Rechnung nach Wunsch

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Kammer: „Bei einer Bauherrin, mit der ich viele Jahre immer wieder zusammengearbeitet habe, haben wir es mit Verträgen, Honoraren und Rechnungen durchweg recht pragmatisch gehandhabt. Zuletzt ging es um zwei Umbau- und Sanierungsvorhaben: Das Vorhaben Nr. 1 mit einem vereinbarten Pauschalhonorar von 10 000 Euro betraf ein denkmalgeschütztes Objekt, das sie als gewerbliche Investorin erworben hatte und vermieten wollte. Das Vorhaben Nr. 2 mit einem vereinbarten Pauschalhonorar von 5 000 Euro betraf ihr privates Wohnhaus. Sie hat mich dann später gebeten, bei diesem Vorhaben doch lieber ein geringeres Honorar abzurechnen und den Unterschiedsbetrag beim Vorhaben Nr. 1 mit anzusetzen. Am Ende habe ich dieses wunschgemäß mit 14 000 Euro und das andere mit nur 1 000 Euro abgerechnet, was für mich ja wirtschaftlich keinen Unterschied macht. Da die Rechnung für das Vorhaben Nr. 1 vor dem Hintergrund privater Querelen jedoch nicht beglichen wurde, habe ich mittlerweile Klage erhoben. Im gestrigen Verhandlungstermin hat die Richterin gemeint, aufgrund der Art der Rechnungsstellung stehe mir womöglich überhaupt kein Honorar zu. Das kann ja wohl nicht wahr sein, oder?“

Womöglich leider doch! - In einem ähnlichen Fall hat das OLG Dresden (Urteil vom 08.06.2021, Az. 6 U 42/21) entschieden, dass die nachträglich vereinbarte Verschiebung der Rechnungs-summe zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages und damit dazu führt, dass dem Planer keine Honoraransprüche und dem Bauherrn keinerlei Erfüllungs- bzw. Gewährleistungsansprüche zustehen. Hintergrund ist die Vorschrift des § 134 BGB, der bestimmt, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist.

Im besagten Fall diente die Verschiebung der Rechnungssumme – wie wohl auch hier – dazu, eine nach § 370 AO strafbare Steuerhinterziehung zu ermöglichen: Die Anschaffungs- und Herstellungskosten für das gewerblich genutzte und denkmalgeschützte Objekt kann der Eigentümer in besonderem Maße steuerlich geltend machen (§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, § 7i Abs. 1 EStG). Daher führte die den tatsächlich getroffenen Pauschalpreiseabreden nicht entsprechende Verschiebung der Honorarbeträge zu einer ungerechtfertigten Verminderung der Steuerlast auf Seiten der Bauherrin.

Im Vergleichsfall ging das Gericht davon aus, dass dies für den Architekten auch ohne weiteres ersichtlich war und von ihm mit der Art der Rechnungsstellung bewusst gefördert wurde. Den entsprechenden Umstand musste das Gericht von Amts wegen berücksichtigen und die Klage daher abweisen. Ein Rechtsmittel ließ das OLG nicht zu; die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Bundesgerichtshof mittlerweile zurückgewiesen (Beschluss vom 15.12.2021, Az. VII ZR 621/21).

Praxistipp:

Ein Zuviel an vermeintlicher Kundenfreundlichkeit kann gerade im Kontext der Rechnungsstellung schnell zum Bumerang werden. Das gilt nicht nur, wenn wie hier Rechnungsbeträge verschoben werden, sondern auch bei Ohne-Rechnung-Abreden oder wenn auf Zuruf der Rechnungsadressat ausgetauscht wird und somit Rechnungsempfänger und Vertragspartner nicht mehr übereinstimmen. Soweit mit solchen Tricks Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände erfüllt werden, drohen neben zivilrechtlichen Nachteilen auch Ärger mit dem Staatsanwalt und unter Umständen zudem sogar noch ein berufsgerichtliches Verfahren.

  • „Sauber bleiben“ schützt also nicht nur den Honoraranspruch.

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