Die Verjährung im Architektenrecht nach der Schuldrechtsreform

01. November 2001von Jörg Schudnagies, November 2001

Das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat unter anderen das Verjährungsrecht des BGB an die Vorgaben Europäischer Richtlinien und an Vorschläge der Schuldrechtskommission angepasst. Das Verjährungsrecht wurde in diesem Zusammenhang umfassend geändert. Die Vorschriften des Verjährungsrechts besitzen eine weitreichende Konsequenz in der Praxis und sind auch für den Bereich des Architektenrechts von besonderer Bedeutung. Dabei steht die Verjährung von Honorar- und Gewährleistungssprüchen im Mittelpunkt des Interesses. Der Beitrag informiert über die Verjährung von Ansprüchen im Architektenrecht nach der Schuldrechtsreform und zeigt die wesentlichen Änderungen und Auswirkungen für die Praxis auf.

Nach der Schuldrechtsreform beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB jetzt drei Jahre. Diese Verjährungsfrist gilt für alle Ansprüche, für die keine besondere Regelung vorgesehen ist. Die Verjährung von Honoraransprüchen der Architekten fällt mangels anderweitiger Bestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Anwendungsbereich der regelmäßigen Verjährung und beträgt mithin drei Jahre. Vor der Schuldrechtsreform betrug die Verjährungsfrist zwei Jahre.
Die Verjährungsfrist beginnt auch weiterhin mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Honoraranspruch entstanden und fällig geworden ist. Die Fälligkeit des Honoraranspruchs des Architekten richtet sich unverändert nach § 8 HOAI und ist u.a. von der Übergabe einer prüffähigen Honorarschlussrechnung an den Auftraggeber abhängig. Im Rahmen der Schuldrechtsreform blieben die preisrechtlichen Vorschriften der HOAI nämlich unverändert.
Der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist setzt neuerdings jedoch die Kenntnis bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners voraus. Im Rahmen der Geltendmachung von Honoraransprüchen wird diese Voraussetzung in der Praxis keine besondere Bedeutung erlangen. In der Regel wird zu erwarten sein, dass der Architekt seinen Vertragspartner und den Umfang der erbrachten Leistung kennt. Zudem ist eine Höchstfrist von zehn Jahren vorgesehen.

Gewährleistungsansprüche

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsreform das Architektenrecht erstmals im Werkvertragsrecht mit ein bezog. In § 634a Abs.1 BGB finden die Planungs- und Überwachungsleistungen eine ausdrückliche Erwähnung. Danach fallen unter die Gewährleistungsfrist von fünf Jahren auch Werkverträge, die Planungs- und Überwachungsleistungen für ein Bauwerk zum Gegenstand haben. Die Gesetzesänderung vollzieht damit die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach. Die Verjährungsfrist richtete sich nämlich für werkvertragliche Gewährleistungsansprüche bei Architektenleistungen nach der fünfjährigen Verjährungsfrist, sofern sich die Leistung in einem Bauwerk verkörpert.
Im Zuge der Neuordnung der Verjährungsvorschriften hat der Gesetzgeber stets betont, dass die Mängelansprüche gegen den Bauunternehmer auf der einen Seite und den Architekten auf der anderen Seite einheitlichen Verjährungsfristen unterliegen. Ein Gleichlauf der Verjährungsfristen dürfte jedoch in der Praxis kaum zu realisieren sein. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche beginnt weiterhin mit der Abnahme des Werkes. Die Abnahme der Architektenleistung erfolgt jedoch im Regelfall zu einem späteren Zeitpunkt als die der Bauunternehmer.

Übergangsregelungen

Für Architekten- und Bauverträge, die bis zum 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden, bleibt es (mit Ausnahme des Verjährungsrechts) bei der Geltung des alten Rechts. Verträge, die nach dem 1. Januar dieses Jahres abgeschlossen wurden, unterliegen dem neuen Recht. Das bedeutet, dass Architekten, die Bauleitungsfunktionen haben und gegebenenfalls Gewährleistungsansprüche für ihre Bauherren geltend machen, die alte und neue Rechtslage beachten müssen. Es gilt auch dann unterschiedliches Recht, wenn die Beauftragung stufenweise oder abschnittsweise erfolgt und vor dem 01.01.2002 dementsprechend nur Teile der Architektenleistung in Auftrag gegeben wurden.
Leider zeichnen sich die Übergangsregelungen des Verjährungsrechts durch eine gewisse Komplexität aus, insbesondere wenn die Verjährungsfristen der alten und neuen Regelung von unterschiedlicher Dauer sind. Für alle am 01.01.2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche gelten die neuen Verjährungsvorschriften. Ist die Verjährungsfrist nach dem neuen Recht länger als die nach dem alten Recht, bleibt die kürzere Frist weiterhin entscheidend. Im umgekehrten Fall ist die neue Verjährungsfrist entscheidend, wenn die Verjährungsfrist nach dem neuen Recht kürzer ist als die der alten Rechtslage. Im Grundsatz kommt die jeweils kürze Frist zur Anwendung. Allein aus diesem Grund kann es von Bedeutung sein, sich nicht ausschließlich nur mit den neuen Verjährungsvorschriften zu befassen, sondern im Zweifelsfall das alte Verjährungsrecht ebenfalls hinzuzuziehen.

Praxistipp

Die Schuldrechtsreform wird sich zwangsläufig auch auf die Architektentätigkeit auswirken. Vor allem in den Bereichen der Vorbereitung und der Mitwirkung bei Bauverträgen wird die Fähigkeit des Architekten gefragt sein, altes und neues Werkvertragsrecht anzuwenden. In diesem Zusammenhang ist es ratsam, die Tätigkeitsverpflichtung von Architekten bei der Feststellung von Baumängeln einzuschränken. Der Architekt sollte lediglich Baumängel feststellen und zur Nachbesserung auffordern; spätestens dann sollte er den Auftraggeber informieren, dass dieser zur Durchsetzung etwaiger Ansprüche einen Rechtsvertreter hinzuziehen muss.

Teilen via