AKNW sieht Fehlanreize im „Bau-Turbo“ – und schlägt Korrekturen vor
Am 10. Juli 2025 berät der Deutsche Bundestag in Erster Lesung den Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung. Der darin enthaltene neue § 246e BauGB ist aus Sicht der Architektenkammer NRW in der vorliegenden Form abzulehnen. Er hebelt grundlegende städtebauliche Prinzipien aus und konterkariert das Ziel, bezahlbaren Wohnraum sozial und ökologisch verantwortungsvoll zu schaffen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, Befreiungen nach § 246e BauGB nicht mehr auf Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt zu beschränken und ermöglicht sie auch im Außenbereich. Dies öffnet Tür und Tor für Fehlentwicklungen: Zersiedelung, Überkapazitäten und dauerhafte Infrastrukturkosten zulasten der Kommunen. Durch den Bau-Turbo würden steigende Infrastrukturkosten provoziert, die die Kommunen bei der Schuldenbremse langfristig nicht werden zahlen können.
Flächenausweisung ohne Baugebot – ein fataler Anreiz
Besonders kritisch ist, dass die Regelung ohne ein verpflichtendes Baugebot auskommt. Dadurch werden Baurechte geschaffen, ohne dass die Realisierung gesichert ist. Gerade in Verbindung mit der Möglichkeit, auch Einfamilienhäuser ohne Mindestwohnungszahl zu errichten, führt dies zu einer Aufwertung von Flächen, die der Allgemeinheit und den Kommunen keinen Nutzen bringt – ein „Vermögens-Turbo“ statt eines „Bau-Turbos“.
Vorschläge zur Korrektur
Sollte die Einführung des § 246e BauGB nicht verhindert werden können, sind aus Sicht der Architektenkammer NRW folgende Mindestkorrekturen erforderlich:
- Beschränkung auf angespannte Wohnungsmärkte, definiert nach § 201a BauGB.
- Begrenzung auf den Innenbereich und klarer Ausschluss von Flächenausweisungen im Außenbereich ohne bestehende planerische Grundlage.
- Verpflichtendes Baugebot mit Frist von 1,5–3 Jahren zur Realisierung, andernfalls Erlöschen der Genehmigung.
- Mindestanzahl von sechs Wohneinheiten, um Geschosswohnungsbau zu fördern.
- Verbindliche Quote von mindestens 50 % bezahlbarem Mietwohnungsbau.
- Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung bei größeren Vorhaben (ab 20 bzw. 50 Wohneinheiten). Es bräuchte die Möglichkeit zur Beteiligung von Fachdienststellen und Öffentlichkeit bei größeren Vorhaben, denn dazu reichen die derzeit vorgesehen Fristen nicht aus.
Ohne diese Anpassungen droht der Gesetzentwurf, bestehende Probleme zu verschärfen, statt zu lösen.
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen - mit ihren rund 32.000 Mitgliedern - appelliert daher an die Verantwortlichen, den § 246e BauGB grundlegend zu überarbeiten oder aus dem Gesetz zu streichen.
Teilen via