Arbeiten im EU-Ausland

01. Mai 1998von hp, Mai 1998

Bereits die Gründerväter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) träumten im Jahre 1957 von einem gemeinsamen Binnenmarkt, in dem Waren und Dienstleistungen ohne Schranken frei handelbar sein sollten. Zu den angestrebten Freiheiten des Gemeinsamen Marktes gehörten die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit.Auch 40 Jahre nachdem der europäische (Ver)-Einigungsprozeß mit Unterzeichnung der römischen Verträge begonnen hat, ist es noch nicht ohne Weiteres möglich, daß ein deutscher Architekt bei der zuständigen mallorquinischen Baubehörde die Pläne für den Umbau einer finca einreicht. Denkbar und vielleicht auch wünschenswert wäre dies schon. Es würde jedoch die Existenz einer Institution voraussetzen, die sich u.a. mit der Anerkennung von EU-Diplomen auf dem Gebiet der Architektur beschäftigen würde. Wäre ein Diplom-Ingenieur Mitglied dieser Institution hätte er als Architekt automatisch die Bauvorlageberechtigung in allen EU-Staaten. Die beschriebene Behörde wird aber wohl - auf Grund der absehbaren politischen und berufspolitischen Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer Gründung - auch in ferner Zukunft eine Utopie bleiben.Architektenrichtlinie 85/384/EWGUm die Aufnahme und Ausübung der Architektentätigkeit für den Einzelnen zu erleichtern, hat die Europäische Gemeinschaft 1985 – nach jahrelangen Vorarbeiten - grundlegende Regelungen für die gegenseitige Anerkennung der Befähigungsnachweise geschaffen. Die sog. Architektenrichtlinie 85/384/EWG regelt die „gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr".Während Verträge und Verordnungen der EU unmittelbar geltendes Recht sind, müssen Richtlinien durch den nationalen Gesetzgeber in innerstaatliches Recht umgewandelt werden. Die Regelungen der Architektenrichtlinie haben in der Bundesrepublik Deutschland zu Änderungen in den Länderarchitektengesetzen geführt (in NRW: Änderung des ArchitektenG NW, am 10. Januar 1989, §§ 3,4 und 6).Richtlinien der EU müssen nicht 1:1 in nationales Recht umgesetzt werden. Sie geben lediglich ein Ziel vor, das in allen Mitgliedsstaaten erreicht werden soll. Welchen Weg der Mitgliedsstaat dabei einschlägt, bleibt dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Folglich sind EU-weit keine identischen Anerkennungsverfahren eingeführt worden.Hier soll dargelegt werden, welche Nachweise im Ausland (Aufnahmestaat) - nach der Richtlinie - verlangt werden können. Es wurde darauf verzichtet, die einzelnen Verfahren der EU-Staaten darzustellen, da sich diese Information hier nur auf Stichworte beschränken würde. Bei spezielle Fragen zu einzelnen EU-Mitgliedsstaaten steht Ihnen die Geschäftsstelle der AKNW zur Verfügung. Fallgruppe 1: Regelungen bei dauerhafter Ausübung der Tätigkeit im Ausland (Niederlassungsfreiheit)ZuverlässigkeitsnachweisAufnahmemitgliedstaaten, die einen Zuverlässigkeitsnachweis für ihre Staatsangehörigen verlangen, erkennen als Beweis eine von der zuständigen Behörde des Heimat- oder Herkunftsstaates ausgestellte Bescheinigung an, aus der die geforderte Zuverlässigkeit hervorgeht.Da es einen solchen "Zuverlässigkeitsnachweis" in Deutschland nicht gibt, kann bei deutschen Architekten ein Auszug aus dem Strafregister (Polizeiliches Führungszeugnis) verlangt werden.  Fallgruppe 2: Regelungen bei zeitlich begrenzter Ausübung der Tätigkeit im Ausland (Dienstleistungsfreiheit)Für die zeitweise Ausübung der Tätigkeit im Ausland gelten erleichterte Regelungen. a. Mitgliedschaft in der KammerDie Mitgliedschaft in der nordrhein-westfälischen Architektenkammer befreit von einer im Ausland eventuell ebenfalls bestehenden Zwangsmitgliedschaft. Um aber die Anwendung von lokalen Disziplinarvorschriften gegen den Architekten zu ermöglichen, kann der Aufnahmestaat eine vorübergehende, automatisch eintretende Eintragung oder Pro-forma-Mitgliedschaft vorsehen. b. AnzeigepflichtDer Aufnahmemitgliedstaat kann vorschreiben, daß der Architekt den zuständigen Behörden die Erbringung seiner Dienstleistung vorher anzeigt. c. Nachweis durch DokumenteDer Aufnahmestaat kann Dokumente von einem deutschen Architekten mit folgenden Angaben verlangen:eine Bescheinigung der Anzeige gemäß 2 b.eine Bescheinigung aus der hervorgeht, daß der Architekt die Tätigkeit im Mitgliedstaat seiner Niederlassung rechtmäßig ausübt.eine Bescheinigung aus der hervorgeht, daß er die für die Dienstleistung erforderlichen Diplome und sonstigen Befähigungsnachweise besitzt.Diese Dokumente dürfen nicht älter als 12 Monate sein.  Gemeinsame Regelungen für beide Fallgruppena. Kein vorangegangener KonkursVerlangt der Aufnahmestaat von seinen Staatsangehörigen vor Tätigkeitsbeginn den Nachweis, daß sie in der Vergangenheit nicht in Konkurs gefallen sind, kann dieser Nachweis - da in Deutschland keine Institution hierüber eine Bescheinigung ausstellt - durch die Abgabe einer eidesstaatlichen Versicherung ersetzt werden. b. Finanzielle LeistungsfähigkeitIst im Aufnahmemitgliedstaat ein Nachweis über die finanzielle Leistungsfähigkeit zu erbringen, so erkennt dieser Staat entsprechende Bescheinigungen von deutschen Banken als gleichwertig an.c. BerufshaftpflichtversicherungWird im Aufnahmestaat der Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung verlangt, so erkennt der Staat die Bescheinigung des deutschen Versicherungsträgers über das Bestehen einer solchen Versicherung an. In der Bescheinigung ist anzugeben, daß die im Aufnahmestaat geforderten Versicherungsgarantien von der deutschen Versicherung gegeben werden. - Diese Dokumente dürfen nicht älter als 3 Monate sein.  Besondere Regelungen für Fachhochschul-/GesamthochschulabsolventenDie Absolventen der Studiengänge für Architektur (Architektur/Hochbau) von Fachhochschulen und, sofern diese Einrichtungen in Gesamthochschulen aufgegangen sind, von den Gesamthochschulen, bedürfen, soweit die Studiendauer weniger als vier Jahre, mindestens jedoch drei Jahre beträgt, einer Bescheinigung über eine vierjährige Berufserfahrung in der Bundesrepublik Deutschland, die von der Architektenkammer ausgestellt wird.Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und StadtplanerDie Anerkennung von Diplomen auf den Gebieten der Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung bestimmt sich nach den Vorschriften der allgemeinen Diplomanerkennungsrichtlinie 89/48/EWG. Diese legt „eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen" fest. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hilftSollten Sie im Ausland arbeiten wollen, werden Sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen müssen. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen unterstützt Sie dabei. Hier erhalten Sie erste Informationen darüber, welchen Ansprechpartner Sie im Ausland haben. Schreiben Sie uns oder rufen Sie an: (02 11) 49 67 - 29. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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