Am 27. und 28. Juni luden die NRW-Architekten mit 538 Objekten zum "Tag der Architektur"

Tag der Architektur: Inspiration Architektur!

„Seit vier Jahren kommen wir an jedem Tag der Architektur nach Nordrhein-Westfalen, um uns inspirieren zu lassen und um konkrete Anregungen für den weiteren Ausbau unseres Hauses aufzunehmen.“ Johanna Geissler und ihr Mann Karl-Heinz gehören zweifellos zu den passioniertesten Fans der großen Architekturveranstaltung, die von der Architektenkammer NRW und den Kammer bundesweit immer am letzten Wochenende im Juni durchgeführt wird. Denn das Ehepaar reist stets eigens aus Kaiserslautern an, um von der großen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen zu profitieren. 538 Objekte der Architektur, der Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Objekte der Stadtplanung gab e am 27. und 28. Juni 2009 zu entdecken und hautnah zu erleben. In 185 Städte und Gemeinden des Landes waren Wohn- und Geschäftshäuser, Parks und Gärten für Besucher geöffnet. Mit mehr als 40.000 Interessierten Besuchern wurde dabei in NRW ein neuer Besucherrekord aufgestellt.

28. Juni 2009von Christof Rose ros

Das Thema „Bauhaus“ lockte das rheinland-pfälzische Ehepaar Geissler in diesem Jahr ganz besonders, denn eine ganze Reihe von Wohnhäusern, die zur Besichtigung angeboten wurden, orientierten sich in ihrer Architektursprache an den Prinzipien des Bauhauses. So etwa das „Großzügige Einfamilienhaus“, das Innenarchitekt Andreas Burmester für Bianca Dustal in Ratingen realisierte.

„Es gibt durchaus eine aufgeschlossene Gruppe von Bauherren, die ganz gezielt das Individuelle und Anspruchsvolle für ihr Wohnen suchen“, resümiert Burmester seine Erfahrung der letzten Jahre. Immer wieder hat er am Tag der Architektur solche Objekte gemeinsam mit seinen Auftraggebern vorgestellt. „Aufträge habe ich darüber nicht direkt akquiriert, aber man lernt interessante Personen kennen, die möglicherweise als Multiplikatoren dienen“, begründet der Innenarchitekt seine Bereitschaft zum Mitmachen am Tag der Architektur. Für seine Auftraggeberin Bianca Dustal war es „eine Frage der Fairness, unsere positiven Erfahrungen an andere Bauinteressierte weiter zu geben und unser Haus zu öffnen.“Nicht nur der Hochbau, auch die Landschaftsarchitektur erfreute sich in diesem Jahr wieder lebhaften Zuspruchs des nordrhein-westfälischen Publikums. Landschaftsarchitekt Norbert Amberg stellte in Essen den neuen Krupp-Park vor. Der „Park der fünf Hügel“ ergänzt das noch im Entstehen befindliche neue Hauptquartier von ThyssenKrupp in der Essener Weststadt auf über 220.000 qm. Das Büro KLA kiparlandschaftsarchitekten (Mailand/Duisburg) lud zu Rundgängen über den bereits fertig gestellten, nördlichen Teil des Parks. Über 100 Besucher gingen mit und bekamen eine Vorstellung davon, wie durch die Kreativität der Landschaftsarchitekten eine neue stadträumliche Qualität in den bislang vernachlässigten Essener Westen kommen wird.

„Wir möchten Landschaftsarchitektur verständlich und publik machen“, erläuterte Amberg die Motivation seines Büros, gleich mit zwei Projekten am Tag der Architektur mitzuwirken. Auch der Krefelder Park Fischeln konnte in seiner Konzeption und unmittelbaren Wirkung mehreren hundert Gästen vor Ort nahe gebracht werden. „Ich bin stolz darüber, Menschen mit Architektur berühren und begeistern zu können.“ Anja Schnitzler, Architektin und Innenarchitektin in Bochum, hatte mit ihren „Bauhausvillen“ in Essen-Kettwig leichtes Spiel. Mehrere Dutzend Besucher waren ständig auf dem Grundstück in Essens guter Lage an der Ruhr präsent, um das Ensemble von fünf neuen Wohnhäuern im Bauhaus-Stil kennen zu lernen und um architektonische Details zu erfragen.

Unter ihnen Ulrike und Jens Kleinfeld mit ihren Kindern Sophia und Elisa. „Wir haben vor einiger Zeit ein älteres Haus in Mülheim gekauft und sind seitdem ständig bemüht, das Gebäude zu modernisieren und noch attraktiver zu gestalten“, erklärte die Familie während des Rundgangs durch die Wohnhäuser. „Wir suchen hier Inspiration für weitere Maßnahmen.“Ein Thema, das auf lebhaftes Interesse vieler Besucher stieß, waren kostengünstige, innovative Lösungen für innerstädtisches Wohnen. Prototypisch präsentierte der Neusser Architekt Eckehard Wienstroer in Neuss den Umbau und die Sanierung eines schmalen Stadthauses. Das Wohnhaus von 1912 bestand ursprünglich aus drei Wohneinheiten zu je 45 qm. Wienstroer baute das Gebäude zu einem Einfamilienhaus um, das durch fließende Übergänge zwischen Räumen und Treppenhaus ein modernes Innenleben bekam. "Ich glaube, es gibt viel Potenzial in unseren Städten", kommentierte der Neusser Architekt. "Deshalb ist es mir wichtig, ein solches Beispiel zu zeigen."

Unter den Interessierten war auch Susanna Maslankowski. Die Architektin war den ganzen Sonntag auf Achse. "Ich habe mir heute acht Bauwerke im Großraum Düsseldorf angesehen - das dürfte wohl rekordverdächtig sein, oder?" lachte die Architektin. Ihre Motivation zu der bei tropischen Temperaturen nicht eben entspannenden Rundfahrt: "Man kann einfach wunderbare Architektur erleben und viel Schönes sehen. Das ist auch in unserem Beruf ja nicht gerade der Arbeitsalltag."Über "Schönheit" wurde viel debattiert an der Rather Straße in Düsseldorf. Mehr als 300 Besucher sahen sich das "Gelbe Haus - ein Haus für Mode" an. Besser bekannt als das Haus mit den Elch-Geweihen. Der Neubau von Architekt Karl-Heinz Petzinka wurde von den beteiligten Architekten René Clasen und Nathalie Ness vorgestellt. "Das Haus hat sich in kürzester Zeit zu einer Marke entwickelt", betonte René Clasen. "Die Mieter lieben es, und gehört sicherlich zu den am meisten fotografierten neuen Bauwerken in Düsseldorf."

Carola Eilers und Ingmar Bruns jedenfalls zeigten sich angetan. "Ich finde solche Bauwerke einfach inspirierend", erläuterte Ingmar Bruns, der vor allem an Materialien und Details interessiert war - "für eigene Projekte". Auch Janine Gunzelmann und Carina Wolters ließen sich das Mode-Haus nicht entgehen. "Wir machen eine Ausbildung zu Bauzeichnern, wollen später Architektur studieren", erkärten die jungen Frauen ihr Interesse am Tag der Architektur.

Eines war an allen Tag der Architektur-Orten im Lande zu spüren: Es wurde viel geredet, diskutiert, gelacht. Architektur ist eben nicht nur inspirierend und begeisternd, sondern lädt vor allem auch zur Kommunikation ein.

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