Baukultur NRW: Wohnen in Kirchenoptik
Der Umgang mit Kirchengebäuden in Deutschland scheint sich zu verändern – vielleicht auch wegen der Dimension und der Vielzahl der „freigesetzten“ Kirchen. Laut einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 18. Juli 2025 hat das Bistum Essen die Zahl seiner betriebenen Kirchen von einst 351 auf derzeit rund 160 reduziert. Zugleich wandelt sich das Spektrum der Folgenutzungen und die damit verbundenen Qualitätsansprüche. Kirchen verlieren ihr Image als Problemgebäude und werden zunehmend vermarktbar.
Zu Beginn der Schließungswelle stand noch der Wesenskern einer Kirche - als gemeinwohlorientierter Ort, als Symbol einer Erinnerungskultur und Beispiel für Architekturqualität - im Mittelpunkt. Heute rückt der Umbau zu Wohnprojekten stärker in den Fokus. In Bochum verspricht ein Wohneigentumsprojekt „himmlisches Leben in einer ehemaligen Kirche“ und „Wohnen in Kirchenoptik“ – ein Beispiel dafür, wie Kirchen zur Wohnimmobilie umgestaltet werden. Welche Folgen das für die Architekturaufgabe einer besonderen Gebäudetypologie hat, und was von einer Kirche dann übrigbleibt, wird wohl die Zukunft zeigen müssen.
Dass die elementarste Funktion einer Kirche – ihr Auftrag als bewusster Vierter Ort in der Stadt und ihre soziale Strahlkraft ins Quartier – immer einfacher einem Renditebewusstsein geopfert werden kann, zeigt sich zunehmend. Aus baukultureller Perspektive verlieren Städte und Quartiere dabei weit mehr als nur potenzielle Wohnhäuser.
Wie persönlich der Umgang mit Kirchen ist, zeigt die Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte. Perspektiven aus NRW“ von Baukultur NRW. Von 5. Oktober bis 2. November 2025 ist sie in der Kirche Neu St. Thomä in Soest zu sehen, anschließend von 9. November bis 14. Dezember 2025 in der Zionskirche in Düsseldorf.
Teilen via