Stadt - Land - Planung

Wie kann der verantwortungsvolle Umgang mit dem Gebäudebestand strukturell gestärkt werden? Mit dieser Frage befasste sich der Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in seiner Sitzung am 5. November im Düsseldorfer Haus der Architekten. Prof. Rolf-Egon Westerheide, Vorsitzender des Ausschusses Stadtplanung der AKNW, berichtete dem Vorstand von Diskussionen der Fachgremien auf Landes- und Bundesebene darüber, ob die Schaffung einer eigenen „Umbauordnung“ dabei helfen könne, den vorschnellen Abriss wertiger Gebäudesubstanz zu verhindern und die Tendenz zu verstärken, primär über die Weiterentwicklung von Gebäuden jeder Altersklasse nachzudenken. „Ein spannendes Aufgabenfeld“, erklärte Prof. Westerheide, „das auch starke städtebauliche Implikationen aufweist.“

12. November 2019von Christof Rose

„Die Fragestellung ist für die Planungsbranche insgesamt eine sehr grundlegende, da sie ökonomische, ökologische, städtebauliche und soziale Aspekte umfasst“, stellte Kammerpräsident Ernst Uhing fest. Vorstandsmitglied Jochen König hob hervor, es müsse Bauherren und Architekten gleichermaßen in Zeiten des Klimawandels ein Anliegen sein, die in Bestandsgebäuden gespeicherte graue Energie zu nutzen, Deponieflächen einzusparen und weniger Rohstoffe zu verbrauchen. Friederike Proff, neues Mitglied im Vorstand der Architektenkammer NRW, betonte die Verantwortung der Kommunen in dieser Frage, die aufgerufen seien, sich systematisch mit der Bestandsentwicklung auseinanderzusetzen. Prof. Westerheide ergänzte, dass ein strategischer Ansatz ein „Kataster der Potenziale“ sein könne, in dem Kommunen verzeichnen sollten, wo eine Erneuerung notwendig bzw. eine intensivere Nutzung des Bestandes möglich wäre.

Leipzig-Charta 2020

Thematisch passend befasste sich der AKNW-Vorstand auch mit der Überarbeitung der „Leizig-Charta“. „Das strategische Konzept hat sich bewährt, muss aber fortgeschrieben werden“, erläuterte Prof. Rolf Westerheide. Themen wie Klimawandel und Resilienz, Migration und soziale Gerechtigkeit, Stadt und Land-Ausgleich seien in den letzten zehn Jahren dazugekommen. Die Leipzig-Charta war 2007 von 27 europäischen Staaten verabschiedet worden und forderte u.a. die Formulierung integrierter Stadtentwicklungskonzepte sowie die besondere Beachtung der Rolle benachteiligter Quartiere im Stadtgefüge. Das Papier wird aktuell von der Europäischen Union weiterentwickelt und soll 2020 – wenn Deutschland erneut den EU-Vorsitz übernimmt – in fortgeschriebener Fassung neu verabschiedet werden.

Strategien zum Stadt-Land-Ausgleich

„Wir müssen neu über eine gezielte Förderung des ländlichen Raums nachdenken!“ Mit dieser Forderung stellte Prof. Rolf-Egon Westerheide dem Vorstand weitere Überlegungen des Ausschusses Stadtplanung zur weiteren Entwicklung der ländlichen Regionen in Deutschland vor. Die traditionelle, hierarchische Kette der Aufgabenverteilung nach Stadtgrößen und Funktionszuweisungen habe sich vielfach überholt, erläuterte Prof. Westerheide. Überall im Lande seien in den letzten Dekaden Orte entstanden, die nahezu ausschließlich dem Wohnen dienten. „Wenn wir den ländlichen Raum in unserem Land stärken wollen, muss ein neues Verständnis des Stadt-Land-Zusammenspiels entwickelt werden“, zeigte sich der Vorstand der Architektenkammer NRW überzeugt und beschloss einstimmig, das Analyse- und Thesenpapier des AKNW-Stadtplanungsausschusses an die Bundesarchitektenkammer weiterzuleiten.

Landtagsanhörungen zur Sozialen Wohnraumförderung

Mit umfangreichen Stellungnahmen hat die Architektenkammer NRW auf zwei aktuelle Anträge der SPD-Fraktion bzw. der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag zur Wohnungsbaupolitik reagiert. In ihrer schriftlichen Positionierung gegenüber dem NRW-Landtag betont die AKNW die besondere gesamtgesellschaftliche Bedeutung der sozialen Wohnraumförderung für das einwohnerstärkste Bundesland. „Das konstant hohe Förderniveau in NRW ist vorbildlich“, urteilt die Architektenkammer. Die Bemühungen müssten aber intensiv weitergeführt werden. Notwendig sei, die Baulandfrage konsequent anzugehen. Ein denkbarer Weg sei, die Kommunen in die Lage zu versetzen, baureife Grundstücke, die aus spekulativen oder anderen Gründen dem Markt entzogen werden, ankaufen zu können, um sie einer Nutzung für den Wohnungsbau zuzuführen.  

ASAP-Vorstand

Die deutschen Architektinnen und Architekten sollten im Vorstand des Akkreditierungsverbundes für Studiengänge der Architektur und Planung (ASAP) mit einer Stimme sprechen. Der AKNW-Vorstand sprach sich dafür aus, Prof. Ralf Niebergall, einen der drei Vizepräsidenten der Bundesarchitektenkammer, zu bitten, diese Aufgabe zu übernehmen. Bei der Neuwahl des ASAP-Vorstandes auf der 21. Mitgliederversammlung wollen die dort engagierten Länderarchitektenkammern (neben der AKNW auch AK Baden-Württemberg und AK Bayern) geschlossen Prof. Niebergall für den Vorstand vorschlagen. Die Architektenkammer NRW bleibt durch ihr Vorstandsmitglied Heinrich Pfeffer im Fachausschuss Architektur des ASAP sowie in der Mitgliederversammlung und auch als Gast im ASAP-Vorstand vertreten.

Preisrichter in Planungswettbewerben

Für den Ausschuss „Wettbewerbs- und Vergabewesen“ schlug dessen Vorsitzender Jochen König dem Vorstand vor, die seit zehn Jahren unveränderten Empfehlungen für Aufwandsentschädigungen für Preisrichter an Wettbewerbsverfahren moderat anzupassen. „Preisrichterinnen und Preisrichter tragen in erheblichem Maße zum Erfolg von Wettbewerben in Architektur und Städtebau bei“, unterstrich König. Der Vorstand folgte auch der Anregung, eindeutige Orientierungswerte vorzugeben. Dementsprechend wird Auslobern künftig empfohlen, den Aufwand von Preisrichtern und ihren Stellvertretern bei ganztägigen Sitzungen mit einer Pauschale von 1200 € zu entschädigen; der bzw. die Vorsitzende soll 600 € zusätzlich erhalten.

Freie Fensterlüftung

Die Architektenkammer NRW wird sich an der Beauftragung eines Gutachtens beteiligen, das Möglichkeiten der Planung von freien Fensterlüftungen ausweisen soll. „Es kommt in der Planungspraxis immer wieder zu der Frage, ob unter den Rahmenbedingungen der Energieeinsparverordnung und den normativen Vorgaben der DIN 1946-6 die freie Fensterlüftung noch zulässig ist“, begründete Eric Wollesen, Vorsitzender des Ausschusses „Planen und Bauen“, ein entsprechendes Vorhaben der Bundesarchitektenkammer. Der AKNW-Vorstand zeigte sich einig, dass verstärkt über alternative Belüftungskonzepte geforscht werden solle – und die Möglichkeit von natürlichen Belüftungskonzepten zumindest rechtlich abgesichert möglich sein müsse.

Baukunstarchiv NRW

Mit einer resonanzstarken Pressekonferenz und einer gut besuchten Vernissage zur Ausstellung „Josef Paul Kleihues in NRW“ konnte das Baukunstarchiv NRW am 4. November seinen ersten Geburtstag feiern. „Wir hatten insgesamt zwölf Ausstellungen, 100 Veranstaltungen und 15 000 Besucher in unserem ersten Jahr“, resümierte der Geschäftsführer des Baukunstarchivs NRW, AKNW-Hauptgeschäftsführer Markus Lehrmann. „Das Baukunstarchiv ist innerhalb kürzester Zeit zu einem lebendigen Ort der Baukultur geworden, der weit über Dortmund und die Region hinaus Ausstrahlung entfaltet hat“, ergänzte Kammerpräsident Ernst Uhing. Die große Wertschätzung, welche die neue Institution genieße, zeige sich nicht alleine in der hohen Besucherzahl, sondern auch darin, dass inzwischen über 100 Nachlässe in die Verantwortung des BKA NRW übergeben wurden.

Landesgartenschau in Kamp-Lintfort

Der Vorstand der AKNW wird im kommenden Jahr eine seiner Frühjahres-Sitzungen auf der Landesgartenschau 2020 in Kamp-Lintfort durchführen. „Das Instrument der Landesgartenschauen ist nicht nur für die jeweilige Region ein wichtiger Entwicklungsimpuls, sondern auch eine Leistungsschau der Landschaftsarchitektur“, hob Kammerpräsident Ernst Uhing hervor. Die LaGa 2020 findet vom 17. April bis zum 11. Oktober u.a. auf dem Gelände der seit 2012 stillgelegten Zeche Friedrich Heinrich statt.

Teilen via