Partizipation in Vergabeverfahren

Öffentlichkeitsbeteiligung wird im Rahmen von Vergabeverfahren immer häufiger von der Bürgerschaft gefordert. Auftraggeber sind dabei gefordert, rechtssichere Verfahren so durchzuführen, dass diese durch die Partizipation nicht gefährdet werden. 

Eine Partizipation innerhalb von Vergabeverfahren ist ausschließlich im Rahmen eines Planungswettbewerbs möglich. Alle anderen Verfahrensarten sehen eine Bürgerbeteiligung nicht vor (vgl. § 5 VgV).

Die Architektenkammer NRW sieht die Notwendigkeit ebenfalls und unterstützt Auslober gerne bei der Entwicklung des geeigneten Verfahrens. Generell gelten folgende Empfehlungen:

  1. Partizipation sollte für die Planungsvorhaben, in welchen dies notwendig und gewünscht ist, insbesondere intensiv zur Vorbereitung des Verfahrens durchgeführt werden. Über Workshops, Informationsabende und weitere Beteiligungsformate können die Bürger ihre Wünsche, Anregungen und Bedenken an den Auftraggeber weitergeben, welche diese dann in der Aufgabenbeschreibung berücksichtigen kann.
    Die Beteiligung vor dem Vergabeverfahren zur Gestaltung der Aufgabenstellung bietet somit den größten Erkenntnisgewinn und die größten Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger.
  2. Die Auslobung wird durch die Wettbewerbsbetreuung formuliert und basiert auf den Erkenntnissen der Projektvorbereitung. Auch in den Prozess der Auslobungsgestaltung können Bürger eingebunden werden, z.B. in Form eines Informationsabends vor Versand an die Teilnehmer, an welchem die Auslobung vorgestellt und ggf. mit den Bürgern diskutiert wird.
    Anregungen können dann noch in die Unterlage aufgenommen werden und gelten für alle Planer in gleichem Maße.

Diese beiden Beteiligungsschritte werden in der Regel als Grundlage angesehen, um weitere Beteiligungen innerhalb des Wettbewerbs selbst zu ermöglichen.

Innerhalb dieser Beteiligungen kann auch eine Bürgervertretung gewählt oder gelost werden (max. 3 Personen), die als Teil des Preisgerichts (stimmberechtigt, stellvertretend oder sachverständig) beteiligt werden kann. Diese unmittelbare Beteiligung im Preisgericht ermöglicht anschließend eine Unterstützung bei der Vermittlung der Entwürfe, sodass hiervon auch der Auslober profitieren kann.

Partizipation im Rahmen der Vorprüfung der Wettbewerbsarbeiten oder innerhalb der Preisgerichtssitzung gelten generell als Ausnahme von der RPW 2013. Dies bedeutet nicht, dass sie generell ausgeschlossen werden, aber es muss eine sachlich zwingende Begründung dargelegt werden, warum die Beteiligung vor und nach dem Wettbewerb nicht ausreichend sein kann.

Im Rahmen der Vorprüfung kann Partizipation zum Beispiel in Form einer Ausstellung oder eines Informationsabends möglich sein. Beide Veranstaltungen müssen zwingend eng begleitet werden, um den Bürgern die Entwürfe zu erläutern und falsche Interpretationen zu vermeiden. Die Bürger können dann aufgefordert werden, Anmerkungen zu den einzelnen Entwürfen oder allgemein zu formulieren, die von der Verfahrensbetreuung gesammelt werden. Die Anmerkungen werden dem Preisgericht dann in sortierter Form zur Information vorgestellt. Preisgericht und Pressevertreter sind von der Veranstaltung auszuschließen, da das Preisgericht die Wettbewerbsarbeiten erst am Tag der Preisgerichtssitzung sehen darf. Die Presse kann selbstverständlich über die Veranstaltung generell berichten, ein Bericht über die Inhalte der einzelnen Arbeiten ist dagegen aus o.g. Gründen nicht zulässig. Das Preisgericht fällt seine Entscheidung dennoch unabhängig und auf Basis der fachlichen und sachlichen Kriterien der Auslobung.

Es wird daher in Frage gestellt, welche Auswirkung diese Form der Partizipation tatsächlich auf die Preisgerichtsentscheidung haben kann. Den Bürgern sollte fairerweise klar vermittelt werden, wie der weitere Prozess der Entscheidungsfindung abläuft und welche Entscheidungsrelevanz die Rückmeldung hat.

Alternativ kann der Informationsrundgang der Preisgerichtssitzung öffentlich durchgeführt werden. Nach der Vorstellung der Arbeiten durch die Verfahrensbetreuung kann den Bürgern die Möglichkeit für Anmerkungen gegeben werden. Das Preisgericht fällt seine Entscheidung weiterhin unabhängig, aber unter Eindruck der Rückmeldungen der Bürger.
Auch bei dieser Form der Partizipation ist die Wirkung der Bürgermeinung eingeschränkt, da das Preisgericht weiterhin unabhängig urteilt.

Generell wird die Beteiligung von Bürgern in Vorprüfung oder Preisgerichtssitzung kritisch hinterfragt. Neben hohen Kosten entsteht eine voraussichtlich geringe Wirkung, sodass diese beiden Wege nur für sehr stark diskutierte Planungsvorhaben gewählt werden sollten.

Weitere Partizipationsmöglichkeiten gibt es nach der Preisgerichtssitzung über die öffentliche Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten und eine Beteiligung von Bürgern nach Beauftragung des Planers z.B. in Workshops zur Weiterentwicklung des Entwurfs. Auch hier wird die Einflussnahme der Bürger als höher eingeschätzt und somit als sinnvoll angesehen.

Weitere Informationen

Eine gute Übersicht über die Möglichkeiten der Partizipation in Vergabeverfahren bietet der Leitfaden für Partizipation in Vergabeverfahren für Planungsleistungen, der von den kommunalen Spitzenverbänden und einer Vielzahl von Planerverbänden herausgegeben wurde. Der Leitfaden kann hier heruntergeladen werden.

 Michaela Zimmermann
Michaela Zimmermann

Erstinformation energieeffizientes Bauen, Anerkennung von Veranstaltungen externer Fortbildungsträger, Wettbewerbs- und Vergabewesen

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Dipl.-Ing. Architektin
Dipl.-Ing. Architektin Christine Dern

Techn. Fragen des Bau- und Planungsrechts, Wettbewerbs- und Vergabewesen

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