Tag der Architektur: Architektur bewegt - immer wieder

Wir lassen uns in jedem Jahr von toller Architektur begeistern - und heute suchen wir ganz konkret Anregungen für unseren Garten.“ Wie Betty und Ulrich Kemper ging es vielen der rund 35 000 Architektur-Interessierten, die sich am 28. und 29. Juni in Nordrhein-Westfalen auf den Weg machten, um einige der 418 Objekte zu besichtigen, die in diesem Jahr am „Tag der Architektur“ (TdA) in NRW geöffnet waren. Das Ehepaar aus Moers nutzt den TdA schon seit vielen Jahren, um sich durch Architektur inspirieren zu lassen - „auch bei Regen“, wie Betty Kemper zur Freude von Landschaftsarchitekt Bernd Franzen schmunzelnd erklärte. Das große Interesse am Tag der Architektur löste den Anspruch des bundesweiten Mottos ein: „Architektur bewegt!“

03. Juli 2014von Christof Rose

In 166 Städten und Gemeinden unseres Bundeslandes war neue und modernisierte Architektur zu erleben. An einigen privaten Wohnhäusern drängelten sich zeitweise mehrere hundert Architekturfans. „Der Tag der Architektur ist zu einem richtigen Architektur-Festival geworden, bei dem Fachleute und interessierte Laien in einen lebendigen Dialog über Fragen der Architektur, des Wohnens und der Stadtentwicklung treten“, resümierte Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Zu den am stärksten frequentierten Bauwerken zählte ein kleines Projekt in Düsseldorf: „Anders Wohnen im Hinterhof“ lockte fast 400 Besucher zu einem umgenutzten ehemaligen Werkstattgebäude im Hinterhof von zentralbau.architekten. Ebenso viele Architekturfans wollten den „Wassergarten mit Ausblick ins Bergische“ erleben, den die Landschaftsarchitektin Brigitte Röde in Solingen präsentierte. In Essen freute sich der Trägerverein des Franz Sales Haus über mehrere hundert Interessierte. Der Neubau eines integrativen Hotels mit Veranstaltungssaal stellte moderne Architektur mit integrativem Anspruch vor. Auch das neue Wohn- und Geschäftshaus „S.E.A. House“ am Phoenix See in Dortmund (Planungsgruppe Drahtler) erlebte einen beeindruckenden Andrang von Architekturfans.

Schon zum vierten Mal beteiligte sich in diesem Jahr der Paderborner Architekt Kofi Adomako. Gemeinsam mit seinen Bauherren präsentierte er ein ambitioniertes Einfamilienhaus im Stadtteil Benhausen, das sich auch ein Reporter des WDR Fernsehens erläutern lassen wollte. „Wir spüren immer wieder, das mit Menschen mit uns reden wollen und viele Detailfragen haben“, erklärte Kofi Adomako seine Motivation, sich am Tag der Architektur zu beteiligen. Und für das Büro sei der TdA letzten Endes auch ein Instrument der Öffentlichkeits- und Akquise-Arbeit.

Ähnlich sah es Marko Lenk in Voerde. Der Architekt stellte gemeinsam mit seiner Kollegin Tina Rentmeister die Sanierung und Modernisierung eines Einfamilienhauses aus den 1960er Jahren vor. „Eine ganz typische Aufgabe, denn viele dieser Häuser werden gegenwärtig verkauft oder vererbt“, so Marko Lenk. Wichtig war ihm, das Potenzial solcher Altbauten deutlich zu machen. Die Bauherren Marion und Jürgen Lohmann zeigten sich im Gespräch mit den Besuchern begeistert. „Es ist immer noch beeindruckend für uns zu sehen, wie sich das alte, dunkle Haus völlig gewandelt hat.“ Zumal das Erdgeschoss vollständig barrierefrei umgebaut wurde - für eine dauerhafte Nutzung.

Der „Tag der Architektur“ fand in Nordrhein-Westfalen zum 19. Mal statt. An den teilnehmenden Objekten lassen sich stets auch Trends und Entwicklungen im Planen und Bauen ablesen. In diesem Jahr standen energetisch optimierte Einfamilienhäuser besonders im Fokus, so etwa das „Effizienzhaus Plus am Bökelberg“ von bdmp Architekten & Stadtplaner in Mönchengladbach oder die Klimaschutzsiedlung Köln-Westhoven (de | Architekten). Auch einige große Bauwerke der Öffentlichen Hand zogen viele Besucher an, so das erneuerte Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen (Alfred Fischer/gmp Architekten) und das neue Landesarchiv im Duisburger Innenhafen von O&O Architekten. Den Entwurfs- und Planungsprozess zum Landesarchiv NRW stellte Architekt Christian Heuchel, Partner bei O&O Architekten, vor. „Gerade über solche Projekte, die stark in der öffentlichen Diskussion stehen, müssen wir mit den Menschen reden“, unterstrich Heuchel - und lud zu später Stunde ergänzend zu einer Architekturdiskussion im Landesarchiv ein.

Die Beachtung des Denkmalschutzes war auch ein wichtiges Thema beim Umbau eines Gutshofs in Büro- und Ausstellungsräume in KölnRath. Innenarchitekt Ralf Schmitt hatte einen Teil der großen, denkmalgeschützten Gutsanlage aus den 1920er Jahren zu einem Leuchtenforum mit Büroarbeitsplätzen umgebaut. „Es ist toll, dass wir am Tag der Architektur einmal hinter die Hoffassaden blicken können“, freuten sich Elke und Silke Rombach. Beide besuchen regelmäßig am TdA interessante Büro- und Kulturbauwerke. „Man sieht einfach viel mehr, wenn man die Erläuterungen des Architekten vor Ort hört“, so die Erfahrung der Architekturfans.

Auch die Fachrichtung der Stadtplanerinnen und Stadtplaner war in diesem Jahr mit einigen Projekten vertreten. In Köln-Widdersdorf lud Stadtplaner Dr. Thomas Baum Interessierte zu Gruppenführungen durch den neuen Stadtteil - eines der größten Stadtentwicklungsprojekte der letzten Jahre in Deutschland. Rund 3.500 Menschen können hier, am westlichen Rande Köln, Eigentum erwerben. „Wir haben dazu unterschiedliche Cluster gebildet, weil sich zeigt, dass wir ganz unterschiedliche Wohnbedürfnisse berücksichtigen müssen, um einen stabiles Quartier entstehen zu lassen“, so Dr. Baum. Für ihn ist der Tag der Architektur eine gute Möglichkeit, die Leistungen des Berufsstandes in großer Breite an eine interessierte Öffentlichkeit zu vermitteln.

Dass oftmals das Interesse an Architektur auch mit persönlichen Erlebnissen verbunden ist, zeigte der Umbau der früheren Stadtbücherei in Hamm. Architekt Klaus Filbert baute mit seiner Kollegin Birgit Badde die ehemalige Zentralbibliothek zu einem modernen, lichten Bürogebäude um. Viele der Besucher kamen auch, um zu sehen, „was aus meiner alten Stadtbücherei geworden ist“, so Sabine Pahlke, die mit ihrem zehnjährigen Sohn Floris gekommen war. „Die Stadt ändert sich und mit ihr die Architektur. Es ist sehr interessant zu erfahren, welche Konzepte die Architekten und die Bauherren dabei verfolgen.“

Alle Infos zu den Projekten, die am Tag der Architektur zu besichtigen waren, können weiterhin im Internet abgerufen werden:
Projekt-Datenbank zum Tag der Architektur 2014

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