Tag der Architektur am 16. und 17. Juni in Nordrhein-Westfalen

Rund 38.000 Besucher ließen sich am Tag der Architektur begeistern

„Das Zauberwort heißt ‚Unmittelbarkeit‘. Wir wollen den Menschen ein hautnahes Architekturerlebnis vermitteln!“ Hartmut Miksch, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, fand eine ebenso einfache wie einleuchtende Erklärung für den großen Anklang, auf den der „Tag der Architektur“ in der breiten Bevölkerung stößt. Auf dem Dach der umgebauten Kohlenwäsche auf der Zeche Zollverein in Essen eröffnete Miksch am 16. Juni gemeinsam mit NRW-Bauminister Oliver Wittke den diesjährigen Tag der Architektur. Mehrere zehntausend Menschen nutzten die Gelegenheit, sich ein spannendes und in weiten Teilen sonniges Architekturwochenende zu bereiten.

17. Juni 2007von Christof Rose ros

„Architektur ist ein zentrales Merkmal urbanen Lebens“, betonte Bauminister Wittke in seinem Grußwort auf Zollverein. Der Tag der offenen Tür sei „genau der richtige Ansatz, um Menschen Architektur nahe zu bringen“. Wittke hob die bedeutende Rolle hervor, die dem Tag der Architektur innerhalb der Initiative StadtBauKultur NRW zukomme. Es sei wichtig, dass Interessierte in Häuser hineingehen und mit den Architekten und Bauherren über ihre Bauwerke sprechen könnten.515 Objekte im ganzen Land

Genau 515 neue Bauwerke sowie sanierte, modernisierte und erweiterte Altbauten standen am 16. und 17. Juni in 197 nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden für Besucher offen. Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner waren jeweils vor Ort, um gemeinsam mit ihren Auftraggebern die neue Architektur zu erläutern und Fragen der Besucher zu beantworten. So wie das Architektenteam Wolfgang und Thomas Krause in Bielefeld. Die Umgestaltung und Erweiterung der Pfarrkirche St. Hedwig traf auf reges Interesse - nicht nur unter den Besuchern des sonntäglichen Gottesdienstes. „Wir haben bewusst ein umfassendes Angebot vorbereitet, um auch Kunstsinnige und andere Interessierte in diese Kirche zu locken“, erläuterte Thomas Krause. So war der Künstler Tobias Kammerer eigens aus Süddeutschland angereist, um seine Kunst vor Ort zu erklären. Führungen durch den Neubauteil und Orgelmusik rundeten das Angebot zum Tag der Architektur in St. Hedwig ab. Interesse an Arbeit im Bestand

Der „Tag der Architektur“ in NRW bot auch in diesem Jahr wieder einen breiten Überblick über aktuelle Architektur und das Planungsgeschehen in unserem Bundesland. Präsentiert wurden zahlreiche Wohnhäuser und Eigentumswohnungen, Bürogebäude und Industriebauten, öffentliche Gebäude und Bauwerke der Verwaltungen, Innenräume und Ladenlokale, Sport- und Freizeitstätten, Gärten und Grünflächen sowie Objekte der Stadtplanung. Schwerpunkte lagen dabei auf den Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie bei Büro- und Gewerbebauten. Viele der gezeigten Objekte waren keine Neubauten, sondern Um- und Ausbaumaßnahmen sowie Umnutzungen und Sanierungen. Die weiter wachsende Bedeutung der Arbeit im Bestand spiegelte sich im Interesse der Besucher. Über 100 Gäste konnte Innenarchitekt Uwe Mrkwa in der Bielefelder Innenstadt bei seinem „Umbau eines Labortrakts zum Wohnhaus“ begrüßen. „Das große Interesse hat uns schon etwas überrascht“, meinte der Innenarchitekt. Der Tag der Architektur sei eine große Chance, auch versteckt liegende oder innenraumbezogene Arbeiten einer breiteren Bevölkerung vorzustellen. Hausgärten im Fokus

„Ich glaube schon, dass das Interesse an qualitätvoll gestalteten Hausgärten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist.“ Christian Pacyna fand diese These bei der Präsentation einer Hausgartenumgestaltung in Bochum-Langendreer klar bestätigt. Ohne Unterbrechung suchten Gartenfreunde die „grüne Oase“, so Bauherrin Ulrike Nehler, auf, um sich Ideen und Anregungen für eigene Gartenausbauprojekte zu holen. „Wir fahren in diesem Jahr überhaupt nicht in den Urlaub - den haben wir hier vor der Haustür“, freuten sich die Nehlers über die Umwandlung ihres früher langweiligen Hausgartens in eine aufgelockerte, gegliederte und blumenreiche Gartenlandschaft. Landschaftsarchitekt Christian Pacyna unterstützte im Vorfeld aktiv die Medienarbeit der Architektenkammer rund um den Tag der Architektur. „Ich habe die örtlichen Redakteure angesprochen und eine Pressemitteilung für mein Objekt geschrieben - das hat sich ausgezahlt“, berichtete Pacyna. „Ich halte es für sehr wichtig, dass wir Landschaftsarchitekten öffentlich machen, was wir tun und welche Qualitäten wir schaffen.“Ein Ansatz, den auch sein Kollege Wolfgang Hanke verfolgt. Der Landschaftsarchitekt stellte in Minden den neuen „Weserstrand“ vor; ein zunächst temporäres Projekt, das darauf abzielt, die Öffnung des Flusses an Bürger und Politiker heranzutragen. „Wir hatten zur Eröffnung am Samstag die stellvertretende Bürgermeisterin hier“, zeigte sich Hanke zufrieden. „Ich sehe unsere Teilnahme am Tag der Architektur nicht nur als Werbung für unser Büro an, sondern auch als Beitrag zur Baukultur in Nordrhein-Westfalen.“ Auch in Emmerich („Neugestaltung Rheinpromenade“, Landschaftsarchitekt Friedrich Altzweig) und Neuenkirchen („Strandpromenade Offlumer See“, Landschaftsarchitektin Christine Wolf) wurden Fluss-Projekte präsentiert. Trends im Wohnungsbau

Die meisten Besucher konnten auch in diesem Jahr private Wohnungsbauten verzeichnen. In Dortmund führte Architekt Berto Gussek mehrere Dutzend Besucher durch sein KfW-60-Haus. „Die meisten Fragen kreisen um die offene Raumgestaltung rund um die zentrale Küche und um technische Details wie die Nutzung von Geothermie und die Wärmedämmung“, berichtete Gussek.

Auch Mehr-Generationen-Häuser, Stadthäuser, gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte und einfache „Starterhäuser“, die in mehreren Städten gezeigt wurden, trafen auf reges Besucherinteresse am Tag der Architektur.„Moderne trifft Erbe“ lautete in diesem Jahr das zentrale Bundesmotto zum Tag der Architektur. Auch dazu gab es in Nordrhein-Westfalen zahlreiche überzeugende Beispiele zu bewundern - nicht zuletzt den Ort der Auftaktveranstaltung, wie der Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft der Zeche Zollverein, Roland Weiss, am 16. Juni bei seiner Begrüßung betonte: „Ohne unbescheiden wirken zu wollen: die Zeche Zollverein ist zweifellos ein spektakuläres und wohl ein weltweit einzigartiges Projekt dieser Art!“

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