Haftung des Architekten für fehlerhafte Eigenleistung des Bauherrn

01. März 2003von Lg, März 2003

Architekt A. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der AKNW:„Mein Bauherr erteilte mir zunächst einen Vollarchitekturauftrag für ein Einfamilienhaus. Um Kosten zu sparen, wollte er erhebliche Teile der Bauarbeiten in Eigenleistung und im Wege der Nachbarschaftshilfe erbringen. Um auch das Architektenhonorar gering zu halten, vereinbarten wir nachträglich, dass ich als Architekt keine vollständige Bauleitung übernehmen sollte, sondern lediglich auf Anforderung zur Baustelle kommen sollte, um im Einzelfall Ratschläge zu erteilen. Während der Bauausführung ist es nun durch Arbeiten, die entsprechend ohne meine Anleitung oder Überwachung durchgeführt wurden, zu einer unsachgemäßen Abdichtung der Sohlplatte des Hauses gekommen. Hierdurch entstehen Feuchtigkeitsschäden am Gebäude, für die der Bauherr nun mich in Anspruch nehmen will. Darf er das?“Ein vergleichbarer Fall wurde im vergangenen Jahr vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden, das dem Bauherrn nur zum Teil Recht gegeben hat. Das OLG Hamm meint, dass der Architekt für den entstandenen Schaden nicht aus einem Bauleitungsfehler haftet. Es war - wenn auch nachträglich, so aber doch ausdrücklich - vereinbart worden, dass die Bauleitung des Architekten auf eine „Einzelfallberatung auf ausdrückliche Anforderung“ reduziert werden sollte. Da der Schaden auf eine Bauausführung zurückzuführen war, die ohne Anleitung und Überwachung des Architekten durchgeführt wurde, sei ein Bauleitungsfehler zu verneinen. Das Gericht sah es hier als nicht gerechtfertigt an, dem Architekten das Risiko der Bauleitung zu übertragen.Das OLG Hamm hat jedoch festgestellt, dass der Architekt für einen Beratungsfehler zu haften habe. Im Falle der Erbringung von Eigenleistungen durch den Bauherrn sei es Aufgabe des Architekten, auf die Risiken der Reduzierung der Überwachungsleistungen hinzuweisen. Das Gericht sah es daher grundsätzlich als gerechtfertigt an, die Höhe des Mitverschuldens des Architekten bei 2/3 und die des Bauherrn bei 1/3 anzusiedeln.Die Höhe des zu ersetzenden Schadens kann jedoch im Einzellfall je nach berücksichtigungsfähigen Sanierungskosten niedrig ausfallen. Der Bauherr, der aus Kostengesichtspunkten in Eigenleistung baut, muss sich auch bei der Schadensbehebung auf mögliche Eigenleistungen verweisen lassen. Das bedeutet, dass bei der Berechnung der Schadenshöhe nur die Kosten Berücksichtigung finden, die nicht in Eigenleistung abgedeckt werden können (z.B. notwendiger Einsatz von Maschinen).Praxisempfehlung:Das Urteil ist von enormer praktischer Relevanz, da die Fälle, in denen Bauleistungen in Eigenleistung durch den Bauherrn erbracht werden, insbesondere im privaten Wohnungsbau sehr häufig sind. Auch eine „Bauleitung auf Abruf“ ist in der Praxis sehr beliebt. Das Urteil zeigt, dass man hiermit nicht leichtsinnig umgehen sollte. Aufgrund dieser Rechtsprechung empfiehlt es sich, die Aufklärung des Bauherrn schriftlich zu dokumentieren und sich von ihm abzeichnen zu lassen. Das Mitverschulden kann dadurch möglicherweise weiter reduziert werden. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist der Architekt für die Einhaltung der Aufklärungs- und Beratungspflichten darlegungs- und beweispflichtig.

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