Schulbauten: Die Schulen für Erziehungshilfe in Neuss und Velbert

In Zeiten der PISA-Diskussion rücken Schulbauten ins Interesse auch einer breiteren Öffentlichkeit. In Ergänzung zu der Ausstellung "Schulbauten in Deutschland", die bis zum 9. Dezember im Haus der Architekten zu sehen ist, stellt die Architektenkammer NW hier zwei besondere, neue Schulprojekte vor: Die "Schulen für Erziehungshilfe" in Velbert und Neuss, die mit dem Schuljahresbeginn 2004 eröffnet wurden.

07. Dezember 2004von gas

Die Planungen beider Schulgebäude waren durch ein enges Zusammenwirken zwischen Stadtverwaltung, Architekten, Schulleitung und Lehrerkollegium geprägt, bei dem die spezifischen pädagogischen Erfordernisse und die Wechselwirkungen zwischen Architektur und Pädagogik Berücksichtigung fanden. Wichtige Anforderungen waren unter anderem, das Sozialverhalten und Gemeinschaftsbewusstsein der Schüler zu fördern, eine individuelle Betreuung zu ermöglichen und psychosoziale Brennpunkte zu vermeiden.Joseph-Beuys-Schule in Neuss 

Der Architekt Michael Baumeister, Leiter des Amtes für Gebäudewirtschaft des Rhein-Kreises Neuss, und das Neusser Büro für Landschaftsplanung Penker planten die architektonische Grundform und die Ausrichtung des neuen Gebäudes vor allem mit Blick auf die diffuse städtebauliche Struktur des Umfeldes. Das verkehrstechnisch gut angebundene, fast dreieckförmige Grundstück Jean-Pullen-Weg in Neuss liegt zwischen ausgedehnten Sportplatzanlagen, einer hochliegenden Bahngleisanlage, Schulbauten aus den 70er Jahren und einer Schrebergartenkolonie. Die einhüftige Auslegung der inneren Gebäudeerschließung sowie die massiven Gebäudeaußenwände berücksichtigen den passiven Schallschutz, der durch die benachbarte Bahngleisanlage notwendig wird. Die Klassen- und Gruppenräume sind den der Schallemission abgewandten Richtungen zugeordnet und prägen damit zugleich das architektonische Konzept des Neubaus - zwei sich kreuzende hohe Wandscheiben aus rosa Betonstein mit wechselnden Schichtmaßen.  
Die kleinste der sich durch die Kreuzform ergebenden vier Freiflächen wird durch den Haupteingang mit Foyer und Schulverwaltung ausgefüllt. Die lichtdurchfluteten Klassen- und Gruppenräume belegen die zwei weiteren, der Schallquelle abgewandten Flächen. Die vierte und größte Freifläche beheimatet den nach pädagogischen Gesichtspunkten gestalteten Schulhof. Der Schulhof und die restlichen Freiflächen wurden in Zusammenarbeit mit dem Büro für Landschaftsplanung Penker so angelegt, dass die Nähe der jüngeren Schüler zum Gebäude gesichert ist und den älteren Schülern die notwendige Bewegungsaktivität ermöglicht wird. Durch die vom Schulhof abgewandten Klassenräume sind unterschiedliche Pausenzeiten der jüngeren und der älteren Schüler störungs- und ablenkungsfrei möglich.     

Die strenge Kreuzform des Grundrisses erleichtert die Orientierung im Inneren des Gebäudes und auch die Aufsicht durch das Lehrpersonal. Die Zweigeschossigkeit des Gebäudes erlaubt eine Unterteilung der Schüler nach Altersklassen, der auch die Anordnung der Funktionsräume wie Werkstatt, Naturwissenschafts- bzw. Spielbereich folgt.    Schule für Erziehungshilfe Velbert  

Für den Neubau einer Schule für Erziehungshilfe an der Hans-Böckler-Straße in Velbert stand dem Architekten Roland Dorn ein malerisches Grundstück mit reizvollem Baumbestand zur Verfügung, das die Einbeziehung von Natur, Landschaft und Topografie mit 12 m Höhenunterschied geradezu herausforderte. Zudem sollte die Architektur so multifunktional und flexibel wie möglich auf unterschiedlichste Nutzungen reagieren können.     

Das kreisförmige, dreigeschossige Gebäude (Rundbau) ermöglicht die Unterbringung des Raumprogramms auf minimaler Fläche, so dass ein Maximum an Freiflächen unbebaut bleiben konnte. Auf der Rückseite des Gebäudes, wo die Topografie stärker fällt, liegen abgeschirmt von der Straße die Freibereiche für Spiel und Sport, getrennt für Primar- und Sekundarstufe. Der Hang mit seinem gewachsenen Baumbestand wurde punktuell mit Spielflächen ergänzt und zu einem „Park“ für vielfältige Freilichtveranstaltungen und -projekte umgestaltet. Die kompakte Kreisform des dreigeschossigen Gebäudes erwies sich unter pädagogischen und ökonomischen Zielsetzungen als besonders vorteilhaft, weil sie sich mit dem geringst möglichen Aufwand in die Topografie und den schwierigen Baugrund einfügen ließ und zugleich das Bild einer sozialen Schulgemeinschaft widerspiegelt.Das zentrale, zweigeschossige Forum ist Verkehrsfläche und Kommunikationsraum zugleich, der alle weiteren Funktionszonen (Galerieflure, Klassenräume, Fachräume etc.) ringförmig um sich herum versammelt. Seine gemeinschaftsbildende Wirkung wird durch ein kreisförmiges Glasdach akzentuiert, das sich motorisch öffnen lässt, so dass bei schönem Wetter Freiluftunterricht und -veranstaltungen auch im Innenraum stattfinden können.   

Im Erdgeschosse des Gebäudes befinden sich der Eingangsbereich und - zur Straße hin angeordnet - die Werkstätten, Speiseraum und Küche. Die Räume der Primarstufe sind in diesem Geschoss zum ruhigen Garten hin ausgerichtet. Im unteren Gartengeschoss liegen die Bereiche Test und Therapie, Psychomotorik, Schulverwaltung und Lehrerzimmer. Das Obergeschoss beherbergt die Räume der Sekundarstufe, bewusst von der Primarstufe getrennt und mit Panoramablick in den Garten. Zur Straße hin liegen die Fachräume für Medien, Naturwissenschaften, Textiles Gestalten etc.

Flexible Nutzbarkeit der Klassenräume, der Fachräume und des Forums sowie die jeweilige thematische Zuordnung der Außenräume sollen interdisziplinäres Arbeiten mit Künstlern, Handwerkern und Musikern fördern, die Öffnung nach außen zum Stadtteil, zu Nachbarn und Eltern begünstigen und Kooperationen mit anderen Ämtern und anderen Schulen erleichtern.      


Weitere interessante Schulbauten sind noch bis zum 9. Dezember im Haus der Architekten ausgestellt:
Ausstellung „Schulen in Deutschland“
Zollhof 1, Düsseldorf-Medienhafen.
Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 9.00 - 17.00 Uhr; Eintritt frei  

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