An eine Honorarabschlagsrechnung ist der Architekt nicht wie an eine Schlussrechnung gebunden.

01. Juli 1996von Juli 1996

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt, nachdem der Beklagte den Architektenvertrag vorzeitig gekündigt hat, Honorar für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen.

I.
Ende September 1991 schlossen die Parteien einen undatierten schriftlichen Architektenvertrag über die Modernisierung und Instandsetzung des Kantinengebäudes der Kreisverwaltung G. Der Architektenvertrag umfaßt die Leistungsphasen 1 bis 9, Grundlage des Auftrages war die Aufgabenstellung des Beklagten vom August 1991. Auf der Grundlage dieser Aufgabenstellung fertigte die Klägerin unter dem 31. Oktober 1991 einen Bauantrag, in dem die Baukosten mit 1,9 Mio. DM angegeben sind. Der Beklagte reichte den Bauantrag bei der Baubehörde ein. Dem Bauantrag ist als Anlage eine Kostenschätzung der Klägerin in Höhe von 900.000 DM beigefügt, die die Klägerin aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, im November 1991 gefertigt hatte.

Die Klägerin behauptet, der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten habe sie veranlaßt, die dem ursprünglich vorgesehenen Bauvolumen entsprechende Bausumme in Höhe von 1,9 Mio. DM durch Reduzierung des Bauvolumens unter 1 Mio. DM zu schätzen, damit das Bauvorhaben bei den politischen Entscheidungsinstanzen durchgesetzt werden könne. Im Falle der Genehmigung des Projektes durch die politischen Gremien habe eine Ausdehnung auf das ursprüngliche Bauvolumen erfolgen sollen.

Der Beklagte behauptet, die Parteien seien bei Abschluß des Architektenvertrages einvernehmlich von einer Bausumme von 900.000 DM ausgegangen, die überhöhte Bausumme von 1,9 Mio. DM im Bauantrag sei bei der Unterzeichnung übersehen worden.

Am 12. November 1991 erteilte die Klägerin dem Beklagten eine sogenannte Honorarzwischenrechnung für die von ihr bisher erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 über insgesamt 27.476,17 DM. Der Berechnung des Honorars legte die Klägerin eine geschätzte Bausumme von 900.000 DM zugrunde. Mit Schreiben vom 6. März 1992 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß das Bauvorhaben aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht beendet werden könne. Die anschließend von der Klägerin erteilte Schlußrechnung über 159.986,95 DM beruht auf anrechenbaren Kosten in Höhe von 1.415.000 DM. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter 59.818,77 DM hat die Klägerin 100.168,18 DM nebst Zinsen verlangt.

II.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 28.268,69 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Honoraranspruch in Höhe von 67.820,01 DM nebst Zinsen weiter. 

Entscheidungsgründe:

Das Urteil beruht nicht auf der Säumnis des Beklagten.

Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil ist, soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe von 67.820,01 DM nebst Zinsen abgewiesen hat, aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.I. 1. Das Berufungsgericht hat zu den anrechenbaren Kosten folgendes ausgeführt: ...

2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg:Das Berufungsgericht hat keine hinreichenden Feststellungen zu der streitigen Frage getroffen, von welcher Bausumme die Parteien bei Abschluß des Architektenvertrages einvernehmlich ausgegangen sind, so daß in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin zu unterstellen ist, daß die für das vereinbarte Bauvolumen erforderliche Bausumme nach der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien 1,9 Mio. DM betrug. Unter der Annahme einer ursprünglichen Bausumme von 1,9 Mio. DM sind die Erwägungen des Berufungsgerichts zur einvernehmlichen Reduzierung der Bausumme auf 900.000 DM nach Abschluß der Leistungsphase 4 rechtsfehlerhaft. Eine Reduzierung der ursprünglich anrechenbaren Baukosten würde voraussetzen, daß die Parteien durch die Änderung des Architektenvertrages das ursprüngliche Bauvolumen entsprechend einvernehmlich vermindert hätten. Der Sachvortrag beider Parteien enthält keinen Anhaltspunkt für eine derartige Änderung des Architektenvertrages.

Nach dem Sachvortrag der Klägerin hat sie im Einvernehmen mit einem Sachbearbeiter des Beklagten die Kostenschätzung vorläufig niedriger angegeben, um dem Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen, die politischen Entscheidungsgremien über die tatsächlich erforderlichen Kosten zu täuschen. Damit hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen, daß sie mit einer Änderung des Architektenvertrages einverstanden war, die mittelbar einen nachträglichen Teilverzicht auf die ursprünglich vertraglich begründete Honorarforderung zur Folge gehabt hätte. Sie hat ferner nicht vorgetragen, daß der Sachbearbeiter des Beklagten eine entsprechende Änderung des Architektenvertrages wollte. Nach dem Sachvortrag des Beklagten, die ursprüngliche Bausumme habe 900.000 DM betragen, wäre eine derartige Änderung des Architektenvertrages aus der Sicht des Beklagten nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Sachbearbeiter des Beklagten bevollmächtigt gewesen wäre, den Architektenvertrag in der vom Berufungsgericht angenommenen Weise zu ändern.

II. 1. Das Berufungsgericht ist mit folgenden Erwägungen zu der Ansicht gelangt, die Klägerin könne auch für die Leistungsphasen 1 bis 4 nur die Bausumme von 900.000 DM ihrer Honorarforderung als anrechenbare Kosten zugrunde legen, weil sie an die Honorarzwischenrechnung gebunden sei:

Bei der Honorarzwischenrechnung der Klägerin handele es sich um eine Teilschlußrechnung, an die sie gebunden sei. Die Honorarzwischenrechnung erfülle alle Anforderungen einer Schlußrechnung, weil sie alle bisher abgeschlossenen Leistungen entsprechend der HOAI enthalte. Sie sei prüffähig und enthalte alle notwendigen Angaben. Es sei anzunehmen, daß der Beklagte mit der Einreichung der Bauantragsunterlagen die Leistungen der Klägerin insoweit abgenommen habe. Mit dieser Teilschlußrechnung sei bei dem Beklagten ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden; der Beklagte habe den Rechnungsbetrag ohne Einwendungen bezahlt.

2. Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Berufungsgericht hat nach den bisherigen Feststellungen die als Honorarzwischenrechnung bezeichnete Abschlagsrechnung rechtsfehlerhaft als Teilschlußrechnung gewertet. Eine Teilschlußrechnung kommt nur in Betracht, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Der Architektenvertrag enthält keine solche Vereinbarung, insbesondere nicht über eine Teilabnahme nach den Leistungsphasen 1 bis 4. Für eine entsprechende nachträgliche Änderung des Architektenvertrages fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Die Rechnung der Klägerin vermittelt auch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihrem Inhalt nicht den Eindruck, daß es sich um eine Teilschlußrechnung handeln sollte. Die als Honorarzwischenrechnung bezeichnete Rechnung erfüllt die Voraussetzung einer Abschlagsrechnung nach § 8 Abs. 2 HOAI. Der Beklagte selbst hat die Rechnung nach seinem Prozeßvortrag nicht als Teilschlußrechnung, sondern als Abschlagsrechnung angesehen. Im Unterschied zu einer Schlußrechnung kann durch eine Abschlagsrechnung kein Vertrauenstatbestand zugunsten des Auftraggebers dahin begründet werden, daß der Architekt mit der Abschlagsrechnung alle bisher erbrachten Leistungen vollständig und endgültig abrechnet. Eine Abschlagsrechnung und die auf eine derartige Rechnung geleisteten Zahlungen sind vorläufig. Die Fälligkeit der Abschlagsforderung setzt im Unterschied zur Honorarschlußforderung weder die Abnahme noch die Abnahmereife der abgerechneten Leistungen voraus. Erst mit der Schlußrechnung ist der Architekt verpflichtet, den Auftrag insgesamt unter Berücksichtigung etwaiger Abschlagszahlungen abzurechnen (BGH, Urteil vom 9. Juni 1994 - VII ZR 87/93 - BGH-Ls 440/94 Zfl3R 1994, 219 = BauR 1994, 655). III.1. Das Berufungsgericht meint, für die erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 5 und 6 könne die Klägerin lediglich die Bausumme in Höhe von 900.000 DM als anrechenbare Kosten zugrunde legen, weil die Parteien das Volumen des Bauvorhabens nach Abschluß der Leistungsphase 4 einvernehmlich reduziert hätten.

2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Eine Reduzierung des im ursprünglichen Architektenvertrag vorgesehenen Bauvolumens ergibt sich weder aus dem Sachvortrag der Klägerin noch aus dem des Beklagten (l. 2.).

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