Walter Arno Noebel (1953 - 2012): Der Lehre verpflichtet
Während die Nachfolge für den Lehrstuhl für Gebäudelehre der Fakultät Architektur an der TU Dortmund noch nicht entschieden ist, bemüht sich das vom dortigen Lehrstuhl für Architekturgeschichte betreute Architekturarchiv um den Nachlass des Architekten Noebel. Paul Kahlfeldt, Lehrstuhlinhaber für Baukonstruktion in Dortmund, hat als Freund und Büronachbar von Walter Arno Noebel am Kurfürstendamm in Berlin die schwere Aufgabe übernommen, die laufenden Arbeiten insbesondere an der Rathausbrücke in Berlin verantwortlich zu Ende zu führen - und das Büro aufzulösen.
Gebürtig aus Köln wechselte Noebel zum Studium nach Berlin, unterbrochen durch ein Stipendium in Florenz: Frühe Affinität zu Italien, sprachlich, kulturell, architektonisch. So wurde die Mitarbeit bei O. M. Ungers, dem Klassiker des Rationalismus, die erste wichtige berufliche Station, gefolgt von Jahren in Mailand bei dem kongenialen Vittorio Gregotti, mit dem Noebel weiter verbunden blieb, nachdem er sich bereits 1984 in Mailand mit eigenem Büro selbstständig gemacht hatte.
Die Rückkehr nach Berlin verband sich mit einem ersten Wettbewerbserfolg für eine Sporthalle in Reinickendorf. Die aquarellierten Zeichnungen für dieses letztlich dann doch nicht ausgeführte Projekt zeugen von jener Symbiose aus Präzision und Poesie, die Noebel in Italien schätzen gelernt hatte. Andere Wettbewerbe folgten, so 1990 mit Ungers für die Erweiterung der Messe Berlin (1. Preis) und 1991 mit Gregotti für das städtebauliche Konzept Potsdamer Platz (ohne Platzierung). Eine große Aufgabe war 1994-96 die Erweiterung der ehemaligen Auerwerke von Egon Eiermann (Baujahr 1928) für die Ausländerbehörde. In Italien realisierte er zusammen mit Frank Stella 2000-2002 neue Hallen für die Messe Padua. Unmittelbar auf die Vollendung der eleganten, flach geschwungenen Spandauer Seebrücke 1998 folgte 1999 der Wettbewerbserfolg für die neue Rathausbrücke am Schlossplatz, die erst jetzt, nach der Entscheidung für den Neubau des Humboldtforums, zur Ausführung kam.
Noebels sorgfältig ausgeführte Entwurfszeichnungen würden das Dortmunder Architektur-Archiv wesentlich bereichern, zumal dann, wenn das geplante Baukunstarchiv mit Ausstellungsmöglichkeiten Wirklichkeit wird. Den Grundstock sollen u. a. die Nachlässe des Architekten Harald Deilmann und des Tragwerksplaners Stefan Polonyi liefern, Begründer der Dortmunder Architekturfakultät und der gemeinsamen Ausbildung von Architekten und Ingenieuren nach dem „Dortmunder Modell“. Dieses Modell mit Leben zu füllen und weiter zu tragen, sah Walter Noebel als seine wesentliche Aufgabe an, als er nach Lehraufträgen in Bologna, Zürich und Hannover 2000 nach Dortmund kam und auch als Dekan die Verantwortung für die Fakultät übernahm. Seine italienischen Verbindungen nutzte er zur Förderung der Beziehungen zu der Architekturfakultät „Aldo Rossi“ der Universität Bologna in Cesena mit Studienaustauschprogrammen. Eine dortige Ausstellung mit eigenen Entwurfszeichnungen ließ er in einem Katalog dokumentieren, der nur mit Textzitaten auskommt. Was richtig sei, müsse nicht neu gesagt werden. So begleitete er auch sein Portrait in dem Fotobuch von Udo Hesse „Berlin Architekten Portraits“ (Berlin 2000) statt mit einem eigenen Lehrsatz mit einem Zitat aus dem 1907 erschienenen Band „Moderne Baukunst“ von Karl Scheffler, dem Kunsttheoretiker, der der Moderne den Boden bereitete: „Der rechte Charakter, den man Stil zu nennen berechtig wäre, käme aber erst in unsere Städte, wenn im Prinzip die Uniformität herrschte, wenn das Besondere nur darin gesucht würde, mit überall gleichen Mitteln etwas möglichst Vollkommenes zu erreichen…“ Die Wege zum Erreichen des möglichst Vollkommenen zu vermitteln, erachtete der Lehrer Noebel als seine maßgebliche Aufgabe.
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