Haftungsrisiko bei geförderten Vorhaben

Architektin A. wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um die Beantwortung der folgenden Rechtsfrage: „Bei einem von einer Kommune betriebenen Bauprojekt habe ich bei der Vergabe die Vorgaben des Fördermittelbescheides nicht beachtet. Die Bezirksregierung hat daraufhin die Förderung gekürzt. Die Kommune will sich nunmehr bei mir im Hinblick auf die entgangene Förderung schadlos halten. Darf sie das?“

14. Januar 2019von Dr. Volker Steves

Ja, sofern Sie Kenntnis von dem Bescheid hatten und Sie zu dessen Berücksichtigung verpflichtet waren. Das Oberlandesgericht (OLG) Jena hat in seinem Urteil vom 17.02.2016 – 7 U 610/15 (IBRRS 2018, 2166) - in einem vergleichbaren Fall einen Anspruch der Kommune bejaht; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mittels Beschluss vom 10.01.2018 – VII ZR 54/16 – zurückgewiesen.

In der dem Urteil des OLG Jena zugrundeliegenden Konstellation hatte der Ingenieur bei der Vergabe von Erschließungsmaßnahmen entgegen den Vorgaben des Fördermittelbescheides die Bauleistungen nicht in mehreren Fachlosen, sondern in einem einheitlichen Los ausgeschrieben. Der Ingenieurvertrag sah - wie vermutlich die meisten Architekten- und Ingenieurverträge mit kommunalen Auftraggebern – die Verpflichtung des Ingenieurs vor, bei der Vergabe die Vorschriften der VOB/A (konkret der VOB/A 2009) sowie die Vorgaben des Fördermittelbescheides zu berücksichtigen.

Indem der Ingenieur sich über diese Vorgaben hinwegsetzte und nicht in mehreren Losen ausschrieb, verstieß er – so das OLG Jena a.a.O. - gegen eine vertragliche Verpflichtung und machte sich gem. § 280 BGB schadenersatzpflichtig. Der Ingenieur fand auch kein Gehör mit dem Argument, die Kommune hätte zwecks Schadenminderung Einspruch gegen den Fördermittelkürzungsbescheid des Landesverwaltungsamtes (NRW: Bezirksregierung) einlegen müssen. Zwar sei der Geschädigte in Anwendung des § 254 BGB zu dem Gebrauch von Rechtsbehelfen verpflichtet, jedoch habe es der Ingenieur im konkreten Fall versäumt, ausreichend zu den Erfolgsaussichten eines Widerspruches gegen die Fördermittelkürzung vorzutragen.

Die Entscheidung des OLG Jena lässt sich auf die meisten Architektenverträge übertragen. Sie verdeutlicht das (nochmals erhöhte) Haftungsrisiko eines Planers, welchem dieser ausgesetzt ist, wenn er mit der Planung und Überwachung von Projekten beauftragt ist, bei deren Umsetzung die besonderen Vorgaben eines Förderbescheids zu beachten sind. Führt ein entsprechendes Versäumnis zu einer Rückforderung des Förderbetrages, dann kann sich der Zuwendungsempfänger regelmäßig an den Architekten wenden. Er hat einen Anspruch auf Erstattung des entgangenen Förderbetrages.

Hierbei können bereits vergleichsweise „harmlose“ Verstöße zu hohen Schadenersatzforderungen führen. Entscheidend ist stets der genaue Inhalt der Zuwendungsbestimmungen. (Vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2014 – 17 U 5/14, IBR 2014, S. 557: Unvollständige Vergabevermerke führten zur einer Rückforderung der Zuwendungen; Besprechung der Entscheidung in dem DAB 2014:  dabonline.de/2014/10/31/dokumentieren-oder-haftung-riskieren-recht-subventionen).

Praxistipp
Der Architekt sollte angesichts dieses Haftungsrisikos die Vorgaben eines Förderbescheides ernst nehmen. Er sollte sich gründlich über dessen Inhalt – einschließlich der Nebenleistungen - informieren und für den Fall, dass sich nach seiner Einschätzung die Vorgaben aus bestimmten tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder nur schwer umsetzen lassen, frühzeitig die Kommunikation mit dem Bauherrn suchen.

Um einem Streit über die Frage vorzubeugen, ob eine bestimmte Vorgabe aus dem Förderbescheid, dessen unmittelbarer Adressat in der Regel nur der Bauherr (=Zuwendungsempfänger) ist, auch für den Planer verbindlich sein soll oder nicht, empfiehlt es sich, mittels einer vertraglichen Vereinbarung eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zu schaffen.

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