter optimiert werden.

Zweites Ziel sollte eine vertrauensvolle, offene Beziehung zur Hausbank sein. Ein regelmäßiger, gut vorbereiteter Kontakt zum Ansprechpartner in der Hausbank schafft Vertrauen und unterstützt damit künftige Wünsche und Vereinbarungen. Präzise Auskünfte zur wirtschaftlichen Situation, insbesondere bei plötzlichen Schwankungen nach oben oder unten, sind unersetzlich.

Drittes Ziel sollte eine professionelle Unternehmensführung sein. Hierzu gehört die Früherkennung von Risiken ebenso wie eine effiziente Mitarbeiterführung. Aber auch die Optimierung von Prozessen im Unternehmen trägt dazu bei, dass der Grad der Professionalität erhöht wird. Die pauschale Aussage "Ein gutes Unternehmen wird immer ein gutes Rating erhalten" gilt uneingeschränkt.

Viertes Ziel sollte eine sachgerechte Planung der künftigen Liquidität sein. Die notwendige Höhe von Geldmitteln zur Deckung der Ausgaben des Büros einschließlich der termingerechten Rückführung von Krediten ist für den Erfolg und die künftigen Ratings von zentraler Bedeutung.

Fazit

Ratingverfahren nach Basel II sind in der öffentlichen Wahrnehmung bislang eher negativ behaftet. Dies ist unverständlich, da durch Rating Finanzierungen transparenter und fairer werden. Die bislang häufig erfolgten Quersubventionierungen zwischen "guten" und "schlechten" Krediten, die beide zu gleichen Konditionen abgeschlossen wurden, entfallen. Gute Ratings führen künftig zu guten Konditionen.

Grundsätzlich gilt: Ohne Rating werden künftig keine Kredite mehr vergeben. Architekten und Stadtplaner, die sich nicht gut auf die neuen Regeln vorbereiten, laufen Gefahr, entweder keine Kredite mehr zu erhalten oder zu hohe Konditionen tragen zu müssen.

Ratingverfahren nach Basel II - Chance oder Hindernis? Eine Chance für den Mittelstand ist Basel II in jedem Fall, der Begriff Hindernis wird dem neuen Sachverhalt wenig gerecht. Für Architekturbüros beinhalten Ratingverfahren vielfältige Chancen. Sie erhalten ein bislang nicht gekanntes Beratungsangebot. Die Banken und Sparkassen müssen künftig "raten" und tun dies teilweise schon heute. Dabei ergeben sich umfassende Ergebnisse zum eigenen Büro, die ansonsten vielleicht nie transparent geworden wären. Mutige Unternehmer sprechen heute sogar davon, dass mit dem Rating ein Managementinstrument zur Optimierung der eigenen Organisation geschaffen wird.

 
Angebot der AKNW
Die Architektenkammer NW bietet bereits heute Seminare zum Thema "Bankengespräche richtig vorbereiten" an, bei dem auch der Aspekt Basel II eingehend vermittelt wird. Weitere Spezialseminare zum Thema Rating und Basel II sind in Vorbereitung. Aktuelle Informationen gibt es hierzu unter www.aknw.de/akademie/content.htm. - In Kürze wird ein ausführlicher Praxishinweis zu diesem Thema erscheinen. Eine kostenlose Großveranstaltung in Düsseldorf mit vielfältigen Informationen sowie ein Handbuch "Rating" sind für die zweite Jahreshälfte in Vorbereitung.

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