Deutscher Baugerichtstag: „HOAI ist europarechtlich zulässig!“
Der Deutsche Baugerichtstag hat auf seiner Jahrestagung am vergangenen Wochenende im Hamm empfohlen, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure aus Gründen des Verbraucherschutzes in Deutschland zu erhalten. Zwei Tage lang (13./14.06.08) diskutierten über 600 Richter, Juristen und Anwälte über die gegenwärtig laufende Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Der Baugerichtstag sprach sich dabei dafür aus, sowohl die Planungsleistungen als auch die Phasen der Bauleitung und Bauüberwachung dem Reglement der HOAI zu unterwerfen. Im Sinne der Verbraucher würde auf diese Weise sichergestellt, dass in erster Linie die Qualität und nicht allein der Preiswettbewerb über die Vergabe dieser qualifizierten Dienstleistungen entscheidet. „Wir freuen uns, dass die führenden deutschen Baurechtler und Richter uns in dem Anliegen unterstützen, die über Jahrzehnte bewährte Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu erhalten und im Zuge der Novellierung jetzt zukunftsfest aufzustellen“, erklärte der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hartmut Miksch, in einer ersten Stellungnahme.
Der Baugerichtstag hatte in seinem Arbeitskreis IV intensiv über die Novellierung der HOAI beraten und dabei unter Leitung von Rechtsanwalt Peter Oppler aus München Empfehlungen entwickelt, die das Plenum mit deutlicher Mehrheit verabschiedete. Die Rechtsexperten empfehlen dem Verordnungsgeber u. a.:
- Der Verordnungsgeber möge den Spielraum ausschöpfen, den die europäische Dienstleistungsrichtlinie ermöglicht, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses einen solchen Eingriff in den Markt rechtfertigen. Im Falle der HOAI liege ein solcher „zwingender Grund“ vor, „um auch zukünftig die Versorgung der Verbraucher/Dienstleistungsempfänger mit qualitativ hochwertigen Architekten- und Ingenieurleistungen sicherzustellen“, argumentiert der Baugerichtstag.
- Es wird empfohlen, dass die Honorarregelung wie bisher alle Leistungsphasen 1 - 9 umfasst. Damit bleiben die für die Qualitätssicherung wichtigen Teilleistungen Vergabe und Objektüberwachung geschützt.
- Die Beibehaltung von Honorarzonenregelungen wird als notwendig angesehen.
- Die spezifischen Leistungen beim „Bauen im Bestand“ sollen nach Meinung des Baugerichtstages in einer Neufassung der HOAI ausdrücklich geregelt werden. Angesichts der Bedeutung dieser Leistungen reiche die bisherige Abrechnung über ein Zuschlagsverfahren nicht aus.
Hintergrund:
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte im Februar 2008 einen Referentenentwurf zu einer Novellierung der HOAI veröffentlicht, der eine deutliche Beschneidung der Honorarordnung zur Folge gehabt hätte. Der Entwurf stieß bei Architekten und Ingenieuren bundesweit auf einhellige Ablehnung. Die Architektenkammer NRW protestierte u. a. auf ihrem NRW-Architektentag am 29. Mai 2008 mit Nachdruck gegen diese „schleichende Abschaffung“ der HOAI. Am gleichen Tag erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, dass der Referentenentwurf zurückgezogen werde. In Abstimmung mit dem Bundesbauministerium wird gegenwärtig an einem neuen Vorschlag zur Novellierung der HOAI gearbeitet, der mit den Kammern und Verbänden abgestimmt werden soll.
Ausführliche Informationen und Positionspapiere der Kammern und Verbände finden Sie im Internet unter www.aknw.de/hoai.
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