Wie vorausschauend muss ein Architekt planen?

06. Dezember 2012von pe, 01.12.2012

Architekt A wendet sich mit folgender Anfrage an die Rechtsabteilung der Architektenkammer NRW:

„Ein Bauherr beauftragte mich 1996 mit der Planung einer Ferienanlage. Vertragsinhalt waren sämtliche Leistungsphasen der HOAI. Zum Objekt gehörte auch ein Parkliftsystem für Doppelparker. Der Planung habe ich eine Lagerhöhe von 150 cm  zugrunde gelegt. So wurde das Objekt auch realisiert. Nun macht der Bauherr Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Planung geltend. Er behauptet, schon damals hätte man erkennen müssen, dass Fahrzeuge mit einer größeren Höhe in Zukunft stärkere Verbreitung finden würden. Die Höhe von 150 cm sei keinesfalls ausreichend. Zu Recht?“

Diese Frage war bereits Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem OLG Braunschweig (Az. 8 U 123/08 vom 16.12.2010). Da sich die Entscheidung über mehrere Instanzen zog, spielten Verjährungsgesichtspunkte dort keine Rolle. Dieser Punkt müsste in Ihrem Fall konkret geprüft werden.

Unabhängig von einer eventuellen Verjährung kommt eine Haftung nicht in Betracht, da keine mangelhafte Planung Ihrerseits vorliegt. Der Architekt schuldet eine mangelfreie und funktionstaugliche Planung. Bei dieser Planung sind Verwendungszweck und Nutzervorgaben zu berücksichtigen. Hierzu führte das OLG in der oben genannten Entscheidung aus: „Zwar hat der Architekt im Rahmen der ihm übertragenen Grundlagenermittlung die Planungsvorstellungen mit dem Bauherrn zu erörtern und dessen Planungsziele abzuklären. Die Bedarfsplanung muss jedoch nicht so weit gehen, dass auch künftige Trends oder ein künftiges, nicht explizit geäußertes Nutzerverhalten mit zu berücksichtigen sind. Die Auffassung des Landgerichtes, die Beklagte zu 4. (d. h. der Architekt) habe bei ihrer Planung in den Jahren 1994 bis 1996 berücksichtigen müssen, dass sogenannten Offroader und PKW mit größeren Höhen in Zukunft weitere Verwendung finden könnten, wird vom Senat nicht geteilt. Eine allgemeinverbindliche Vorgabe, dass Gebäude stets unter dem Gesichtspunkt maximaler Anforderungen zu planen sind, gibt es nicht.“

Nach Auffassung des Gerichts sind zukünftige Entwicklungen im Rahmen der KFZTechnik bzw. ein zukünftiges geändertes Nutzerverhalten nur dann bei der Planung zu berücksichtigen, wenn der Bauherr hierzu konkrete Vorgaben macht. Ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn wird daher keinen Erfolg haben.

Praxishinweis:

Eine Planung muss den Bedürfnissen des Bauherrn gerecht werden. Diese sind im Rahmen der Grundlagenerörterung zu erörtern und abzuklären. Die Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen, vor allem solcher, die der Bauherr im Rahmen der Grundlagenermittlung nicht einmal äußert, kann vom Architekten nicht verlangt werden.

Im vorliegenden Fall wird sich der Architekt wohl zusätzlich auch auf Verjährung berufen können. Die Verjährungsfrist für mangelhafte Leistungen des Architekten beträgt in der Regel fünf Jahre nach Abnahme der Leistungen. Nur in beschränkten Ausnahmefällen haftet der Architekt darüber hinaus (so etwa in den Fällen des sog. Organisationsverschuldens oder der sog. Sekundärhaftung).

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