Rechtstipp: Streitverkündung gegenüber einem ö. b. u. v. Sachverständigen
Der von der AKNW für das Sachgebiet „Mängel und Schäden an Gebäuden“ öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige S. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Bauherr B. hat den Unternehmer U. auf Schadensersatz bzw. Minderung aus einem Bauvertrag über Fliesenarbeiten verklagt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Fliesenarbeiten mangelhaft ausgeführt wurden. Das Landgericht D. hat nunmehr die Beweiserhebung durch einen Sachverständigen angeordnet und mich als öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragt, ein Gutachten zu den Fliesenarbeiten zu erstellen. B. hat gegen mein nach bestem Wissen und Gewissen erstelltes 70-seitiges Gutachten Einwendungen erhoben und mir den Streit verkündet mit der Begründung, das Gutachten sei in grob fahrlässiger Weise fehlerhaft und er müsse daher damit rechnen, den Prozess zu verlieren. In diesem Fall ergäbe sich für mich eine Haftung gemäß § 839 a BGB. Das Gericht hat mir den Streitverkündungsschriftsatz zugestellt. Ich halte die Zustellung der Streitverkündung durch das Gericht für unzulässig. Wie habe ich mich in Bezug auf die Streitverkündung zu verhalten?“
Die Zustellung der Streitverkündung durch das Gericht ist grundsätzlich rechtmäßig.
Für die Zustellung durch das Gericht als solche kann es dahinstehen, ob der Gerichtssachverständige überhaupt im prozessrechtlichen Sinne Dritter gemäß § 72 ZPO und die Streitverkündung insoweit zulässig ist. Das Gericht musste Ihnen den Streitverkündungsschriftsatz ohne Überprüfung der Zulässigkeit der Streitverkündung gemäß § 73 ZPO zustellen, weil es sich um einen bestimmenden Schriftsatz handelt. Etwas anderes gilt bei rechtsmissbräuchlichen Anträgen, bei denen von vornherein kein Anspruch auf Zustellung besteht. Für den Missbrauch prozessualer Befugnisse müssen aber klare und eindeutige Anhaltspunkte vorliegen. Nach der Schilderung des Sachverhalts sind diese in Ihrem Fall nicht erkennbar.
In einem vergleichbaren Fall stellte das Oberlandesgericht Celle fest (Beschluss vom 14.11.2005 – 7 W 117/05): Der Umstand, dass eine Streitverkündung gegenüber dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der zur Unparteilichkeit verpflichtet ist, eine Belastung für den Sachverständigen darstellt, reicht allein nicht aus, um die beantragte Zustellung als rechtsmissbräuchliches Verhalten zu werten.
Als besonnener Sachverständiger sollten Sie von einem Beitritt einer Partei absehen. Dies könnte dazu führen, dass Sie vom Verfahren wegen Befangenheit gemäß § 406 ZPO abzulehnen wären. Sehen Sie die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes (genauso wie ein unbegründetes Ablehnungsgesuch) nur als untauglichen Versuch an, Sie aus prozesstaktischen Gründen in der Ausführung Ihres Gerichtsauftrags zu behindern.
Der Hinweis von B. auf eine Haftung nach § 839 a BGB im Rahmen der Begründung der Streitverkündung war ohne Belang. Die Folge einer Streitverkündung, unterstellte man diese einmal als zulässig, wäre ohnehin nur die, dass Sie sich als Streitverkündeter das Ergebnis der Beweisaufnahme, also Ihr eigenes Gutachten, in einem nachfolgenden Prozess entsprechend § 68 ZPO entgegenhalten lassen müssten. An Ihrem nach bestem Wissen und Gewissen erstellten Gutachten müssen Sie sich jedoch als gerichtlich bestellter Sachverständiger - ganz unabhängig von einer Streitverkündung – ohnehin festhalten lassen. Zur Einhaltung Ihrer Obliegenheitsverpflichtung sollten Sie rein vorsorglich Ihre Berufshaftpflichtversicherung informieren.
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