Überwachung der Bauausführung

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen: „Im Rahmen der Leistungsphase 8 kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten mit meinen Bauherren über den Umfang und die Intensität meiner Überwachungstätigkeit. Wie ist die Rechtslage?“

18. Februar 2019von Christiane Terhardt

Der Umfang und die Intensität der Bauüberwachungstätigkeit des Architekten hängen von den Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer jüngeren Entscheidung nochmals die Grundsätze zum Umfang und zur Intensität der Bauüberwachung bekräftigt (Urteil vom 19.04.2016, Az.: 21 U 102/15).

In dem vorliegenden Fall hatte die Auftraggeberin gegen den Architekten Ansprüche u. a. wegen fehlerhafter Bauleitung in Bezug auf die Sanierung von Balkonen, insbesondere wegen Mängeln an den Kastenrinnen und den Geländern sowie wegen einer mangelhaften Abdichtung der Balkonböden, geltend gemacht. Landgericht und Oberlandesgericht gaben der Klage statt. Für die Erfüllung der Bauüberwachungspflicht der Leistungsphase 8 ist nach den Ausführungen des Gerichts von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1. Im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit muss der Architekt nicht ständig auf der Baustelle sein. Auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtleistung unter Umständen nicht wichtig sind, schuldet der Bauüberwacher zumindest Stichproben und eine Endkontrolle (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2016, 21 U 156/11). Handwerkliche Selbstverständlichkeiten sind beispielsweise Putz- und Malerarbeiten, das Aufbringen von Estrich oder das Eindecken eines Daches mit Dachpappe (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 2017, Rn 2015).

2. Des Weiteren muss der Architekt sein Augenmerk im Rahmen der ihm übertragenen Bauleitung/-überwachung insbesondere auf schwierige oder gefahrträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte richten, wozu Betonierungs- und Bewährungsarbeiten, Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten sowie vergleichbare Arbeiten gehören. Solche Arbeiten müssen in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden. (vgl. auch BGH, Urteil vom 06.07.2000, VII ZR 82/98).

3. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die typischerweise im Hinblick auf Art, Schwere und Erkennbarkeit entdeckt werden mussten, spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten. Der Architekt muss den Anscheinsbeweis durch Darlegung
einer hinreichenden Bauaufsicht, die er im Streitfall auch zu beweisen hat, entkräften.

Praxis-Hinweis
Vor allem aus Beweiszwecken ist daher in der bautäglichen Praxis bei der Durchführung der Bauüberwachung dringend anzuraten, ein Bautagebuch zu führen. Das Führen eines Bautagebuches stellt auch bei fehlender Regelung des Leistungsumfanges im Architektenvertrag eine geschuldete Teilleistung dar (KG, Urteil vom 01.12.2017, 21 U 19/12). Das Bautagebuch soll der Dokumentation des Bauablaufs dienen und alle wesentlichen Vorgänge bei der Bauwerkserrichtung aufnehmen, die im Hinblick auf spätere Gewährleistungsprozesse von Bedeutung sein können. Durch das Führen eines Bautagebuches kann sich der Architekt, der von seinem Bauherrn wegen eines Überwachungsverschuldens in Anspruch genommen wird, entlasten.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass dem Architekten auch bei einer besonders intensiven Bauausführungstätigkeit kein weiteres Honorar als das übliche Honorar für die Leistung Objektüberwachung im Rahmen der Leistungsphase 8 zusteht. Das Honorar der Leistungsphase 8 der HOAI gilt sowohl bei geringer Überwachungstätigkeit als auch bei ungewöhnlich umfangreicher Tätigkeit der Architektin bzw. des Architekten.

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