Vortragsreihe "Boxenstopp"

Vortragsreihe "Boxenstopp": Von der Utopie zum Bau

Welche Chancen bietet das Planen und Bauen mit Containern? Welche Möglichkeiten eröffnen sich Architekten und Bauherren? Und auf welche Grenzen stößt die modulare Bauweise mit Frachtboxen? - Diese und andere Fragen behandelte die Vortragsreihe „Boxenstopp“, die die Architektenkammer NRW anlässlich der Ausstellung „Container Architektur“ im Düsseldorfer NRW-Forum durchführte. Architektinnen und Architekten aus Deutschland, der Schweiz, Belgien und den Niederlanden, die die unterschiedlichsten Erfahrungen mit Container- Architektur gesammelt haben, berichteten.

12. Juli 2011von Melanie Brans/Christof Rose

„Inszenierung der Einheitlichkeit“ war der erste Vortragsabend überschrieben. Doch die beiden Referenten, Prof. Han Slawik (Hannover/Amsterdam) und Harald Echsle (Zürich) zeigten mit ihren Vorträgen und Beispielen, dass Bauen mit Containern weit mehr ist als das. „Was ist eigentlich ein Container?“, fragte Slawik und nahm zunächst eine Definition vor. Er beschrieb konstruktive Eigenschaften und zeigte schnell die Grenzen auf, mit denen Planer sich beschäftigen müssen: „Container haben eine standardisierte Größe, das schränkt das Raumprogramm ein.“ Einschnitte in die Seitenwände führten zu Problemen bei der Stabilität der Konstruktion. Da gegenzusteuern mache das vermeintlich „einfache“ Bauen aufwändig. „Ein Container-Stapel ist noch keine Architektur“, stellte Slawik aber klar.

Geradezu beispielhaft hat dies der zweite Referent des Abends mit seinem Büro umgesetzt. In Zürich hat Harald Echsle mit dem Flagship-Store für den Kult-Taschen-Designer „Freitag“ eine 25 Meter hohe Landmarke aus Containern geschaffen. Allerdings machte auch Echsle deutlich: Das Bauwerk eignet sich bestenfalls für eine temporäre Nutzung. Das wissen auch die Bauherren, die ihr Grundstück nur bis 2018 gemietet haben und Teile des Bauwerks nach Materialermüdung bereits austauschen mussten. Zugleich macht der Freitag-Flagship-Store deutlich: Für bestimmte Herausforderungen gibt es Lösungen. So nutzten Echsle und sein Statiker spezielle Fittings und Lashings (Stahlseile), um die Konstruktion zu stabilisieren.
„Der Container steht exemplarisch für das Konzept der modularen, seriell hergestellten Raumzelle - ein Entwurfsmotiv, das Architekten schon in den 1960er Jahren begeisterte“, erläuterte AKNW-Vizepräsident Michael Arns in seiner thematischen Einführung. Eine Aussage, die Prof. Wolfgang Döring am zweiten „Boxenstopp-Abend“ mit eigenen Arbeiten aus seinem Frühwerk der 60er und 70er Jahren belegen konnte. „Manche Entwürfe von damals sind Utopie geblieben - glücklicherweise“, räumte Prof. Döring mit Selbstironie ein. Das modulare Bauen sei aber weiterhin eine faszinierende Planungsmöglichkeit und habe sich vielfach bewährt. Der Container sei in diesem Zusammenhang aber eher als Symbol zu verstehen denn als praktisches Bauelement.

Ganz konkret zu einem Hausbauprojekt inspirieren ließen sich der belgische Architekt Pieter Peerlings und seine Partnerin Silvia Mertens durch Frachtcontainer. Mit ihrem Büro „sculp(IT)“ realisierten sie in einer nur 2,40 m breiten Baulücke „das kleinste Haus von Antwerpen“ - gestapelt auf vier Ebenen plus Dach. Zur Ausstellung steuerte sculp(IT) den Entwurf für ein schwimmendes Studentenwohnheim aus Containern bei, das möglicherweise im kommenden Jahr im Antwerpener Hafen realisiert werden soll.
Seit der Zeit des Bauhauses wird über die Industrialisierung der Architektur eine lebhafte Diskussion geführt. Den Befürwortern offener Systeme unter Verwendung vorgefertigter Elemente stehen die Verfechter modularer Raumzellen gegenüber. Am dritten und vorletzten Boxenstopp-Abend referierten Prof. Helmut C. Schulitz, Architekt (Schulitz + Partner Architekten, Braunschweig) und Arie van der Neut, Architekt (HVDN Architecten, Amsterdam).

Das Online-Kulturmagazin "CultrD" aus Düsseldorf hat mit den Referenten bei Rundgängen durch die Ausstellung Interview-Gespräche geführt.Der letzte Boxenstopp-Abend fand am 12.07.2011 statt und hatte das Thema "Kunst - Container als Symbol und Vision". Dabei ging es um die immer spannende Frage, wo die Grenze zwischen Architektur als Ingenieurbau und Kunst verläuft. Wer mit Containern baut, tut dies nicht nur aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen. Oft wird damit auch eine künstlerische Aussage verbunden. Gesa Mueller von der Haegen (Karlsruhe) und Patrick Pütz (Köln) diskutierten, ob ästhetische und räumliche Qualitäten von Containern als Entwurfsparameter in die Entwicklung neuer Formen von Architektur und Urbanität einfließen können.

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