Rheinischer Tag für Denkmalpflege: Neues Bauen im Rheinland

Das Neue Bauen der zwanziger Jahre beeinflusst das Bauschaffen bis in die Gegenwart. Doch auf der Suche nach einer Baugestaltung, die dem technischen Zeitalter gerecht würde, war die progressive Interpretation die Ausnahme inmitten des vorherrschenden Traditionalismus. Der Rheinische Tag für Denkmalpflege thematisiert zum 100. Bauhaus-Jubiläum in Köln die moderne Architektur der Weimarer Republik im Rheinland.

24. April 2019von Dr. Moritz Wild / Stadt Köln

Köln, Ort der Werkbundausstellung von 1914, war keine exponierte Wirkungsstätte von Lehrern oder Schülern des Bauhauses; aber in der Großstadt fanden einige rheinische Architekten zu ihrem eigenen Ausdruck des Neuen Bauens. Die modernen Impulse gingen öfter von freiberuflichen Architekten aus als von der Stadtverwaltung, deren Hochbauamt seit Mitte der zwanziger Jahre von Absolventen der konservativeren „Stuttgarter Schule“ dominiert wurde. Das Stuttgarter Vorbild beeinflusste auch die Lehre an der Technischen Hochschule in Aachen, während avantgardistische Architektur an den progressiveren Kunsthoch- und Kunstgewerbeschulen stärker gefördert wurde.  

Im Siedlungsbau der 1920er Jahre gehörte Köln zu den führenden Städten, weshalb der „Blaue Hof“ und die „Weiße Stadt“ zu Exkursionen einladen. Die Siedlung Blauer Hof (Wihelm Riphahn, Caspar M. Grod) bediente die Zielgruppe großer Familien mit kleinen Einkommen, indem Blockrandbebauung mit aufgeräumten Grundrissen um einen weiten begrünten Innenhof angeordnet wurde und dadurch gesundes Wohnen mit Licht und frischer Luft garantieren sollte. Noch einen Schritt weiter gingen die Architekten Riphahn und Grod kurz darauf mit der Weißen Stadt, deren vielgeschossige Wohnbebauung sie in lange Zeilen auflösten.

Gegensätze zu den Großsiedlungen stellen die Villenvororte „Gartenstadt Stadion“ in Junkersdorf und „Im Park“ in Rodenkirchen dar, wo konservative und progressive Villen beieinanderstehen und Geschmack oder auch Gesinnung ihrer Bauherren zum Ausdruck bringen. Die Avantgarde für sein Haus wählte beispielsweise Heinrich Hußmann, Grafiker der Kölner Werkschulen.

Wer bei der Moderne an weiße Kisten denkt, wird von der um 1930 errichteten Anti-Kiste St. Engelbert in Riehl überrascht, deren expressionistisch anmutende Gewölbe die liturgischen Anforderungen zur Vermittlung einer überirdischen Sehnsuchtswelt an die Gläubigen durch innovative Konstruktionen wagte. Dominikus Böhm verband in der sogenannten „Zitronenpresse“ traditionelle Kirchenmotive mit neuer Bautechnik zu einem modernistischen Gesamtkunstwerk, ohne sich von traditionaler Symbolik loszusagen. Wie weit Kirchenbau modern sein konnte oder durfte, war eine unter Zeitgenossen vieldiskutierte Frage. Da der Stadtteil Riehl in der Zwischenkriegszeit deutlich wuchs, gibt es in der Umgebung auch einige Straßenzüge aus verschiedenen Bauphasen der zwanziger Jahre zu sehen.

Der rheinische Tag für Denkmalpflege beginnt am 7. Mai mit einem Abendvortrag und bietet am 10./11. Mai Vorträge und Exkursionen des Landschaftsverbandes Rheinland, des Stadtkonservators Köln und weiterer Referenten. Tagungsorte sind das Haus der Architektur und die Fritz-Thyssen-Stiftung im Amerikahaus. Ein Architekturführer des Landschaftsverbandes Rheinland stellt Orte des Neuen Bauens im Rheinland vor.   

Info zu Programm, Führungen und Anmeldung

Fotos und Beschreibungen von Objekten des Neuen Bauens im Rheinland und in Westfalen finden Sie hier

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