Vertretung des Bauherrn im Klageverfahren nicht erlaubt

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW: „Von einen Bauherrn wurde ich beauftragt, eine Bauvoranfrage hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit seines Vorhabens zu stellen. Die Bauvoranfrage wurde abschlägig beschieden. Nun hat der Bauherr mich gebeten, in dieser Angelegenheit eine Klage gegen den negativen Bescheid vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben. Darf ich meinen Bauherrn im Klageverfahren vertreten?“

16. März 2020von Dorothee Dieudonné

In einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren hat das OLG Koblenz kürzlich mit Urteil vom 04.12.2019 (AZ: 9 U 1067/19) entschieden, dass dem Architekten bereits die Vertretung seiner Auftraggeber im Widerspruchsverfahren nach § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nicht erlaubt ist und damit gegen § 3 RDG verstößt. Diese Grundsätze dürften erst recht für die Vertretung in einem Klageverfahren gelten. Das Berufsgericht für Architekten vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 06.07.2017 (AZ: 32 K 13989/16.S) bereits die Vertretung eines Bauherrn in einem Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht als berufliche Pflichtverletzung wegen Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 Baukammerngesetz NRW in Verbindung mit den Vorschriften des RDG geahndet.

Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Dies erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich. Mit der Vertretung des Bauherrn in einem Klageverfahren gegen die negative Bescheidung einer Bauvoranfrage werden Rechtsdienstleistungen gemäß § 2 Abs. 1 RDG erbracht.

Nach 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsfeld gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist wiederum nach ihrem Inhalt und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Die Vertretung in verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren gegen einen ablehnenden Bauvorbescheid erfordert typischerweise qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur bei Rechtsanwälten vorausgesetzt werden können. Es kommt nicht nur auf bautechnische und baurechtliche Bestimmungen, sondern nicht zuletzt auch auf die Beherrschung des öffentlichen (Verwaltungs-)Prozessrechts an, mit dem der Architekt regelmäßig nicht hinreichend vertraut sein kann. Dem gerichtlichen Klageverfahren gegen einen ablehnenden Baubescheid kommt ein so erhebliches Gewicht zu, dass die darauf bezogene Rechtsdienstleistung für den Architekten nicht mehr den Charakter einer Nebenleistung hat, die zum Berufsbild des Architekten gehört.

Die Vertretung des Bauherrn im Klageverfahren ist dem Architekten daher nicht als Nebenleistung nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt und somit wegen Verstoßes gegen das RDG unzulässig.

Praxistipp

Im Rahmen der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) ist die fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn in Widerspruchsverfahren, Klageverfahren oder ähnlichen Verfahren als Besondere Leistung der HOAI explizit aufgeführt. Hierzu gehört die Beratung sowie die Bereitstellung von Aktenmaterial, Plänen und Beweismitteln. Eine organisatorische Unterstützung kann auch die Empfehlung zur Hinzuziehung von Sachverständigen, Sonderfachleuten und die Einschaltung von Spezialisten sein (vgl. Locher /Koeble/Frik, Kommentar zur HO-AI, 14. Auflage § 34 Rz. 145). Die umfassende rechtliche Beratung ist Architektinnen und Architekten hingegen sowohl in außergerichtlichen Vorverfahren als auch in Klageverfahren nicht gestattet und damit wettbewerbswidrig im Sinne der Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dies kann zu kostenpflichtigen Abmahnungen führen. Zudem ist die umfassende rechtliche Beratung auch versicherungsrechtlich problematisch. 

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